Das Abkommen
erhalten, musste ich das gesamte vorhergehende Jahr für ein Unternehmen der Tabakindustrie gearbeitet haben, und wenn ich später die Abschlusszahlung haben wollte, musste ich meine gesamte berufliche Laufbahn in der Tabakbranche verbracht haben.
Mit diesem Trust und mit dem meines Vaters, der ähnlich aufgebaut, aber erheblich lukrativer war, hatte mein Großvater dafür gesorgt, dass sich eine motivierte Dynastie von Barnetts zwei weitere Generationen auf den Tabakfeldern abmühte. Angesichts des durchschnittlichen Sterbealters zu der Zeit, als die Trusts eingerichtet worden waren, hatte er uns genau genommen einen Tod am Schreibtisch zugedacht und war davon ausgegangen, dass wir nicht lange genug lebten, um sein Geld in die Finger zu bekommen.
Jemand, der nicht in meiner Situation war, konnte einfach nicht verstehen, welch ungeheure Macht diese schwer fassbare Auszahlung über mich hatte. Ich hatte gewusst, dass es sie gab, noch bevor ich alt genug war, um das Wort »Trust« zu verstehen. Im Laufe der Jahre hatte sie einen fast schon menschlichen Charakter angenommen – wie ein freundlicher Verwandter. »Mach dir keine Sorgen, ich kümmere mich schon um dich«, flüsterte sie mir ins Ohr. »Du wirst nie allein sein.«
Doch mit der Zeit wurde mir klar, dass das Ganze eine Falle war. Falle war vielleicht ein zu starkes Wort dafür, da ich sie ja leicht vermeiden konnte. Aber ich kam mir vor, als würde ich in einer Falle sitzen.
Die Situation wird noch um einiges grotesker, wenn ich Ihnen sage, was mir der Trust in letzter Zeit genützt hat. Seit die Tabakindustrie vor zwei Jahren ihre Talfahrt begonnen hat, habe ich keinen müden Cent mehr gesehen. Auf dem letzten Depotauszug stand, dass der Gesamtwert meiner Aktien nur noch etwas über eine Million Dollar betrug. Und wenn die Leute aus Montana mit uns fertig waren, würden die Aktien vermutlich noch weniger wert sein. Berücksichtigte man dann noch die Inflation, blieb mir vermutlich gerade so viel, dass ich mir davon an meinem sechzigsten Geburtstag ein Abendessen kaufen konnte. Aber nur, wenn ich allein ging. Was angesichts meiner aktuellen Beziehungen zu Frauen sowieso mehr als wahrscheinlich war.
»Du kannst mich auch!«, brüllte ich dem leeren Gebäude entgegen.
Das akustisch optimierte Großraumbüro mit Trennwänden vor meiner Tür schluckte mein Gebrüll mit jener rücksichtslosen Leistungsfähigkeit, die in der Tabakindustrie an der Tagesordnung war. Ich sprang auf, wobei ich wegen des Alkohols in meinem Blut gefährlich schwankte, und schrie noch lauter: »Hast du gehört? Du kannst mich mal!«
Was, zum Teufel, machte ich eigentlich aus meinem Leben? Darius verdiente jedes Jahr einige hundert Millionen Dollar. Einstein hatte bereits die Relativitätstheorie entwickelt, als er in meinem Alter gewesen war. Die Hälfte aller Kino- und Rockstars der Welt war jünger als ich. Es gab zweiunddreißigjährige Doktoren und zweiunddreißigjährige Anwälte und zweiunddreißigjährige Kongressabgeordnete, die über mich die Nase rümpften. Zu Recht. Schließlich hatte ich die letzten neun Jahre absolut nichts zustande gebracht, immer in der Erwartung, dass ich am Ende meines Lebens für diese Faulheit belohnt werden würde. Plötzlich fiel mir wieder ein, weshalb ich zweimal gekündigt hatte.
Ich ließ mich auf meinen Stuhl fallen und klickte meine schwachsinnige Zusammenfassung des Berichts der Gesundheitsbehörde weg. Dann rief ich eine leere Seite auf, um meine neueste Kündigung zu schreiben. Ich fing an zu tippen und versprach mir, dass es ganz bestimmt die letzte Kündigung sein würde. Geschwächte Wirtschaft hin, geschwächte Wirtschaft her, ich wollte mir einen richtigen Job suchen. Vielleicht würde ich für fünf Dollar die Stunde Mülltonnen leeren müssen, aber das war mir verdammt noch mal egal, wenn ich dadurch auf eigenen Füßen stehen konnte.
Ich hatte etwa die Hälfte des knapp formulierten Briefs getippt, als ich langsamer wurde. Was, wenn ich feststellte, dass ein anständiger Job anstrengend war? Was, wenn er sehr anstrengend war? Terra würde es dann immer noch geben, und Chris Carmen auch, der in seinem Büro sitzen und warten würde, bis ich wieder angekrochen kam.
Und wenn ich ihm diesen Gefallen tat? Wie würde meine Zukunft hier aussehen? Wie lange würde Terra gegen ein Gerichtssystem ankämpfen können, das sich die Zerschlagung der Firma in den Kopf gesetzt hatte? Was, wenn es lange dauerte? Was, wenn die Firma sich nicht
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