Das achte Opfer
gefunden?«
»Eine junge Frau von der Putzkolonne. Sie hat fast einen Nervenzusammenbruch erlitten.«
»Und wann?«
»Etwa Viertel nach sieben.«
»War er außer den Leuten von der Putzkolonne der einzige auf dieser Etage?«
»Wie es aussieht, ja. In der Computerabteilung arbeiten noch ein paar Angestellte, aber die befindet sich im Keller. Ansonsten hält sich, so wurde mir gesagt, in der Regel ab achtzehn Uhr kein Angestellter mehr im Gebäude auf. Aber ich habe noch nicht viel fragen können, ich bin auch erst seit einer Viertelstunde hier.«
»Schon gut. Dann werd ich mir mal seinen Schreibtisch anschauen, auch wenn ich nicht glaube, daß ich etwas Brauchbares finden werde. Vielleicht kannst du in der Zwischenzeit schon mal die Leute draußen befragen.«
Hellmer begab sich auf den Flur, wo sechs Bedienstete des Reinigungsunternehmens standen oder auf dem Boden saßen. Die junge Frau, die Dr. Matthäus gefunden hatte, saß hemmungslos weinend zwischen zwei anderen Frauen, die vergeblich versuchten, sie zu trösten. Die Männer von der Spurensicherung und der Polizeifotograf trafen zeitgleich mit dem Arzt und den beiden Männern vom Bestattungsinstitut ein. Hellmer nickte ihnen zu und wandte sich dann an die junge Frau.
»Kann ich kurz mit Ihnen sprechen?« fragte Hellmer. Die junge Frau blickte mit vom Weinen roten Augen zu ihm auf, sie nickte schweigend.
»Wann genau haben Sie Doktor Matthäus gefunden?«
»So gegen sieben oder kurz danach«, sagte sie schluchzend. »Haben Sie irgend etwas in dem Raum angefaßt? Oder einer Ihrer Kollegen oder Kolleginnen?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Haben Sie irgend jemand Fremdes bemerkt, als Sie auf diesem Stockwerk mit Ihrer Arbeit begonnen haben?«
»Nein.«
»Wann genau haben Sie mit der Reinigung des Gebäudes angefangen?«
Ein Mann mittleren Alters, etwa fünfundvierzig Jahre alt, klein, blond, unauffällig, kam auf Hellmer zu. »Ich bin der Vorarbeiter. Kann ich Ihnen helfen?«
»Vielleicht. Sagen Sie, wann fängt Ihre Arbeit hier an?«
»Wir beginnen jeden Tag um sechs. Wir sind insgesamt achtzehn Personen und arbeiten uns Stockwerk für Stockwerk nach oben. In der Regel braucht jede Kolonne für ein Stockwerk zwanzig bis fünfundzwanzig Minuten, das heißt, wir haben auf dieser Etage gegen sieben unsere Arbeit aufgenommen. Jeder von uns kennt seine Zimmer bzw. Aufgaben, und es braucht nicht vieler Anweisungen. Das Büro von Dr. Matthäus gehört zu den letzten Zimmern, die wir reinigen.«
»Ist Ihnen heute eine fremde Person aufgefallen?«
»Nein. Die meisten Mitarbeiter der Bank verlassen das Gebäude zwischen halb fünf und halb sechs. Die Ausnahme ist natürlich Donnerstag, wenn die Schalterräume bis Viertel vor sechs geöffnet sind.«
»Ist Doktor Matthäus vielleicht des öfteren länger in seinem Büro geblieben?«
»Ich habe ihn in den zwölf Jahren, die ich jetzt hier Dienst tue, nur ein einziges Mal zu Gesicht bekommen; ansonsten kann ich mich nicht erinnern, ihn je gesehen zu haben. Und von den andern unserer Kolonne sind vier auch schon länger als fünf Jahre dabei. Nur Maria, die junge Frau, die ihn gefunden hat, arbeitet erst seit knapp einem halben Jahr bei uns.«
»Das heißt dann also, daß, sagen wir in der Zeit zwischenhalb sechs und sieben, sich außer Doktor Matthäus keiner auf dieser Etage aufgehalten hat?«
»Wahrscheinlich. Na ja, sein Mörder wohl.«
»Danke. Das war’s fürs erste. Ich möchte Sie aber bitten, noch einen Moment hierzubleiben, es könnte sein, daß meine Kollegin, Hauptkommissarin Durant, noch Fragen hat.«
»Geht in Ordnung.«
Julia Durant saß hinter dem Schreibtisch und blätterte in einem Terminkalender. Sie sagte, als Hellmer das Büro betrat: »Die Seite von heute fehlt. Ebenso die vom achten Mai und noch zwei andere. Wer immer ihn umgebracht hat, er oder sie hat ganze Arbeit geleistet. Wie lange ist er tot?« fragte sie den Arzt, der damit beschäftigt war, die Leiche zu untersuchen. »Mindestens drei bis dreieinhalb Stunden. Auf jeden Fall noch nicht allzulange, denn die Körpertemperatur liegt bei einer Raumtemperatur von zwanzig Grad noch immer bei dreiunddreißigeinhalb Grad Celsius . . .«
»Moment«, unterbrach ihn Julia Durant mit zu Schlitzen verengten Augen, »drei bis dreieinhalb Stunden, sagen Sie? Sind Sie da ganz sicher?«
»Sagen wir, ich bin zu neunundneunzig Prozent sicher. Aber Genaues wird erst die Autopsie ergeben. Ich schlage vor, Sie lassen ihn gleich in die
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