Das Abkommen
vielen Leuten, die davon fantasierten, mir Bambussprossen unter die Fingernägel zu rammen … »Na klar. Tun Sie sich keinen Zwang an.«
Ich knallte den Hörer auf das Telefon und überlegte kurz, was ich jetzt machen sollte. Ich konnte aufstehen, duschen und in mein großes, neues Büro fahren. Oder ich konnte den ganzen Tag im Bett liegen bleiben. Die Entscheidung schien klar zu sein.
Ich wollte gerade den Arm ausstrecken und die Vorhänge zuziehen, als es an der Tür klopfte. Meine beiden Leibwächter hatte ich fast vergessen.
»Verschwinden Sie!«
Es funktionierte nicht. Hilflos musste ich zusehen, wie die beiden Männer hereinkamen, gefolgt von Nikotin, die aufs Bett sprang und versuchte, mir das Gesicht abzulecken.
»Mr Trainer möchte Sie sehen«, sagte der Blonde. Ich versuchte mich daran zu erinnern, ob sie mir ihre Namen genannt hatten.
»Ich bin krank. Ich kann heute nicht ins Büro.«
Der Brünette ging ins Bad, und einen Augenblick später hörte ich, wie die Dusche angestellt wurde.
»Trinken Sie einen Kaffee. Dann wird es Ihnen gleich viel besser gehen«, sagte der Blonde, während er mir eine Tasse Kaffee in die Hand drückte. Er stand einfach nur da und starrte mich an, bis ich einen Schluck trank.
»Wir lassen Sie jetzt allein«, sagte der Brünette, als er wieder aus dem Bad kam. »In zwanzig Minuten müssen Sie beim Wagen sein.« Sein Gesicht verlor das bisschen an Freundlichkeit, das es ausdrücken konnte. »Zwanzig Minuten. Haben wir uns verstanden?«
Wirft man einen Blick auf die Geschichte, war vorauszusehen gewesen, wie sich die Proteste vor der Firmenzentrale von Terra entwickeln würden. Während sich der Prozess in Montana hinzog und Presse und Politiker Blut gerochen hatten und immer dreister wurden, waren die Demonstrationen immer größer, lauter und länger geworden. Vom Standpunkt der Tabakindustrie aus gesehen war das keine schöne Entwicklung, doch die gleichförmige Langsamkeit hatte etwas Tröstliches an sich.
Und daher traf mich das, was wir sahen, als wir von der Hauptstraße abbogen und auf das Gebäude von Terra zufuhren, völlig unvorbereitet. Unsere dreißig oder vierzig eingefleischten Anti-Tabak-Demonstranten waren verschwunden. Stattdessen trafen wir auf etwa zweihundert wütende und sehr nervös aussehende Leute mit Schildern in der Hand, auf denen Parolen wie ENTSCHEIDUNGSFREIHEIT! oder FREIHEIT! standen. Der Blonde, der am Steuer saß, musste auf Schrittgeschwindigkeit herunterbremsen und sich in eine Schlange aus wartenden Fahrzeugen einreihen, die versuchten, an einer eilig errichteten Polizeisperre vorbeizukommen.
Wir kamen nur langsam vorwärts, während von draußen das wütende, unverständliche Gebrüll ins Wageninnere drang, das die dämlichen Reime abgelöst hatte, an die ich mich inzwischen schon gewöhnt hatte. Trotz der Eile waren die Schilder, die die Demonstranten schwenkten, überraschend gut entworfen und professionell hergestellt worden, was für mich ein Hinweis darauf war, dass Terras Marketingabteilung etwas damit zu tun hatte.
Nach zwei Minuten bekamen wir Kontakt zu den Demonstranten – und das meine ich wörtlich. Der Blonde musste die Stoßstangen benutzen, um sie vorsichtig aus dem Weg zu schieben, während wir uns vorwärtskämpften. Ich legte mich auf den Rücksitz, versteckte mein Gesicht hinter den Händen und hoffte, dass mich niemand erkannte. Offenbar war meine Angst nicht ganz unbegründet, denn einen Moment später hörte ich, wie die Türen des Autos verriegelt wurden.
Als jemand ans Fenster klopfte, erstarrte ich und nahm meine Hände gerade so weit vom Gesicht, dass ich sehen konnte, was vor sich ging. Neben der Fahrertür stand ein Polizist, und der Blonde hielt ihm einen Mitarbeiterausweis von Terra hin, bevor wir durchgewinkt wurden. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis die Sonne, die in den Wagen schien, durch Neonlicht ersetzt wurde. Ich setzte mich auf und genoss für einen Augenblick die Stille, die in der Tiefgarage herrschte.
Der Blonde hielt den Wagen kurz vor dem Fahrstuhl an und entriegelte die Türen. »Sie haben unsere Handynummer, Mr Barnett?«
Ich nickte.
»Rufen Sie uns eine Stunde, bevor sie nach Hause wollen, an. Versuchen Sie nicht, zu Fuß von hier wegzukommen, und lassen Sie sich auch nicht von einem Ihrer Kollegen mitnehmen. Und von jetzt an werden Sie nur noch im Kasino der Vorstandsetage essen – gehen Sie auf keinen Fall in ein Restaurant, und lassen Sie sich kein Essen von einem
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