Das Abkommen
schön … aufregend gewesen war. Es fiel mir schwer, mich nicht wie ein kleines Kind zu fühlen, das von allem völlig fasziniert war und sich danach sehnte, von den Erwachsenen ernst genommen zu werden. Es war so wie früher, als giftige Haushaltsprodukte und Steckdosen mit dem Versprechen wilder Abenteuer gelockt hatten.
»Guten Morgen«, sagte ich. »Was ist denn los?«
Den Leuten, die den Raumteiler vor Stans Arbeitsplatz belagerten, gelang es nur mit mäßigem Erfolg, den neugierigen, aber auch bekümmerten Ausdruck auf ihren Gesichtern zu verbergen. Innerhalb von dreißig Sekunden fiel plötzlich jedem von ihnen eine Besprechung, ein Telefonanruf oder eine Aktennotiz ein. Und natürlich war alles wichtig und musste sofort erledigt werden. Ich sah zu, wie sie in Richtung Pausenraum davoneilten.
Mein Freundeskreis wurde rasch kleiner, und es machte mir mehr aus, als ich gedacht hatte. Ich musste daran denken, dass ich bald ganz allein auf der Welt war, wenn das so weiterging. Bis jetzt hatte ich eigentlich noch nie gezählt, wie viele Freunde und Familienangehörige ich hatte, und ich würde es auch nicht als lustigen Zeitvertreib für einen verregneten Nachmittag empfehlen. Das Ergebnis kann ziemlich deprimierend sein.
Ich beugte mich über den Raumteiler und lächelte Stan freundlich an. »Also? Was ist los?«
»Nicht viel.«
Ich hätte schwören können, dass er besser angezogen war als sonst. Sein Hemd war gebügelt, und die Krawatte wäre um ein Haar schick gewesen.
»Komm schon, Stan. Gib mir wenigstens einen Hinweis.« So oder so ähnlich hatte er mich seit Jahren jeden Tag genervt. »Ich platz gleich vor Neugier.«
Er gab keine Antwort.
»Hat jemand herausgefunden, dass seine Freundin eine lesbische Affäre mit seiner Mutter hat, und daraufhin ein Postamt zusammengeschossen?«, versuchte ich ihn zu einer Antwort zu bewegen.
Er schüttelte den Kopf.
»Hat sich jemand einen angetrunken, sein Auto während eines Footballspiels in einer Highschool in die Tribüne gefahren und dann mit einem Sturmgewehr das Feuer eröffnet?«
Das rief bei ihm immerhin den Ansatz eines Lächelns hervor. »Ich wünschte, es wäre so.« Er verschränkte die Arme vor seiner massigen Brust, und ich sah die Schweißflecken unter seinen Achseln, die größer waren als sonst.
»Um ehrlich zu sein, Trevor, du bist das, was los ist. So langsam wirst du berühmt.«
»Wohl eher berüchtigt«, erwiderte ich. Es war mit Sicherheit schon bis zu diesem Stockwerk vorgedrungen, dass ich mich in der Vorstandssitzung lächerlich gemacht hatte.
»Da wäre ich mir nicht so sicher«, meinte Stan, der in einer beeindruckenden Darstellung paranoider Körpersprache die Beine übereinanderschlug. »Die anderen fragen sich schon, ob sie dich nicht Mr Barnett nennen sollen.«
Er sondierte die Lage; er versuchte, mich zu manipulieren. Neun Jahre lang hatte ich alles getan, was ich konnte, um hier hereinzupassen, und jetzt versuchte mein bester Freund in der Firma doch tatsächlich, mich zu manipulieren. »Stan, was soll das? Ich bin nach Montana geflogen, um den Prozess in einen historischen Zusammenhang zu stellen. Dann habe ich mich im Fernsehen lächerlich gemacht und in der Vorstandssitzung gleich noch mal. Ich glaube nicht, dass ich in nächster Zukunft in ein Eckbüro umziehen werde.«
Er brachte ein Grinsen zustande, aber es sah aus, als müsste er sich gewaltig anstrengen. »Ja klar, Trev. Weiß ich doch.«
Und nach dieser eindeutig vieldeutigen Äußerung saß er einfach nur da mit seinen ineinander verknoteten Armen und Beinen und wünschte mich weg. Es war klar, was das bedeuten sollte: Er hatte mit der Anti-Tabak-Lobby, der Regierung, den Medien und den Gerichten schon alle Hände voll zu tun. Ein Spion hatte ihm da gerade noch gefehlt.
Ich blieb länger vor ihm stehen als es mit meiner Selbstachtung vereinbar war. Schließlich riss ich mich von dem Raumteiler los und ging mit gesenktem Kopf zu meinem Büro.
»Chris Carmen möchte mit Ihnen sprechen«, sagte Miss Davenport, als ich an ihr vorbeischlich.
»Wann?«
»Er sagte, wann immer Sie Zeit haben.«
Ich seufzte und stieß die Tür zu meinem Büro auf. Carmen als mein direkter Vorgesetzter konnte mich jederzeit bei sich antanzen lassen, was er auch oft und gern tat. Jetzt dagegen hieß es »wann immer Sie Zeit haben«.
Ich sah ohne viel Interesse den Stapel mit meiner Post durch, bis ich zu einem Päckchen von Darius’ Firma kam. Als ich es aufriss, fand ich
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