Das achte Opfer
dumme Gerüchte verbreiten, dachte ich mir, daß wir uns vorläufig in einem Hotel einmieten, bis wir etwas Geeignetes gefunden haben.Und ich denke, Immobilien Neuhaus wird schnell das Passende für uns haben.«
»Es kommt alles so plötzlich, so unerwartet. Noch vor kurzem habe ich gedacht, ich müßte den Rest meines Lebens in dieser stinkigen Bude zubringen, in der ich wohne.«
»Also bist du einverstanden mit meinem Vorschlag?« fragte Nadine und kuschelte sich wieder an Hellmer.
»Was bleibt mir anderes übrig? Ich liebe dich und bin sogar bereit, mein Leben mit einer Frau zu teilen, die nicht nur umwerfend aussieht, sondern auch noch eine Menge Kohle hat. Das ist ein ganz schönes Opfer für mich«, sagte er grinsend.
»Und du liebst mich wirklich immer noch, trotz all meiner Launen und Schwächen? Auch wenn ich manchmal ganz schön anstrengend sein kann?«
Hellmer drehte sich zu ihr hin, nahm ihren Kopf in seine Hände und küßte sie. »Ich liebe deine Launen und Schwächen, das habe ich dir immer schon gesagt. Es ist einfach alles anders mit dir. Und diesmal machen wir es richtig.«
»Bleibst du heute nacht wieder hier?« fragte sie.
»Nur wenn du wirklich willst«, erwiderte er.
»Blödmann! Natürlich will ich das. Vielleicht fängt jetzt das Leben erst richtig für uns an. Die Voraussetzungen dafür sind jedenfalls ideal. Deine Frau . . .«
»Sprich nicht von ihr«, bat Hellmer. »Es ist ein abgeschlossenes Kapitel. Es ist Vergangenheit. Sie hat ihr Glück gefunden, wie es scheint. Nur würde ich gern die Kinder öfter sehen. Aber sie kennt alle Tricks und Kniffe, sie mir vorzuenthalten. Dreimal habe ich sie in diesem Jahr gesehen. Ich glaube fast, sie kennen mich gar nicht mehr. Irgend jemand anderes ist jetzt ihr Vater, aber meine Exfrau heiratet natürlich nicht, sie müßte ja dann auf ihren Unterhalt verzichten.«
»Komm, laß uns von etwas anderem reden. Ich habe mich lange genug über sie geärgert. Ich kann mir nicht vorstellen, daß sie glücklich ist.«
»Manche Menschen sind offensichtlich erst dann glücklich, wenn sie anderen weh tun können. Und sie hat mir weh getan. Sie hat so viel Gift verspritzt . . .«
Nadine erhob sich und sagte: »Du hast ihr aber auch weh getan. Wenn Frauen hassen, dann tun sie es richtig. Aber jetzt Schluß damit. Ich will heute abend einfach nur glücklich sein. So, wie nur wir glücklich sein können. Denk nicht mehr an die Vergangenheit, laß sie einfach ruhen. Es wird der Tag kommen, an dem auch deine Augen wieder strahlen. Zumindest werde ich mich bemühen, sie zum Strahlen zu bringen. Und jetzt fahren wir in ein nettes, kleines Restaurant, wo es sehr gemütlich ist. Und danach . . . Komm, alter Mann, steh auf. Wir fangen heute an zu leben. Es wird Zeit dafür.«
Donnerstag, 19.00 Uhr
Er hatte geduscht, einen Cognac getrunken und eine Scheibe Brot mit Käse gegessen. Seine Frau saß, wie meist, in ihrem Sessel und starrte auf den Fernsehapparat, ohne wahrzunehmen, was gerade lief. Anna hatte die Küche aufgeräumt und kam ins Wohnzimmer und setzte sich auf die Couch, wo sie, sollte es bei ihm wieder spät werden, wahrscheinlich einschlafen würde.
»Anna, ich habe noch einen wichtigen Termin um acht. Ich weiß nicht, wie lange er dauern wird, aber es könnte durchaus zehn oder elf werden. Es tut mir leid, Sie in letzter Zeit so sehr in Anspruch nehmen zu müssen, aber ab nächster Woche wird sich das ändern.«
»Schon gut, ich bin gern für Ihre Frau da«, sagte sie milde lächelnd.
»Ich weiß, und ich glaube, sie spürt das auch. Sie sind wohl das, was man landläufig eine Perle nennt. Habe ich Ihnen das schon jemals richtig gedankt? Ich glaube nicht. Dann wird es, denke ich, höchste Zeit. Ich muß jetzt aber fahren, sonst komme ich zu spät zu meinem Termin.«
Er nahm seine Jacke von der Garderobe, zog sie über, ging in sein Büro, holte den Aktenkoffer und verließ das Haus, nicht ohne vorher seiner Frau einen Kuß zu geben und ihr durchs Haar zu streichen. Er stieg in den Jaguar, legte Debussy ein und fuhr durch das Tor Richtung Kelkheim. Er hatte alle Utensilien dabei, die er benötigte, um seine Aufgabe zu erledigen. Es hatte am Nachmittag ein heftiges Gewitter gegeben, es regnete noch immer, die Temperatur betrug dennoch über zwanzig Grad. Der Wind war böig und peitschte den Regen gegen die Windschutzscheibe. Auf den Straßen herrschte wenig Verkehr, er brauchte nicht einmal eine halbe Stunde, bis er seinen Wagen in einer
Weitere Kostenlose Bücher