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 Das Abkommen

Das Abkommen

Titel: Das Abkommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kyle Mills
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war zweifellos Darius’ neues Spiel gemeint.
    Eines musste man meinem Vater lassen – er registrierte den zarten Wink, dass sein missratener Sohn jetzt ein Büro direkt neben Paul Trainer hatte, ohne sich wild auf die Brust zu trommeln oder sich die Haare auszureißen.
    »Edwin, du hast mir doch letzte Woche gesagt, dass wir den Prozess in Montana mit einer Wahrscheinlichkeit von achtzig Prozent verlieren werden. Ich will jetzt wissen, wie wir uns verhalten sollen. Trevor sagt, dass es uns nur ein paar Milliarden kosten wird, wenn wir Bankrott erklären und einen Vergleich mit diesen elenden Anwälten schließen.«
    »Paul, du weißt doch, dass Trevor keinerlei juristische Ausbildung hat …«
    »Seine juristische Ausbildung interessiert mich einen Dreck. Bist du der gleichen Meinung wie er oder nicht?«
    Mein Vater brachte ein Lächeln zustande, das gar nicht einmal so angestrengt aussah. »Die Anwälte der Kläger werden ihr Honorar wollen. Sie werden sich auf einen Vergleich einlassen.«
    »Und an diesem Tag öffnen wir Tür und Tor …«
    Mein Vater sah aus, als wollte er noch etwas sagen, aber Trainer hob abwehrend die Hand.
    »Das sind nur die Sammelklagen. Wie sieht es mit den Einzelklagen aus? Wie viele laufen zurzeit?«
    »Etwa zweitausendfünfhundert.«
    »Großer Gott.« Trainer wandte sich wieder an mich. »Was sagt Ihre Kristallkugel, Trevor? Wie sieht unsere Zukunft aus?«
    Aus den Augenwinkeln sah ich, dass mir mein Vater einen jener wütenden Blicke zuwarf, mit denen er mich schon in meiner Kindheit so oft bedacht hatte. »Ich glaube, wir werden untergehen. Die Gesetzgebung und die öffentliche Meinung – unsere Kultur – sind gegen uns. Und das schon seit einer ganzen Weile.«
    »Du bist kein Jurist, Trevor«, sagte mein Vater wieder, als wäre das eine grundlegende Schwäche meines Charakters.
    »Das war auch kein juristischer Rat.«
    »Er hat recht«, sagte Trainer. »Auch ein Schuss ins Blaue kann treffen. Unser Aktienkurs wird noch weiter in den Keller gehen, und wir werden weiter großzügige Schecks für diese greinenden Idioten schreiben. Und sehr bald schon werden wir nicht mehr in der Lage sein, Kapital aufzubringen oder Kredite aufzunehmen.« Er schüttelte langsam den Kopf. »Übermorgen findet die Anhörung zum neuen Bericht der Gesundheitsbehörde statt, und in diesem Ausschuss haben wir nicht viele Freunde. Sie riechen Blut und Wählerstimmen, und deshalb werden sie so viel Publicity wie möglich haben wollen. Diese elenden Penner.«
    Trainer versank noch tiefer in den Polstern des Sofas und schien plötzlich mit sich selbst zu reden. »Wir können uns nicht einfach zurücklehnen und wie bisher aus der Defensive kämpfen. Nein, das geht nicht mehr. Es ist Zeit, Stellung zu beziehen.«

ACHTZEHN
    Vor der Theke standen etwa zwanzig Leute, die ihre Tabletts vor sich über ein verchromtes Gitter schoben. Ich beobachtete Anne aus einiger Entfernung, während sie einen Karton Milch auf einem Berg aus Lebensmitteln balancierte und den Leuten vor sich verärgerte Blicke zuwarf, während diese sich zu entscheiden versuchten, Etiketten studierten und gezielte Fragen zum Nährwert stellten.
    Da ich schon gegessen hatte – im Kasino der Vorstandsetage –, setzte ich mich an einen leeren Tisch und fuhr fort, ihr hmterherzuspionieren, während sie sich zur Kasse durchkämpfte. Nach dem Heisenberg-Prinzip ist es unmöglich, ein Objekt zu beobachten, ohne dabei das Verhalten des Objekts zu verändern. Meine Beziehung zu Anne war der absolute Beweis für Dr. Heisenbergs Theorie. Wenn ich in ihrer Gegenwart war, schien sie immer ein bisschen auf der Hut zu sein – nicht so sehr vor mir, sondern eher vor sich selbst. Sie schien entsetzt zu sein angesichts der Möglichkeit, dass ein Lächeln auf ihrem Gesicht erscheinen könnte oder ich etwas anderes von ihr zu sehen bekam als ihre nüchterne, geschäftsmäßige Fassade.
    Sie zahlte und blickte sich suchend nach einem freien Tisch um. Als ihr Blick auf den Teil der Cafeteria fiel, in dem ich saß, winkte ich ihr zu. Es war nur ein leichtes, lockeres Winken, das auf keinen Fall unter die Stalking-Gesetze fiel. Mehr so ein Winken der Art »was für ein Zufall, dass ich gerade in diesem Teil der Stadt bin, in dieser Cafeteria, ausgerechnet dann, wenn Sie recht spät zu Mittag essen«.
    Sie starrte mich einen Moment an und kam dann auf mich zu, eventuell mit etwas weniger Zögern, als ich es von ihr gewohnt war.
    »Sie haben einfach aufgelegt.«
    »Hab

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