Das achte Opfer
Nadine Neuhaus setzte sich seitlich von Dreekmann auf die Couch.
»Ich will es kurz machen, Frau Neuhaus, aber wie ich Ihnen bereits mitteilte, bin oder war ich der Vermögensverwalter Ihres verstorbenen Mannes. Ich habe ein Testament vorliegen, in dem Ihr Mann Sie im Falle seines vorzeitigen Ablebens als Alleinerbin einsetzt. Da Ihr Mann laut eigener Aussage keine Verwandten hat, fällt somit sein gesamtesVermögen an Sie.« Dreekmann nahm das Glas in die Hand und trank einen Schluck, stellte es wieder zurück.
»Was heißt das konkret?« fragte Nadine neugierig.
»Sie wollen Zahlen, das kann ich verstehen. Nun, ich weiß nicht, inwieweit Sie über das Vermögen und die Geschäfte Ihres Mannes unterrichtet sind . . .«
»Überhaupt nicht, um ehrlich zu sein. Er war in diesen Dingen mir gegenüber sehr verschwiegen.«
»Gut, dann werde ich Ihnen jetzt ein paar Daten geben. Zum Zeitpunkt seines Todes betrug das auf diverse Banken verteilte liquide Guthaben 53,7 Millionen Mark. Dazu kommen Aktien und Wertpapiere in einem Gesamtwert von knapp dreißig Millionen . . .«
»Moment, Moment«, unterbrach ihn Nadine Neuhaus und schloß für einen Moment die Augen. »Da kann einem ja direkt schwindlig werden. Ich hatte keine Ahnung, wie reich er war. Es ist beinahe unglaublich.«
»Ja«, sagte Dreekmann milde lächelnd, »das kann ich mir vorstellen. Aber es kommt noch besser – die Firma Ihres Mannes geht auch in Ihre Hände über, genau wie die diversen Häuser, die ihm persönlich gehörten.«
»Wie viele Häuser?«
»Moment, hier hab ich’s – er besaß genau sechsundzwanzig Häuser, die meisten davon im Rhein-Main-Gebiet.«
»Er hat nie etwas davon erwähnt. Was sind das für Häuser? Villen, Mietshäuser, Bürogebäude?«
Dreekmann holte tief Luft, trank sein Glas leer und hielt es in der Hand. Er sah Nadine Neuhaus an, seufzte kurz auf, sagte dann. »Nun, es handelt sich um sechs Mietshäuser in Sachsenhausen, vier Bürogebäude in der Innenstadt und«, er hielt kurz inne, »sechzehn verpachtete Gebäude.«
»Das hört sich gut an«, sagte Nadine. »Und diese sechzehn Gebäude?«
»Nun, wie soll ich es erklären. Ich weiß ja nicht, inwieweit Sie in die Geschäfte Ihres Mannes eingeweiht sind . . .«
»Überhaupt nicht«, sagte Nadine Neuhaus.
»Also gut. Bei den sechzehn Gebäuden handelt es sich um Bordelle. Acht davon befinden sich in Frankfurt, im Bahnhofsviertel. Ich weiß, das mag ein Schock für Sie sein, aber das ist nun einmal die Tatsache. Der Gesamtwert aller Immobilien beläuft sich auf etwa hundertzwanzig Millionen Mark. Sie sind eine reiche Frau, die sich um ihre finanzielle Zukunft keine Sorgen mehr zu machen braucht.«
Nadine Neuhaus lachte ungläubig auf. »Bordelle! Das heißt also, ich bin somit Besitzerin von sogenannten Puffs?!«
»Nicht Besitzerin, Eigentümerin. Sie können damit machen, was Sie wollen. Kein Mensch zwingt Sie, diese Immobilien zu behalten. Sie können Sie auch abstoßen, und ich garantiere Ihnen, Sie werden in Null komma nichts Abnehmer finden. Der Markt gerade auf diesem Gebiet boomt wie nie zuvor. Ich könnte Ihnen helfen, diese Häuser loszuwerden, natürlich nur, wenn Sie wollen.«
»Da können Sie aber ganz sicher sein. Mit solchen Häusern will ich nichts zu tun haben. Niemals!«
»Gut, dann werde ich mich, Ihr Einverständnis vorausgesetzt, darum kümmern, so schnell wie möglich Käufer aufzutreiben. Ich werde mich mit der Geschäftsleitung von Immobilien Neuhaus in Verbindung setzen und von dort aus alles weitere regeln lassen.«
»Danke schön. Und was die Firma meines Mannes betrifft, ich habe keine Ahnung von Immobiliengeschäften.«
»Die brauchen Sie auch nicht zu haben, denn es wird alles ganz normal weiterlaufen. Doch da Sie die Eigentümerin sind, werden Sie jährlich eine nicht unbeträchtliche Summe verdienen, ohne auch nur einmal das Büro betreten zumüssen. Sie sehen, es ist für alles gesorgt. Sie sind eine reiche, freie Frau.«
»Tja, ich schätze, ich muß das alles erst einmal verdauen. Möchten Sie noch ein Glas Wasser?«
»Nein, danke«, sagte Dreekmann lächelnd, »ich muß noch zu zwei Klienten, und es wird Zeit für mich zu gehen. Ich lasse Ihnen jetzt eine vorläufige Liste da, aus der Sie noch einmal in aller Ruhe ersehen können, was alles ab sofort Ihnen gehört. Eine genaue Aufstellung werde ich Ihnen in den nächsten Tagen zukommen lassen. Haben Sie noch irgendwelche Fragen?«
»Nein, nein, ich habe keine Fragen, ich
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