Das Abkommen
aufkam, gab es einen leisen Bums. Wir erstarrten sekundenlang und sahen uns in dem dunklen Raum um.
Ich konnte den Umriss von Annes Hand erkennen, als sie den Finger auf die Lippen legte, beschloss aber, ihre Geste zu ignorieren.
»Na los«, flüsterte ich. »Bringen wir es …« Sie presste mir so lange ihre Hand auf den Mund, bis ich verstanden hatte. Dann ging sie zur Tür und steckte den Kopf in den Korridor hinaus. Ich beugte mich über sie und sah selbst hinaus. Er war leer und so gut wie dunkel. Lediglich unter der Tür von John O’Byrnes Büro drang ein schwacher Lichtschein heraus.
Anne bedeutete mir, ihr zu folgen, und ging auf Zehenspitzen durch den Korridor. Als wir nah genug waren, um das unverständliche Gemurmel hinter der Tür hören zu können, blieb sie stehen und drehte sich zu mir um. Ich hob die Hände in einer fragenden Geste. Was sollten wir jetzt tun? Das Ohr an die Tür legen, bis jemand die Tür aufmachte und wir ins Zimmer stolperten? Ich war immer noch dafür, einfach nach Hause zu gehen. In diesem Fall war Unwissenheit mit ziemlicher Sicherheit ein Segen.
Vorsichtig öffnete sie die Tür direkt neben O’Byrnes Büro und ging hinein. Ich folgte ihr in einen Raum, der sich als ordentlich aufgeräumte Abstellkammer herausstellte. Als sie die Tür hinter uns zumachte, wurde es stockdunkel. Ich spürte ihre Hände auf meinen Schultern und ließ mich von ihr nach unten ziehen, wo sie sich auf den Boden legte und ich auf ihr zu liegen kam.
Ich muss sagen, dass es zwar etwas merkwürdig, aber beileibe nicht unbequem war. Obwohl ich fast mein ganzes Gewicht mit meinen Armen abstützte, presste ich mich mit meinem ganzen Körper an sie. Jetzt könnte man meinen, dass ich mir so etwas schon vorgestellt hatte, aber so war es nicht. Es war mir immer irgendwie respektlos vorgekommen. Fast wie ein Sakrileg.
Ich versuchte immer noch herauszufinden, was hier eigentlich los war, als sie mir eine Hand in die Rippen stieß und sich unter mir herauswand. Ich hörte ein leises, schabendes Geräusch, auf das ein schwacher Lichtschein folgte, sodass es in der kleinen Abstellkammer etwas heller wurde. Als ich mich vorbeugte, sah ich, dass sie einen Lüftungsschlitz geöffnet hatte, der direkt in O’Byrnes Büro führte.
Durch die Öffnung in der Wand drang die Stimme meines Vaters herein, und unter dem Vorwand, besser hören zu wollen, rutschte ich noch etwas näher an Anne heran.
»John, Sie überschätzen den Präsidenten. Er regt sich über die Tabakindustrie auch nicht mehr auf wie über die Spirituosenindustrie. Er ist weder auf Ihrer noch auf unserer Seite – er ist auf der Seite von dem, was ihm politisch nützlich ist. Er will nicht, dass ihm diese Sache schadet, und nur daraufkommt es ihm an.«
»Aber wenn er gegenüber der Tabakindustrie hart bleibt, nützt ihm das politisch doch sehr wohl etwas, nicht wahr, Edwin?«, sagte O’Byrne. Seine Stimme troff nur so vor Herablassung und Abscheu.
»Bleiben wir doch realistisch. Die Anti-Tabak-Lobby ist zerschlagen, und Sie haben den größten Teil Ihrer Finanzierung verloren. Solange jeder selbst entscheiden konnte, ob er raucht oder nicht, hatten Sie einen starken Rückhalt in der Bevölkerung, und das Geld ist geflossen. Doch jetzt … die öffentliche Meinung ändert sich. Sie sehen fern. Sie lesen Zeitung. Die Stimmung wendet sich allmählich gegen Sie.«
»Ich glaube nicht …«
Mein Vater fiel ihm ins Wort, so wie er das bei mir auch immer getan hatte. »John, ich muss Ihnen sagen … Der Präsident ist im Moment zwar stocksauer, aber er ist nicht dumm. Er weiß verdammt gut, dass die Regierung nachgeben muss, wenn Trainer lange genug durchhält.«
Als O’Byrne über die absolut logische Analyse meines Vaters nachdachte, entstand eine Pause. Anne drehte den Kopf und sah mich an, sodass ihr Gesicht nur noch ein paar Zentimeter von meinem entfernt war. In diesem Moment hätte ich sie am liebsten geküsst, aber es schien mir nicht der richtige Zeitpunkt zu sein, um mich derart zu exponieren.
»Wir stehen kurz vor einer Wahl, und ein Viertel der Bevölkerung interessiert sich nur noch für eines – sie wollen ihre Zigaretten wiederhaben«, fuhr mein Vater fort. »Und man kann keinen Fernseher mehr einschalten, ohne dass jemand darüber spekuliert, dass uns diese Sache in eine Rezession ziehen wird, wenn es noch eine Weile so weitergeht. Die Nichtraucher wollen das nicht, und die meisten von ihnen glauben sowieso, dass Raucher selbst
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