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Das achte Opfer

Das achte Opfer

Titel: Das achte Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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schlechter Mensch war er nicht. Ungewöhnlich in seinem Lebensstil mit Sicherheit, ungeheuer freiheitsliebend und deshalb auch oft unterwegs, aber er war nicht schlecht.«
    »Der Täter scheint da aber ganz anderer Meinung zu sein. Genau wie bei Domberger …«
    »Vergessen Sie’s! Bitte, vergessen Sie’s einfach! Sie haben beide nicht verdient, so zu sterben. Keiner hat verdient, auf solch grausame Weise … Na ja, Kinderschänder vielleicht oder solche, die aus Habgier morden … Und selbst da habe ich meine Zweifel.«
    »Frau Mondrian, waren Ihnen die päderastischen Neigungen Ihres Bruders bekannt?«
    »Was ist das?«
    »Die Neigung, sich zu Jungs hingezogen zu fühlen. Und diese Neigung auch auszuleben.«
    »Was?« fragte sie entsetzt. »Mein Bruder und so was?«
    »Leider ja. Er hat sich sogar an seinem eigenen Sohn vergangen, wie Ihnen vielleicht bekannt sein dürfte. Was er noch alles gemacht hat, entzieht sich bislang unserer Kenntnis. Es ist, als ob wir bei unseren Ermittlungen immer wieder gegen eine Mauer rennen.«
    »Das darf nicht wahr sein! Ich wußte tatsächlich nicht, daß mein Bruder … Nicht einmal meine Schwägerin hat es mir erzählt, obgleich wir über fast alles gesprochen haben. Aber nun gut, sie wird ihre Gründe gehabt haben, es für sich zu behalten.« Yvonne Mondrian schenkte sich erneut ein, kippte den Inhalt in einem Zug herunter, sagte mit zynischheruntergezogenen Mundwinkeln: »Mein Bruder war also ein Kinderschänder. Und mein Mann, was hat er getan? Etwa das gleiche?«
    »Das wissen wir nicht. Aber es muß etwas im Leben Ihres Mannes geben, das … Sie sollten einfach darauf gefaßt sein, irgendwann einige unerfreuliche Details zu erfahren.«
    »Okay, okay, ich werde darauf gefaßt sein. Und was immer es ist, ich werde mich irgendwann auch damit abfinden. Die Seele ist eben doch ein tiefes, dunkles Loch, in das keiner hineinsehen kann, außer man selbst. Aber wer will schon in dieses Loch blicken und erkennen, welche Abgründe sich da auftun? Dabei wäre es ganz gut, wenn jeder das ab und zu täte, vielleicht könnte dann eine Menge Leid vermieden werden.« Sie griff zur Flasche, hielt sie in der Hand, sagte: »Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie jetzt gehen würden. Ich werde mich heute betrinken, und ich will nicht, daß Sie mich in diesem Zustand sehen. Ich werde unserem Dienstmädchen Bescheid geben, daß es sich um die Kinder kümmern soll. Auf Wiedersehen. Den Weg hinaus finden Sie ja allein.«
    »Auf Wiedersehen. Wir melden uns wieder bei Ihnen.«
    Sie gingen durch das Tor zum Wagen. Sie blieben davor stehen, zündeten sich jeder eine Zigarette an.
    »Die arme Frau«, sagte Hellmer nach einer Weile. »Sie tut mir wirklich leid.«
    »Ja, sie kann einem leid tun. Vielleicht ist es ganz gut, wenn sie sich heute betrinkt, manchmal ist es das einzige Mittel, um den ersten großen Schmerz zu bekämpfen. Komm, fahren wir zurück, es wird noch ein langer Tag werden. Als nächstes steht die Beerdigung von Matthäus auf dem Programm.«

Dienstag, 14.00 Uhr
     
    Julia Durant und Frank Hellmer waren zurück im Präsidium, nachdem sie eine Kleinigkeit an einer Imbißbude zu sich genommen hatten. Kullmer war unterwegs, doch zwei andere Beamte der Sonderkommission waren anwesend. Darunter ein junger Mann, der erst vor kurzem seine Polizeischule beendet hatte und an diesem Morgen den Termin bei der Kartenlegerin wahrgenommen hatte. Die Kommissarin und Hellmer nahmen Platz, zündeten sich jeder eine Zigarette an. Sie sagten nichts, während Berger sie fragend ansah.
    »Also, was gibt’s über Mondrian zu sagen?«
    »Was soll’s schon zu sagen geben?« erwiderte Julia Durant schulterzuckend. »Das gleiche wie bei den vieren davor. Seine Frau, die ja auch die Schwester von Winzlow ist, wußte nichts von den päderastischen Neigungen ihres Bruders und fragt sich jetzt natürlich, ob nicht auch ihr Mann ähnlich gelagert war. Wir haben bei Mondrian das gleiche Notebook gefunden, blablabla, es ist alles die gleiche Scheiße.«
    »Ich habe vorhin in München angerufen und darum gebeten, daß sie uns ihren Profiler zur Verfügung stellen. Wir brauchen unbedingt ein Täterprofil, unter Umständen schränkt sich der Kreis der in Frage kommenden Personen dadurch erheblich ein. Und dieser Mann besitzt ausgezeichnete Referenzen und kann sich, wie es heißt, in die Seele und die Verfassung eines Mehrfachtäters hineinversetzen. Er kommt noch heute nachmittag um kurz nach vier hier an. Mal sehen, was er

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