Das achte Opfer
Und es scheint, als habe sie vor ihrem Ableben noch Geschlechtsverkehr gehabt. Es gibt Spermaspuren im Analbereich.Mehr kann ich jetzt nicht sagen, den Rest müssen Ihre Leute von der Gerichtsmedizin herausfinden. Hier«, sagte er, nachdem er den Totenschein ausgefüllt hatte, »den brauchen Sie ja wohl. Ich verabschiede mich dann jetzt, denn eigentlich habe ich um diese Zeit Sprechstunde. Auf Wiedersehen.«
Nacheinander trafen die Spurensicherung, der Fotograf und die Männer vom Bestattungsinstitut ein.
»Ihr werdet eine Menge zu tun haben«, sagte Hellmer grinsend zu den Beamten der Spurensicherung. »Und ich möchte wetten, diesmal findet ihr auch etwas.«
»Ha, ha«, erwiderte der eine mit säuerlicher Miene. »Wie es aussieht, werden wir den ganzen Tag hier zubringen müssen. Scheißarbeit.«
»Gut, dann macht mal eure Scheißarbeit, aber macht sie richtig. Und ihr wißt, wir brauchen die Ergebnisse so schnell wie möglich.«
»Ihr werdet die Ergebnisse schon rechtzeitig bekommen. Aber vor morgen ist nichts drin.«
»Morgen früh um acht sind wir im Büro, auch wenn Samstag ist. Das Wichtigste sind im Augenblick Fingerabdrücke. Vielleicht will es ja der Zufall, daß der Kerl welche dagelassen hat und wir sie in der Kartei finden.«
Julia Durant stieß Hellmer leicht in die Seite. Sie sagte leise: »Das glaubst du doch wohl selber nicht. Ich bin sicher, daß seine Fingerabdrücke überall hier in der Wohnung sind, aber er wird nicht registriert sein. Komm, laß uns gehen und Frau Anders einen Besuch abstatten. Für uns gibt es hier nichts mehr zu tun.«
Freitag, 11.10 Uhr
Von Kelkheim bis nach Hattersheim waren es zwanzig Minuten. Auf dem Weg dorthin rief Berger an.
»Berger hier. Wie ist es bei der Schweiger gelaufen?« wollte er wissen.
»Das übliche. Nur daß ihr nicht die Augen ausgestochen worden sind. Aber wie es aussieht, hat sie mit ihrem Mörder vorher noch gegessen und danach mit ihm geschlafen. Er hat sich diesmal nicht die Mühe gemacht, eventuell verräterische Spuren zu beseitigen. Woraus ich schließe, daß es auf das Ende zugeht.«
»Was meinen Sie damit?«
»Nun, ich denke, er hat die Personen beseitigt, die in seinen Augen kein Recht zu leben mehr hatten. Er hat ja auch geschrieben, nach dem letzten Mord würden wir wissen, wer er ist.«
»Tja, liebe Kollegin, dann hören Sie sich mal an, was ich Ihnen jetzt vorlese. Es kam nämlich eben noch ein Brief von ihm.
›Dann bestrafe ich den Erdkreis für seine Verbrechen und die Bösen für ihre Vergehen. Dem Hochmut der Stolzen mache ich ein Ende und werfe die hochmütigen Tyrannen zu Boden.‹«
»Scheiße!« entfuhr es der Kommissarin. »Das heißt wohl, es wird noch ein nächstes Opfer geben.«
»Wo sind Sie gerade?« fragte Berger.
»Auf dem Weg zu Anders’ Frau . . .«
»Sein Wagen ist gefunden worden«, wurde sie von Berger unterbrochen. »Leer. Auch keine Anzeichen für Gewaltanwendung.«
»Und wo?«
»In der Nähe des Griesheimer Bahnhofs. Wir werden denWagen untersuchen lassen. Was werden Sie seiner Frau sagen?«
»Die Wahrheit, was sonst. Auch wenn es schwerfällt.«
»Danach kommen Sie gleich ins Präsidium?« fragte Berger. »Natürlich. Wir werden eine Kleinigkeit essen und so gegen halb zwei, zwei im Büro sein.« Sie erzählte Hellmer kurz von dem Telefonat und dem Schreiben, worauf dieser nur mit einem Schulterzucken reagierte.
Anders bewohnte ein Reihenhaus im Tucholskyweg in einer ruhigen Wohngegend in einem Vorort von Hattersheim. Hellmer und Durant stiegen aus und gingen mit langsamen Schritten auf das Haus zu, dessen liebevoll angelegter, gepflegter Vorgarten sich von den anderen Vorgärten, von denen viele von Unkraut überwuchert waren, auf angenehme Weise unterschied. Sie gingen drei Stufen hoch, klingelten. Ein kleines, rothaariges Mädchen von vielleicht vier oder fünf Jahren, das Gesicht von Sommersprossen übersät, öffnete die Tür.
»Maria«, rief eine Frauenstimme aus dem Haus, »wer ist da?«
»Weiß nicht, ein Mann und eine Frau.«
»Ich komme.«
Hellmer und die Kommissarin hörten Schritte näher kommen, dann stand Frau Anders vor ihnen. Auf Hellmer wirkte sie irgendwie wie ihr Vorgarten, sauber und gepflegt, ihre Stimme hatte etwas Sanftes, ihre grünen Augen blickten etwas mißtrauisch.
»Frau Anders?«
»Ja.«
»Mein Name ist Hellmer von der Kripo Frankfurt, und das ist meine Kollegin, Hauptkommissarin Durant. Dürfen wir bitte eintreten?«
»Geht es um meinen Mann?«
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