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Das achte Opfer

Das achte Opfer

Titel: Das achte Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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aber damit würden wir den Falschen anklagen. Korruption ist ein Machtfaktor, und die Mächtigen scheißen uns auf den Kopf. Hier wird bestochen, da wird Geld genommen, so einfach ist das heute. Geld stinkt schon lange nicht mehr.«
    »Das hört sich an, als würden Sie das alles als quasi selbstverständlich hinnehmen . . .«
    »Die Zeiten, liebe Kollegin, haben sich geändert, leider. Die Realität von vor zwanzig oder dreißig Jahren existiert nicht mehr. Heute haben wir eine andere Realität . . . Und was morgen sein wird – wer weiß das schon? Ich weiß nur eines. Ich bin fünfundfünfzig, ich werde in nicht einmal mehr vier Jahren in den Ruhestand gehen, und ich will und werde mir diese letzten Jahre bei der Polizei nicht durch unnötigen Ärger erschweren . . . Sie sind noch jung und dynamisch, vielleicht können Sie etwas bewegen, ich bin einfach zu alt dafür.«
    Er blickte auf, als plötzlich an die Milchglasscheibe der Tür geklopft wurde. Julia Durant ging hin und schaute hinaus. Zwei junge Frauen standen da, baten, in das Zimmer von Schnell gelassen zu werden, wurden jedoch von zwei uniformierten Beamten zurückgehalten.
    »Was wollen die Frauen?« fragte Julia Durant.
    »Wir möchten mit Ihnen reden!« sagte die eine leise, fast flüsternd. »Bitte, nur reden.«
    »Sie können auf einmal ganz gut Deutsch«, sagte die Kommissarin. »Ist es etwas Wichtiges?« fragte sie kühl.
    »Es ist sehr wichtig. Es geht um unser Leben. Aber wir müssen mit Ihnen allein reden. Bitte!« flehte die eine der beiden, eine mittelgroße, schlanke, etwa fünfundzwanzig Jahre alte Frau mit langen blonden Haaren und einem ausgesprochen markanten Gesicht, in dem das Auffälligste die großen, ozeanblauen Augen waren. Sie hatte volle, sanft geschwungene Lippen, feingliedrige Hände mit langen, schmalen Fingern und einen vollen, straffen Busen. Die andere war einen halben Kopf größer, ebenfalls blond und schlank, mit langen, wohlgeformten Beinen.
    »Kommen Sie herein«, sagte Julia Durant. Die beiden Frauentraten ein, warfen Schnell einen undefinierbaren, fast ängstlichen Blick zu.
    »Können wir mit Ihnen allein sprechen? Ich meine, mit Ihnen ganz allein? Wir würden lieber mit einer Frau sprechen.«
    »Geht das in Ordnung?« fragte die Kommissarin, an Schnell gewandt. Er nickte. »Gehen Sie in den Nebenraum, dort sind Sie ungestört. Sie können auch ruhig die Tür zumachen.«
    Julia Durant zündete sich eine Gauloise an, sah die Blicke der beiden Frauen, hielt ihnen die Schachtel hin. Sie nahmen jede eine, rauchten in hastigen Zügen.
    »Also, warum wollen Sie mit mir sprechen?«
    »Sie müssen uns versprechen, mit keinem Menschen darüber zu reden«, bat die eine. »Wenn Sie es doch tun, werden wir nicht mehr lange am Leben sein.«
    »Soweit es sich nicht um die Vertuschung einer Straftat handelt, verspreche ich es. Aber sagen Sie mir doch bitte erst einmal Ihre Namen.«
    »Ich bin Natascha«, sagte die hübsche Blondine und schlug die langen, schlanken Beine übereinander.
    »Und ich heiße Tatjana.«
    »Wo kommen Sie her?«
    »Aus Lettland.«
    »Und seit wann sind Sie in Deutschland?«
    »Seit einem guten Jahr.«
    »Und wie sind Sie hergekommen?«
    »Über Polen.«
    »Wie alt sind Sie?«
    »Ich bin dreißig, Tatjana achtundzwanzig.«
    »Hätte ich nicht gedacht, Sie sehen viel jünger aus. Was sind Sie von Beruf, ich meine, was haben Sie gelernt? Sie sprechen beide nahezu perfekt Deutsch.«
    »Danke«, sagte Natascha etwas verlegen, »aber ich habe Deutsch und Englisch studiert. Außerdem waren meine Großeltern Deutsche, und sie und meine Eltern haben zu Hause auf dem Hof meist deutsch gesprochen.« Sie nahm einen letzten Zug an der Zigarette, die sie im Aschenbecher ausdrückte. »Ich habe sogar schon ein Jahr an einem Gymnasium unterrichtet.«
    »Und Sie, Tatjana?«
    »Ich bin Ärztin, genaugenommen Gynäkologin«, sagte sie und blickte verschämt zu Boden.
    »Und dann machen Sie diese Arbeit?«
    »Wissen Sie, wieviel man in Lettland als Lehrerin oder als Ärztin verdient? Man kann nicht einmal eine kleine Familie davon ernähren . . .«
    »Und Sie haben gedacht, in Deutschland würde das Geld an den Bäumen hängen!« sagte Julia Durant ironisch und setzte sich hinter den Schreibtisch.
    »Wir haben zumindest gedacht, daß wir hier leichter etwas mehr Geld verdienen könnten. Aber wir haben schnell gemerkt, daß es nicht so ist. Wir haben ja nicht einmal mehr Papiere«, sagte sie resignierend. »Sie haben sie uns

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