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 Das Abkommen

Das Abkommen

Titel: Das Abkommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kyle Mills
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schieben, damit ich meinen Vater ansehen konnte, ohne einen steifen Hals zu bekommen. Aus irgendeinem Grund kam ich nicht auf die Idee aufzustehen.
    »Was er über meinen Trust gesagt hat …«
    »Du willst mit den Erwachsenen spielen, Trevor? Die Erwachsenen finden Informationen wie diese. Sie bestechen Leute, sie wühlen sich durch den Müll …«
    Genau das war das Problem. Ich wollte gar nicht mit den Erwachsenen spielen.
    »Weißt du, wie oft ich heute Morgen schon angerufen worden bin?«, fuhr mein Vater fort. »Ich habe mit dem Gouverneur, drei Senatoren und mit weiß Gott wie vielen Anwälten gesprochen. Der Geschäftsführer unseres Lebensmittelbereichs hat mich zu Hause angerufen und für die Sparte Dessertkuchen einen Umsatzrückgang von zwei Prozent für den nächsten Monat vorhergesagt.«
    Rückblickend gesehen war das Einzige, was mich davon abhielt, einen ausgewachsenen Mann anzukichern, weil der sich Sorgen darüber machte, dass die Amerikaner weniger Kuchen in sich hineinstopften, die Tatsache, dass dieser Mann mein Vater war. Egal, wie zerrüttet das Vater-Sohn-Verhältnis auch ist und wie sehr man sich einander entfremdet hat, es fällt einem nicht schwer, den eigenen Vater im Unterbewusstsein für den Weihnachtsmann, Albert Einstein und Alexander den Großen in einer Person zu halten.
    Das Telefon klingelte wieder, aber ich wagte es nicht, den Hörer abzunehmen. Wahrscheinlich dachte Anne jetzt, ich hätte einfach aufgelegt. Großartig.
    »Ich weiß, Dad. Mir ist klar, dass ich Mist gebaut habe. Und ich hätte auch nicht einfach aus dem Studio laufen sollen, aber die Leute werden wegen dem, was ich gesagt habe, weder ihren Kuchen noch ihre Zigaretten aufgeben.«
    »Dann reagiere ich also übertrieben?« Plötzlich sah die elegante Krawatte meines Vaters aus, als würde sie ihn erwürgen. Er hob die New York Times hoch, die mir bis jetzt noch gar nicht in seiner Hand aufgefallen war, und fing an, einen Artikel auf der Titelseite vorzulesen.
    »Sprecher der Tabakindustrie schlägt vor, Zigaretten gesetzlich verbieten zu lassen.«
    »Das ist nicht fair. Das ist aus dem Kontext …«
    »Fünfzig Jahre juristische Planung«, brüllte er, während er mit der Zeitung herumfuchtelte. »Und du machst das alles an einem Tag zunichte.«
    »Komm schon, Dad, jetzt reagierst du aber wirklich übertrieben. Ich habe gar nichts zunichtegemacht. Das würden sie auch über einen Politiker schreiben, der es wagt, einen Witz über ein gesetzliches Verbot von Zigaretten zu machen.«
    Die Wut in meiner Stimme schien meinen Vater genauso zu überraschen wie mich. Er wies auf mein leeres Büro. »Sieh dir doch an, was dir dein kleiner Trotzanfall eingebracht hat. Wahrscheinlich ist alles meine Schuld, weil ich dir viel zu viel gegeben habe. Du hast nie erwachsen werden müssen; du hast dich nie anstrengen müssen. Wenn du gezwungen gewesen wärst, wirklich einmal um etwas zu kämpfen, hättest du jetzt vielleicht etwas mehr Selbstachtung.«
    »Vielleicht«, erwiderte ich etwas herablassend. Das hatte mir jetzt gerade noch gefehlt.
    Er kniff die Augen zusammen. »Hast du eigentlich schon einmal daran gedacht, wie ich jetzt dastehe? Ich kann es dir sagen: Du und deine Mutter habt einen kompletten Idioten aus mir gemacht.«
    Und mit dieser Bemerkung drehte er sich um und ging hinaus. So viel zur Möglichkeit einer Aussöhnung mit meinem Vater.
    Es war eindeutig an der Zeit, die Flucht zu ergreifen, bevor die Sicherheitsleute auftauchten, aber stattdessen blieb ich einfach sitzen und dachte an all die Jahre, die ich für Terra gearbeitet hatte, und daran, wie Paul Trainer es dann doch geschafft hatte, sich dafür zu rächen, dass ich seine gottgleiche Autorität in Frage gestellt hatte. Er hatte mich nicht einfach gefeuert, nein, er hatte aus mir einen niederträchtigen, verwöhnten Kotzbrocken gemacht, und das auch noch vor der ganzen Welt. Ich sah mich wieder in meinem Büro um. Wo, zum Teufel, waren meine Sachen? Das meiste davon war gar nicht Firmeneigentum – es gehörte mir. Was gab ihnen das Recht dazu, sie sich einfach zu nehmen?
    Ich fuhr mit der Hand über den Schreibtisch bis zu der Stelle, an der immer meine Tasse gestanden hatte. Sie hatte die Form eines Dinosaurierkopfs und war ein Geschenk meiner Mutter. Ich hatte sie schon als Kind gehabt. Das Rot der Limonade aus meiner Kindheit war zu rosa verblichen, als ich mich zu Collegezeiten dem Kampftrinken gewidmet hatte, und wurde jetzt langsam vom Braun des

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