Das achte Opfer
unmißverständlich aufgefordert, uns sämtliche Namen derjenigen zu nennen, die sowohl bei der Besprechung am Samstag morgen als auch gestern vor dem Tod der beiden Frauen anwesend waren. Hat er diese Liste inzwischen geschickt? Außerdem wollte ich wissen, welche Streifenbeamten von Samstag bis Montag für die Überwachung des Hauses eingesetzt waren.«
Berger schüttelte den Kopf. »Mir liegt bis jetzt nichts vor.«
»Dann sollten Sie Ihrem Kollegen vom OK mal mächtig Pfeffer in den Hintern blasen. Diese Lahmarschigkeit geht mir auf die Nerven. Und was ist mit Schnell? Neue Erkenntnisse über seinen Lebenswandel?«
Der junge Beamte, der am Vormittag bei der Kartenlegerin gewesen war, schüttelte den Kopf. »Nein, nichts. Es ist auch verdammt schwierig, an Schnell ranzukommen. Er darf ja nicht wissen, daß wir ihn überwachen. Also müssen wir so vorsichtig wie nur möglich zu Werke gehen. Wir müßten wissen, ob er seine Geliebte finanziell unterstützt oder aushält und wenn, woher er das Geld dafür hat. Das einzige, was mir merkwürdig vorkommt, ist, daß es in den letzten zwei Jahren mehrere Razzien gegeben hat, bei denen Schnell das Kommando hatte, aber keine der Razzien zu einem greifbaren Erfolg geführt hat.«
»Woher haben Sie diese Informationen?« fragte Berger neugierig.
»Ein bißchen rumhören, ein paar Akten durchstöbern, das ist alles. Seine Erfolgsquote davor lag jedenfalls wesentlich höher. Aber ich will mich noch nicht festlegen, das kann alles Zufall sein.«
»Sollte Schnell tatsächlich Gelder genommen haben, dann könnte es sogar sein, daß er selbst hinter dem Tod der beiden Lettinnen steckt. Und wenn auch als indirekt als Informant«, bemerkte Hellmer mit ernstem Gesichtsausdruck. »Doch allein die Vorstellung jagt mir eine Gänsehaut über den Rücken. So was kenne ich bisher nur aus Filmen.«
»Wenn Sie recht haben, dann wäre das so ziemlich die größte Sauerei, die mir in meiner ganzen Dienstzeit untergekommen ist«, sagte Berger. »Aber für ausgeschlossen halte ich jetzt nichts mehr.« Er machte eine kurze Pause, richtete seinen Blick auf Hübner.
»Gut, dann wollen wir mal in medias res gehen und Hauptkommissar Hübner aus München mit den Informationen füttern, die er braucht, um ein Täterprofil zu erstellen. Kollegin Durant, wenn Sie bitte beginnen wollen.«
Nachdem alle Informationen gegeben waren, packte Hübner die Zettel, die Tatfotos und seine Notizen zusammen und sagte: »Ich werde mir das alles mit ins Hotel nehmen und heute abend versuchen, ein einigermaßen vernünftiges Profil zu erstellen.«
»Was halten Sie von den Bibelsprüchen?« fragte Julia Durant.
»Schwer zu sagen. Doch wie es scheint, hat er die Sprüche auf den Beruf oder das Umfeld des jeweiligen Opfers zugeschnitten.«
»Unser Polizeipsychologe Doktor Schneider sagt, daß einreligiöser Hintergrund ausscheidet. Wie ist Ihre Meinung dazu?«
»Wenn Sie religiösen Fanatismus meinen, dann stimme ich Doktor Schneider zu. Dieser Mann geht, im Gegensatz zu religiösen Fanatikern, subtiler und sehr überlegt vor. Mir drängt sich eher der Eindruck auf, daß er sich auf einem Rachefeldzug befindet. Dafür spricht die Art und Weise, wie er seine Opfer umbringt. Er hält sich exakt an ein bestimmtes Schema, das er auch nicht abändern wird. Aber bevor wir uns hier in Spekulationen ergehen, würde ich doch lieber erst einmal alles auswerten und morgen früh mit Ihnen darüber sprechen. Ich denke, daß ich Ihnen zumindest ein wenig weiterhelfen kann. Wenn es sonst nichts gibt, dann würde ich mich jetzt gern an die Arbeit machen.«
»Nein, wir halten uns natürlich an Ihre Regeln«, sagte Berger und reichte Hübner die Hand. »Bis morgen früh halb acht. Und danke, daß Sie uns helfen wollen.«
»Das gehört zu meinen Aufgaben. Ich hoffe nur, Sie können den Fall so bald wie möglich aufklären. Die Diskussion in der Öffentlichkeit nimmt bereits recht bizarre Formen an.«
»Obwohl die Öffentlichkeit nicht einen Bruchteil davon weiß, wie die Taten verübt wurden.«
»Nun, je hochrangiger die Opfer, desto mehr Gesprächsstoff gibt es. Ich rate Ihnen nur, halten Sie sich die Medien vom Leib. Guten Abend.«
Dienstag, 18.30 Uhr
Julia Durant und Frank Hellmer begaben sich zu ihren Autos. Auf dem Weg dorthin besprachen sie den folgenden Abend.
»Also, ich werde mich so ab zehn in der Nähe eures Treffpunkts aufhalten. Du kannst ganz sicher sein, daß ich dich immer im Auge behalten
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