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Das abartige Artefakt

Das abartige Artefakt

Titel: Das abartige Artefakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian von Aster
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Stein.
    „Oh Ewig Ungesehener!“, rief er. „Unergründlicher, Unerkannter! Ich will mich bemühen, ein Stein zu werden. Sprich zu mir, was muss ich dafür tun?“
    „Du sollst es erfahren, Silberkies, doch zuvor wirst du etwas für mich tun müssen!“
    „Gewiss, oh Lautloser, was immer dein Wunsch, was immer dein Wille sein mag!“
    Ehrfürchtig lauschte der falsche Kommandant der Stimme des Gottes, den es ganz ohne Zweifel gab, weil er ihn doch einst selbst erschaffen hatte…
     

INTERMEZZO
     
     
     
    Der Große Verwalter hatte sich ins oberste Stockwerk des neuen Orakels zurückgezogen. Bewacht von einigen vertrauenswürdigen Mitgliedern der freiwilligen Felswehr, von denen die meisten inzwischen zugleich Angehörige des tiefschwarzen Menhirs waren, saß er an einem kleinen, steinernen Tisch und starrte gedankenverloren vor sich hin.
    Seine Haut war bleich, die Ringe unter seinen Augen reichten ihm bis zum Kinn, und in seinem Blick glomm eine kalte Glut, wie sie einst in den Augen der Totenraucher geglüht haben mochte { * } . Jedes Geräusch ließ den Verwalter zusammenfahren, jede Regung zu seinem Hammer greifen. Immer wieder schickte er einige seiner Bewacher aus der Höhle, damit sie sich umschauten und die Umgebung sicherten. Es war nur eine kleine Höhle. Dennoch hatte der Verwalter den Inhalt der gesamten imperialen Waffenkammer hier heraufschaffen lassen. Stahlschleudern, Feuerschleudern, Zwillen, Armbrüste und Sprengkäfer. Wenn es hart auf hart kam, würde er gewappnet sein.
    In diesem Fall bedeutete das zwar, dass jeder seiner Bewacher ein gutes Dutzend Äxte hätte schwingen müssen, aber der Verwalter ging davon aus, dass die Götter auf seiner Seite waren und ihnen gegebenenfalls noch ein paar Arme wachsen lassen würden. { ** }
    Der wirre Bart des Verwalters war verfilzt. Inzwischen ließ er keinen Bartschneider mehr in seine Nähe. Schließlich wusste er, dass er niemandem trauen konnte. Selbst seine Leibwachen hatten einen Abstand von drei Bart zu wahren, wenn sie nicht sofort nach Vorrngarth abreisen wollten.
    Aus dem Gang vor der Höhle waren Schritte zu hören. Der Verwalter griff nach seinem Hammer und hatte ihn bereits in der Faust, als drei Schaumdeuter um die Ecke geschritten kamen.
    „Herr aller Zwerge, Euer Volk…“, hob einer der Schaumdeuter an zu sprechen.
    „… es drängt darauf, Eure Worte zu hören und Euer Wissen und Eure Weisheit teilen zu dürfen!“, beendete der zweite seinen Satz.
    „Die große Audienz, Herr! Eure Untertanen werden ungeduldig!“, mahnte der dritte Schaumdeuter.
    Behängt mit allerlei goldenem Geklingel, schritten die drei Schaumdeuter in die Höhle und an den Tisch des Herrn aller Zwerge heran. Erwartungsvoll blickten sie den Verwalter an. Die große Audienz stand bevor, in der das Volk seine Sorgen mit seinem Herrscher teilte und in der seit den Tagen der Vorväter Recht gesprochen und Wahrheit verkündet wurde. Die große Audienz war das Herz aller zwergischen Tradition, der stetig wiederkehrende Moment, in dem die Halle der Helme sich mit Leben füllte und das Eherne Volk unter den Helmen seiner zwergischen Ahnherren zusammenkam.
    „Sie werden also ungeduldig?“, fragte der Verwalter apathisch lächelnd, die Augen starr auf den Tisch gerichtet. Die Schaumdeuter legten sich redlich ins Zeug, um ihm die Situation zu erklären. „Ja, Herr, die Gilden haben bereits einige Probleme“, sagte der eine.
    „In den Höhlen des Stahls hat es einen Erdrutsch gegeben…“, fuhr der zweite fort.
    „Und auch einige schlimme Zwiste zwischen Zwergen müssen geschlichtet werden“, schloss der dritte.
    Langsam hob der Verwalter den Kopf und blickte teilnahmslos von einem zum anderen.
    „Dann gebt ihnen einen Posten bei den Bewahrern! Mit denen können sie fortan die bedeutsamen Geheimnisse der Zwergenheit bewahren. Sagt ihnen, dass nur die Besten einen derartigen Posten bekommen. Das wird sie stolz machen und ihnen eine sinnvolle Betätigung eröffnen!“
    Der erste Orakeldeuter trat näher.
    „Aber Herr, inzwischen sind es so viele Bewahrer, dass…“
    „Dann schickt die zankenden Zwerge nach Vorrngarth. Wenn sie erst in Ketten liegen, vergeht ihnen das Streiten.“
    Jetzt drängte sich der zweite Priester nach vorn.
    „Herr, wenn wir alle Eure Untertanen…“
    „Deine Aufgabe, Schaumdeuter, ist einzig, mir die Worte der Götter zu übersetzen!“, fuhr der Verwalter ihn an.
    „Ehrwürdiger, ich…“
    „Schweig. Ihr alle. Schweigt. Oder

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