Das achte Opfer
weitere Procedere aussieht. Ich will aber nicht die Pferde scheu machen, bevor ich nicht handfeste Beweise habe. Das verstehst du doch hoffentlich?«
»Natürlich«, erwiderte Judith, immer noch lächelnd. Die Kellnerin kam mit der Bestellung. Nach einer Weile sagte Judith: »Hast du heute abend Zeit?«
Cicero schien einen Moment zu überlegen, schließlich nickte er. »Ich habe zwar noch drei Termine heute nachmittag beziehungsweise abend, aber den für heute abend könnte ich unter Umständen verschieben, er ist nicht so dringend. Wann?«
»Um acht?«
»Und wo?«
»In meiner Wohnung. Du weißt doch, wo ich wohne, oder?«
»Ja, sicher.«
»Ich habe auch einen guten Wein. Ich hoffe, du weißt guten Wein zu schätzen?« sagte sie lächelnd.
»Ich denke schon«, erwiderte er ebenfalls lächelnd.
»Ich bewundere deine Arbeit«, sagte sie, während sie ein Stück von ihrer Obsttorte auf die Gabel nahm. »Wirklich. Du hast der Organisation in den letzten Jahren eine Menge guter Dienste geleistet. Wenn nur jeder deine Einstellung hätte.«
»Ach, komm«, sagte er und tat verlegen, »du solltest mein Engagement nicht überbewerten. Es steckt eine ganze Portion Eigennutz dahinter . . .«
»Wie bei jedem von uns«, antwortete sie lakonisch, bevor sie die Gabel zum Mund führte. »Meinst du, wir kriegen diesen Mistkerl?«
»Wenn die Polizei schon unfähig ist, dann werden wir ihn uns schnappen«, sagte er mit einem entschiedenen Tonfall in der Stimme. »Das Material, das ich zusammengetragenhabe, ist auf jeden Fall ziemlich brisant. Und wenn von den fünf Namen, die ich hier in meinem Koffer habe, der eine dabei ist, dann gnade ihm Gott. Es geht nicht an, daß unsere besten Leute einer nach dem anderen einfach so beseitigt werden . . . Was weiß übrigens die Polizei? Haben die schon eine wenigstens annähernd heiße Spur?«
»Nein, die tappen völlig im dunkeln. Und es sieht auch nicht so aus, als würden die in absehbarer Zeit einen brauchbaren Hinweis auf den Täter bekommen. Und das wäre mir auch recht so, denn ich würde lieber den Kerl selber in die Finger kriegen.«
»In Ordnung«, sagte Cicero und blickte zur Uhr. »Mein nächster Termin ist in einer guten halben Stunde. Wir sehen uns dann heute abend und sprechen in aller Ruhe über gewisse Details der Personen, die ich beziehungsweise ein enger Vertrauter von mir unter die Lupe genommen haben.«
»Was für ein Vertrauter?« fragte Judith mißtrauisch.
»Keine Sorge, ein absolut zuverlässiger Typ. Er hat mir nur geholfen, und ich habe ihm ein paar Mark zugesteckt. Er weiß nicht, worum es geht. Du brauchst dir keine Gedanken zu machen, ich kenne den Mann schon seit meiner Studienzeit.«
»Wir dürfen kein Risiko eingehen . . .«
»Wir gehen kein Risiko ein«, beschwichtigte Cicero die ihm gegenübersitzende Frau. »So, jetzt muß ich aber gehen. Ich werde pünktlich um acht bei dir sein.«
»Soll ich uns eine Kleinigkeit zu essen machen?« fragte sie, während er aufstand und seinen Koffer nahm.
Er schürzte die Lippen, überlegte einen Moment, sagte dann: »Auf die Idee wäre ich zwar nicht gekommen, aber wenn es dir nichts ausmacht . . . Wir sehen uns dann.« Er verließ das Café, begab sich zu seinem Wagen, setzte sich in die Ledersitze und fuhr los. Er lächelte.
Donnerstag, 15.45 Uhr
Nadine Neuhaus war kurz eingenickt, als es klingelte. Sie schreckte hoch, sah zur Uhr, sie fühlte sich leicht gerädert. Das Hausmädchen hatte die Tür geöffnet und den großgewachsenen, gutaussehenden Mann eintreten lassen. Er trug einen teuren, dunkelblauen Designeranzug, ein blau-weiß gestreiftes Hemd und eine dezent gemusterte, rote Krawatte. »Dreekmann, wir haben einen Termin«, sagte er mit sonorer Stimme und reichte Nadine Neuhaus die Hand.
»Entschuldigen Sie bitte«, sagte Nadine und lächelte verlegen, »aber ich habe letzte Nacht nur wenig geschlafen und bin eben etwas eingenickt. Nehmen Sie doch bitte Platz.«
Dreekmann setzte sich auf einen Sessel und legte den Aktenkoffer auf den Tisch. Er ließ die Schlösser aufschnappen und holte einige Dokumente heraus.
»Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?« fragte Nadine, bevor sie sich setzte.
»Wenn Sie vielleicht ein Glas Wasser hätten? Das Mittagessen war heute wohl etwas zu schwer und . . .«
»Natürlich bekommen Sie ein Glas Wasser.« Sie rief nach dem Hausmädchen, bat es, Dr. Dreekmann ein Glas Wasser zu bringen. Kurz darauf kehrte es zurück, stellte das Glas auf den Tisch.
Weitere Kostenlose Bücher