Das Abkommen
Stephen nicht gewesen wäre …« Ich verstummte. Im zarten Alter von zweiunddreißig Jahren hat man normalerweise Schwierigkeiten damit, sich das Totsein vorzustellen, doch mir gelang das gerade ausnehmend gut.
»Die Männer haben zu schießen begonnen«, sagte McEntire langsam. »Auf Ihre anderen Leibwächter, richtig?«
Ich nickte. Das hatten wir alles schon einmal durchgekaut.
»Was ist dann mit Ihren Leibwächtern passiert?«
»Sie sind weggefahren«, erwiderte ich.
»Sie sind weggefahren.« Er schien mir nicht zu glauben. »Wer sind sie? Wie heißen sie?«
»Das weiß ich nicht«, antwortete ich wahrheitsgemäß. »Ich glaube, sie haben sich vorgestellt, als wir uns kennengelernt haben, aber ich habe sie einfach den Blonden und den Brünetten genannt. Ihre richtigen Namen habe ich vergessen.«
Stephen lachte und fuhr fort, seinen Teebeutel ins Wasser zu tauchen.
»Haben Sie ihre Telefonnummer?«
»Ja, aber ich habe sie nicht mit«, murmelte ich. Selbst für mich hörte es sich so an, als würde ich lügen. »Bekomme ich eigentlich keinen Anwalt?«
»Sie sind nicht verhaftet worden«, sagte McEntire. »Ich kenne Sie aus dem Fernsehen. Ich weiß, wer Sie sind …«
Ich wich auf dem Stuhl zurück. Anne drückte beruhigend meine Hand.
»Sie rauchen nicht, stimmt’s?«
Stephen, mein Schutzdämon, grinste schon wieder, konzentrierte sich aber nach wie vor auf die schwierige Aufgabe, seinen Tee zuzubereiten.
»Nicht mehr«, erwiderte McEntire.
Ich fand diese Antwort ausweichend.
»Wenn Sie wissen, wer ich bin, wissen Sie auch, dass …«
»Ich weiß nur, dass mitten in meinem Zuständigkeitsbereich zwei Leichen herumliegen, und ich verdammt noch mal ein paar Antworten haben will.« Er wandte sich an Stephen. »Was ist mit Ihnen? Sie müssen die beiden anderen Leibwächter doch kennen. Wer sind sie?«
Stephen runzelte die Stirn. »Billige Muskelprotze. Gut, um Eindruck zu schinden und harmlose Spinner fernzuhalten. Ich habe keine Ahnung, wo sie jetzt sind, aber ich bin sicher, dass sie morgen oder übermorgen wieder auftauchen und dann gern eine Aussage machen werden.«
»Und welche Verbindung haben Sie zu den beiden?«
»Eigentlich gar keine. Ich habe mich auf konkretere Drohungen spezialisiert und ziehe es vor, etwas unauffälliger zu arbeiten.«
»Ich glaube, ich sollte mal etwas klarstellen«, sagte McEntire. »Sie haben zwei Leute praktisch halbiert, und das mitten auf einer Straße! Das ist für mich alles andere als unauffällig.«
Stephen zuckte mit den Achseln, und im nächsten Moment wurde die einzige Tür des Raums geöffnet. Ein Mann, der vermutlich Ende zwanzig war, kam mit einem Blatt Papier in der Hand herein. »Wir haben etwas.«
»Was?«, erkundigte sich McEntire.
»Stephen Hammond, sechsunddreißig, britischer Staatsbürger. Hier steht, dass er über zehn Jahre bei der britischen Air Force gewesen ist, dann aber vor ein paar Jahren aus dem Dienst ausgeschieden ist.«
»Air Force?«, fragte McEntire ungläubig.
Der jüngere Mann nickte und warf einen Blick auf die Seite. »Ja. Hier steht Special Air Service.«
McEntires Gesichtsausdruck verfinsterte sich. Er starrte Stephen an, der jetzt vorsichtig an seinem Tee nippte, als sorgte er sich, dass dieser ein bisschen zu heiß war.
»Das ist nicht die Air Force«, sagte McEntire schließlich.
»Nein? Was dann?«
»Eine Kombination aus einem SEAL der Navy und einem kaltblütigen Killer.«
»Wissen Sie, wer es war?«, warf Anne ein, die offenbar die zunehmende Spannung im Raum spürte. »Ich meine, wer die Leute waren, die uns überfallen haben?«
»Die Auswahl ist nicht gerade klein«, erwiderte McEntire. »Suchen Sie es sich aus: aufgebrachte Raucher, entlassene Arbeiter einer Tabakfabrik …«
»Vergessen Sie nicht die Tabakfarmer«, mischte sich der junge Mann ein. »Gestern habe ich gelesen, dass ein paar Leute in South Carolina eine Tabaldarm angezündet haben, und als die Feuerwehr eintraf, standen dort etwa dreißig Leute herum und haben tief eingeatmet …«
»Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn wir jetzt damit aufhören, die Liste der Leute durchzugehen, die mich umbringen wollen?«, sagte ich. »Ich finde das äußerst deprimierend.«
Die Tür ging wieder auf, und dieses Mal kamen drei außergewöhnlich gut gekleidete Männer herein.
»Meine Klienten müssen medizinisch versorgt werden! Rufen Sie sofort einen Krankenwagen.« Ich erkannte Daniel Alexander, den Anwalt aus New York, der schuld daran gewesen war,
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