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 Das Abkommen

Das Abkommen

Titel: Das Abkommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kyle Mills
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natürlich ein gefundenes Fressen. Ich bin zwar wie Sie der Meinung, dass wir unsere Werbeetats nutzen können, um sie unter Druck zu setzen, aber dabei müssen wir mit Fingerspitzengefühl vorgehen. Wir können nicht einfach die Zusammenarbeit mit Medienunternehmen aufkündigen, die etwas Negatives über uns veröffentlichen. Das würde auf jeden Fall nach hinten losgehen.«
    Trainer hob abwehrend die Hand, wie dies alle mächtigen Männer zu tun pflegen, wenn sie wissen, dass sie unrecht haben. Dann ging sein Blick zu mir.
    »Trevor Barnett«, sagte er in seinem altmodisch klingenden Südstaatentonfall. »Ich freue mich, dass Sie uns ein wenig von Ihrer kostbaren Zeit opfern können.«
    »Mr Trainer, es tut mir leid, aber ich hatte einen Festplatten-Crash und mein Backup im Netz …«
    »Großer Gott, von was reden Sie da eigentlich? Ich verstehe inzwischen kein Wort mehr von dem, was die junge Generation so von sich gibt.«
    Angesichts des höflichen Gelächters der anderen kam mir der Gedanke, es sei vielleicht besser, wenn ich mich aus meiner Ecke herauswagte. »Ich wollte damit sagen, dass ich …«
    Trainer schnitt mir das Wort ab. »Denn soweit ich das beurteilen kann, haben Sie überhaupt kein Problem damit, sich klar und prägnant auszudrücken.«
    Zuerst war ich etwas verwirrt, doch als mir klar wurde, dass er sich über mich lustig machte, lief ich knallrot an. Mein nicht existierender Bericht war der Gipfel der Prägnanz. Ha, ha. Der war gut. Mein Blick ging zu den Männern und Frauen links und rechts von Trainer, der an der Stirnseite des Tisches saß. Ich musterte die ernsten, alternden Gesichter, die aus teuren Anzügen und Kostümen herausschauten.
    Vor einigen Jahren hatte der Kolumnist einer ungewöhnlich kritischen christlichen Zeitschrift Paul Trainer mit dem Satan verglichen und den übrigen Mitgliedern des Vorstands Namen von Dämonen verpasst. In diesem Moment hatte ich keinerlei Schwierigkeiten damit, sie mir alle als Dämonen vorzustellen.
    Trainer schlug eine der Aktenmappen vor sich auf – dem Kunstledereinband nach zu urteilen war es der Bericht der Rechtsabteilung – und zog ein einzelnes Blatt Papier heraus.
    »Rauchen ist immer noch ganz schlecht für Sie«, las er. »Und wir haben keine Ahnung, was wir deswegen unternehmen sollen.«
    Normalerweise gehöre ich nicht zu den Menschen, die man landläufig »schwer von Begriff« nennt, doch in dieser nervenaufreibenden Situation brauchte ich ein paar Sekunden, bis ich meine eigenen Worte wiedererkannte und diese Tatsache zu meinem Gehirn vorgedrungen war. Als es dann so weit war, nahm mein Gesicht eine Färbung an, um die mich eine Tomate beneidet hätte. Die Trottel in der Poststelle hatten die Seite, die ich in die Mappe der Rechtsabteilung gesteckt hatte, einfach kopiert und zu den Berichten für den Vorstand gelegt.
    Ich starrte auf meine Schuhe. Als ich den Kopf hob, fiel mein Blick auf den Syndikus der Firma, der in der Northern Christian Weekly »Beelzebub« genannt worden war. Das Gesicht unter dem schütteren, mausbraunen Haar war noch röter als meins. Vielleicht lag es nur an der Beleuchtung, aber ich hätte schwören können, dass sich seine bleistiftdünnen Lippen blau verfärbten.
    »Alles in Ordnung, Dad?«, rutschte es mir heraus.
    Er zuckte zusammen, als wäre er gebissen worden. Dann warf er seinen Kollegen einen Blick zu, den man nur so interpretieren konnte, dass er gerade überrascht festgestellt hatte, einen Sohn zu haben. Mich sah er nicht an. Ich verzog mich wieder in meine Ecke.
    Trainer übernahm wieder die Leitung der Sitzung, indem er sich den Bericht der Forschungsabteilung schnappte und mit seinen gelblich verfärbten Fingernägeln geräuschvoll die Seiten umblätterte. Ich stand nur da und fühlte mich immer elender. Das war alles ein dummer Fehler gewesen. Ich konnte es doch sicher erklären – ich konnte sagen, dass die Seite aus Versehen in den Bericht der Rechtsabteilung geraten war und eigentlich nur das Motto war für den ganz ausgezeichneten Bericht, den ich in meinem verschwitzten Händen hielt …
    »Trevor«, sagte Trainer schließlich. »Ich möchte Ihnen gratulieren.«
    In seiner Stimme war nicht einmal ein Anflug von Sarkasmus zu hören, aber es war klar, dass seine Bemerkung sarkastisch gemeint war. Die Vorstandsmitglieder am Tisch waren so anständig, nicht zu lachen – vermutlich aus Mitgefühl für die bedauernswerte Lage meines Vaters. Zweifellos hatten alle von ihnen Kinder, die wie ich

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