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 Das Abkommen

Das Abkommen

Titel: Das Abkommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kyle Mills
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auf dem Tisch lag. Niemand rührte sich vom Fleck, also streckte ich den Arm aus und zog sie zu uns.
    Gary Vandorns Artikel begann mit ein wenig Geschichte, einem kurzen Überblick über die juristischen Probleme der Tabakindustrie und die möglichen Auswirkungen des Verfahrens in Montana. Dann machte er mit mir – dem neuen Strategieguru der Tabakbranche – und der Auseinandersetzung mit Scalia in der Talkshow im Fernsehen weiter. Public Relation ist etwas ganz Erstaunliches. Plötzlich war ich der »ehrliche Sprecher aus Fleisch und Blut, auf den die Tabakindustrie seit einem Vierteljahrhundert gewartet hat«. Diesen Teil las ich gleich dreimal, während ich die hitzige Diskussion zwischen Trainer und den Senatoren ignorierte und mich fragte, wie mein »der kann mich mal kreuzweise« in der Zeitung von morgen aussehen würde.
    Mir fiel auf, dass unter der Zeitung eine dünne Akte lag. Ich schlug sie auf und überflog kurz den Inhalt, dann knallte ich sie zu und schob sie zusammen mit der Zeitung wieder in die Mitte des Schreibtischs.
    Der Ordner enthielt Kopien von Vandorns Patientenakte sowie eine Zusammenfassung seiner Rauchergewohnheiten. Ich konzentrierte mich wieder auf das, was hier vor sich ging, und versuchte mich Spekulationen darüber zu enthalten, wie diese Informationen den Weg in Terras Sitzungsraum gefunden hatten.
    »Wo soll das eigentlich hinführen, Paul?«, wollte Randal gerade wissen.
    »Zu einer endgültigen Entscheidung in der Raucherfrage. Wird die Tabakindustrie in den Vereinigten Staaten weitermachen, oder wird sie den Betrieb in ein freundlich gesinntes anderes Land verlagern und in Zukunft nur noch auf den Märkten in Übersee operieren?«
    »Von was, zum Teufel, redest du da?«
    »Es wird Zeit, dass wir herausfinden, was das amerikanische Volk wirklich will. Mit jedem Jahr ist uns die Öffentlichkeit feindlicher gesinnt, und die Prozesse werden immer größer und komplexer. Wir werden langsam ausgeblutet. Es ist Zeit, aufzustehen und zu kämpfen. Oder zu sterben.«
    »Großer Gott, Paul!«, sagte Randal, der auf seine stummen Kollegen wies. »Wir haben euch auf jedem Schritt des Weges unterstützt. Wir haben alles in unser Macht Stehende getan, um euch die Regierung und die Gerichte vom Hals zu schaffen. Wir haben es verdient, dass man uns in dieser Sache vorher fragt.«
    Trainer schien sich davon nicht beeindrucken zu lassen, aber er blieb unerschütterlich höflich. »Wir wissen eure Unterstützung zu würdigen, Fred, aber in letzter Zeit hat sie uns nicht viel gebracht, oder?«
    Randal sah aus, als würde er gleich die Geduld verlieren, und seine Gesichtsfarbe wurde noch einen Ton dunkler. Er schlug mit beiden Handflächen auf den Tisch und beugte sich zu Trainer. »Die Hälfte der Bevölkerung im Süden – unsere Wähler – wird ihren Arbeitsplatz verlieren, ganz zu schweigen von den Ladenbesitzern, den Großhändlern, den Werbern und allen anderen, die ihr Geld mit Tabak verdienen.«
    Und er wird eine Menge Wählerstimmen verlieren, dachte ich.
    »Es gibt kein einziges Geschäft mehr in diesem Land, das auch nur eine einzige Zigarette in den Regalen hat, und es gehen bereits Gerüchte um, dass für eine Zigarettenpackung bis zu dreißig Dollar verlangt werden. Was, zum Teufel, wird passieren, wenn den Leuten ihr Zigarettenvorrat ausgeht? Überall im Land bereitet sich die Polizei auf einen gewaltigen Anstieg bei den Gewaltverbrechen vor. Sehr bald schon wirst du keinen einzigen Freund mehr auf dieser Welt haben.«
    Ich stellte fest, dass ich langsam in meinem Stuhl zurückwich, weg von Trainer, weg von Randal, weg von der Akte auf dem Tisch, weg von den sechzig Millionen Leuten, denen man über Nacht den Zugang zur Droge ihrer Wahl abgeschnitten hatte.
    »Noch etwas, das du vielleicht nicht bedacht hast, Paul«, sagte mein Vater in dem Versuch, Trainer und Randal auseinanderzubringen, die sich wütend anstarrten. »Man könnte uns für die Gewalt verantwortlich machen, die laut Aussage der Leute darauf zurückzuführen ist, dass sie nicht in der Lage waren, Tabakprodukte zu kaufen: häusliche Gewalt, Amoklauf am Arbeitsplatz, rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr – was auch immer. Sie werden den Standpunkt vertreten, dass wir die Leute bewusst von Zigaretten abhängig gemacht haben und dann in unserem eigenen Interesse die Versorgung abgeschnitten haben.«
    Trainer zuckte mit den Achseln. »Dann haben wir statt dreitausend eben fünftausend Verfahren gegen uns

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