Das achte Opfer
Schreibtisch nachsehen; wir würden dort einen Laptop finden, auf dem höchst brisante Informationengespeichert sind. Zumindest dieser Spur sollten wir nachgehen«, sagte die Kommissarin. »Er hat mir sogar das Paßwort genannt. Ich warte, bis Hellmer kommt, dann fahre ich mit ihm hin.« Sie setzte sich, zündete sich eine Gauloise an. »Sonst war die Nacht ruhig?«
Berger zuckte mit den Schultern. »Ich habe nichts Gegenteiliges gehört.«
Hellmer kam um kurz nach acht. Julia Durant sagte: »Du brauchst dich gar nicht erst zu setzen, wir fahren gleich los zum Büro von Staatsanwalt Anders. Er wird seit gestern vermißt. Wir werden uns mal in seinem Schreibtisch nach einem Laptop umsehen. Und sollten wir zufällig unserer werten Oberstaatsanwältin über den Weg laufen . . . Na, ich denke, sie weiß längst, daß er vermißt wird.«
Als sie im Auto saßen und aus dem Präsidiumshof herausfuhren, fragte die Kommissarin: »Und, wie war die Nacht?«
»Ich weiß nicht, wovon du sprichst«, sagte Hellmer, konnte sich aber ein Grinsen nicht verkneifen. »Aber wenn du’s genau wissen willst, ich hatte eine gute Nacht.«
»Wirst du mit dieser Nadine wieder zusammenkommen?«
»Wie es aussieht, ja. Wenn mir das einer vor zwei Wochen prophezeit hätte, ich hätte ihn nur ausgelacht. Und jetzt mit einem Mal . . . Ich kann es noch gar nicht richtig begreifen. Ich habe nur ein Problem . . .« Er hielt inne, holte eine Marlboro aus seiner Hemdtasche und zündete sie an.
»Und das wäre?« fragte die Kommissarin.
»Nadine hat gestern erfahren, wieviel sie erbt. Es ist einfach Wahnsinn. Aber sie will, daß wir zusammenziehen.«
»Du hast ein Problem damit, daß sie reich ist? Freu dich doch, so kommst du wenigstens aus deiner Bruchbude raus.«
»Ja, ich freu mich ja auch, nur, es kommt alles so plötzlich. Und ich habe ein Problem damit, daß sie . . .«
»Daß sie Geld hat und du meinst, von ihr abhängig zu sein.
Aber wenn ihr euch liebt, ist es doch egal, wer wieviel hat, oder? Ich an deiner Stelle würde es als ein Geschenk des Himmels betrachten. Fang an, positiv zu denken. Und tu mir einen Gefallen, laß endlich die Vergangenheit ruhen.«
»Genau das gleiche hat Nadine auch gesagt. Ich werde mir alle Mühe geben.«
Freitag, 8.30 Uhr
Die Sekretärin von Staatsanwalt Anders saß hinter ihrem Schreibtisch und blätterte in einer Akte. Sie blickte auf, als die Kommissarin und Hellmer plötzlich vor ihr standen. Sie war noch jung, höchstens achtundzwanzig, hatte kurzes, blondes Haar, grüne Augen und eine sportliche, fast knabenhafte Figur.
»Ja, bitte?« fragte sie.
»Wir kommen von der Kripo, mein Name ist Durant, und das ist mein Kollege Hellmer. Wir hörten, daß Staatsanwalt Anders seit gestern vermißt wird. Wir würden uns gern kurz in seinem Büro umsehen.«
»Ja, das ist seltsam, aber ich habe ihn seit vorgestern abend nicht mehr gesehen. Und normalerweise sagt er Bescheid, wenn er außer Haus ist oder nicht kommt. Ich verstehe das nicht.«
»Dürften wir jetzt bitte in sein Büro?« fragte Julia Durant.
»Ich weiß nicht, ob ich die Befugnis dazu habe«, sagte sie mit einem bedauernden Lächeln. »Eigentlich müßte Frau Doktor Schweiger ihre Zustimmung geben.«
»Dann holen Sie sie.«
»Tja, sie ist leider noch nicht da«, erwiderte die junge Dame schulterzuckend.
»Wann kommt sie denn in der Regel?« fragte Hellmer ungeduldig.
»Nun, normalerweise ist sie meist schon vor mir da, und ich komme immer um halb acht. Ich wundere mich auch, wo sie bleibt. Ihre Sekretärin war gerade bei mir und hat mich gefragt, ob Frau Doktor Schweiger mir etwas gesagt habe, ob sie heute später oder gar nicht kommt. Sie hat nämlich um zehn einen wichtigen Termin.«
Die Kommissarin sah Hellmer von der Seite an, ihr Blick war ernst. Er nickte nur sagte: »Dann müssen wir auch ohne die Zustimmung von Frau Doktor Schweiger das Büro Ihres Chefs sehen. Wir übernehmen die Verantwortung.«
Die junge Frau stand auf, kam hinter ihrem Schreibtisch hervor und blieb vor den beiden Beamten stehen. »Aber ich tue es nur, weil Sie darauf bestanden haben«, sagte sie. Sie öffnete die Tür. »Wonach suchen Sie eigentlich?« fragte sie.
»Nach einem Hinweis. Wir wären Ihnen dankbar, wenn Sie uns jetzt allein ließen.« Julia Durant setzte sich auf den schwarzen Sessel hinter dem Schreibtisch und zog eine Schublade nach der anderen heraus. In ihnen befanden sich nichts als Papiere und Akten und eine noch halbvolle Flasche
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