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 Das Abkommen

Das Abkommen

Titel: Das Abkommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kyle Mills
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eine große Enttäuschung waren.
    »In Dokumenten, die so dick sind, dass nicht einmal eine kleinkalibrige Kugel durchkäme«, fuhr Trainer fort, der die Berichte der beiden Abteilungen vor sich hielt, »ist es Ihnen gelungen, das Einzige zu schreiben, das für mich zumindest ansatzweise einen Sinn ergibt.«
    Es war mucksmäuschenstill, während alle auf die Pointe warteten.
    »Ich dachte schon, dass ich langsam verrückt werde. Und ich möchte mich bei Ihnen bedanken, weil Sie mir gezeigt haben, dass es nicht so ist.«
    Die Stille dauerte an. Ich sah meinen Vater an, weil ich dachte, er könnte mir einen Hinweis darauf geben, was hier eigentlich los war, doch er schien es genauso wenig zu verstehen wie ich.
    »Vielen Dank, Mr Trainer«, sagte ich, als mir klar wurde, dass er eine Antwort erwartete. »Aber jetzt sollte ich besser wieder gehen, damit Sie mit der Sitzung weitermachen können. Tut mir leid, dass ich Sie gestört habe.«
    Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich mich rückwärts an der Wand entlangtastete, bis ich endlich die Tür gefunden und mich hindurchgezwängt hatte.
    Trainers Blick lag die ganze Zeit auf mir.

SECHS
    Ich saß in meinem Büro, die Ellbogen auf den Schreibtisch gestützt und den Kopf in den Händen vergraben, und das nun schon so lange, dass mein Nacken sich zu verkrampfen begann. Ich wollte mich zwingen, mich aufrecht hinzusetzen und meinen Schreibtisch auszuräumen – um wenigstens ein bisschen Würde zu zeigen –, aber meinen Körper in eine etwas bequemere Position zu verlagern war das Einzige, was ich fertig brachte.
    In Gedanken hatte ich Paul Trainers Worte hundertmal wiederholt, und mit jedem Mal waren sie noch ein wenig boshafter geworden. Warum hatte er mich nicht gleich gefeuert, wie er es sonst immer tat? Ganz einfach. Er war zu wütend dazu. Er war der Meinung, dass ich – der zu nichts zu gebrauchende zweiunddreißigjährige Begünstigte eines Trusts, der noch nie in seinem Leben etwas Produktives getan hatte – mich ihm gegenüber respektlos verhielt. Mich einfach zu feuern, war keine Befriedigung für ihn. Er würde erst Ruhe geben, wenn er mein Leben komplett zerstört hatte.
    Nachdem ich mir weitere zehn Minuten äußerst lebhaft vorgestellt hatte, was Trainer alles mit mir anstellen würde – vieles davon war seit zwei Jahrhunderten gesetzlich verboten –, stand ich endlich auf und holte ein paarmal tief Luft.
    »Reiß dich zusammen«, sagte ich zu dem leeren Büro. »Jetzt lässt es sich nicht mehr ändern. Es wird Zeit, an die Zukunft zu denken. Was willst du tun?«
    Ich ging zur Tür und wollte sie aufmachen, doch dann überlegte ich es mir anders und stellte mich stattdessen ans Fenster. Die Demonstranten unten krabbelten noch immer wild durcheinander, wie bunte, mit Plakaten bewaffnete Ameisen. Ich glaubte, ihr Geschrei zu hören, aber die äußere Hülle des Gebäudes war im Hinblick auf solche Demonstrationen schalldicht gemacht worden.
    Ich ging davon aus, dass mir die Welt da draußen nicht sehr viel Mitleid entgegenbringen würde. Warum auch? Ich war ein gesunder, noch verhältnismäßig junger Amerikaner mit einem Collegeabschluss und ein paar Dollar auf der Bank. Die Welt wartete nur darauf, von mir erobert zu werden.
    Und warum überlegte ich mir dann, wie ich überzeugend genug zu Kreuze kriechen konnte, damit mein Vater zu Paul Trainer ging und sich für mich einsetzte? Schließlich war es ja nicht unbedingt notwendig, dass ich meinen jetzigen Job behielt. Die Personalabteilung konnte mich ja auch woanders unterbringen, wo Trainer nie wieder etwas von mir zu sehen oder zu hören bekam. Vielleicht eine Stelle in der …
    Großer Gott.
    Konnte ich denn noch tiefer sinken? Mein Vater war mir bisher kein einziges Mal in meinem Leben zu Hilfe gekommen. Inzwischen hatte er sicher schon die Hälfte meiner Babyfotos in das Feuer seines riesigen Kamins geworfen.
    Als es an der Tür klopfte, wirbelte ich herum. Es war so weit. Die Sicherheitsbeamten waren da, um mich aus dem Gebäude zu führen. Es stimmte zwar, dass es nicht gerade viel gab, auf das ich stolz sein konnte, aber das hieß noch lange nicht, dass ich nicht erhobenen Hauptes hier herausgehen konnte. Und es bedeutete auch nicht, dass ich aufhören musste, mich an den feuchten Funken von Stolz zu klammern, den ich erfolglos anzufachen versuchte, seit ich sechs Jahre alt war.
    »Herein.«
    Der Türknauf begann sich zu drehen …
    »Was war bei der Vorstandssitzung?«
    Es war nur

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