Das achte Opfer
einige sehr interessante Informationen für uns auf Lager.«
»Was für Informationen?«
»Das wollen sie mir am Montag sagen.«
»Sie könnten die Frauen in Gefahr gebracht haben . . .«
»Das weiß ich, und das wissen auch die Frauen. Aber sie sind Mütter, und manchmal können Mütter zu reißenden Bestien werden, wenn es um das Wohl ihrer Kinder geht. Aber es geht hier vor allem darum, einen Sumpf trockenzulegen, von dem wir bisher nicht einmal einen Schimmer haben, wie tief er ist.«
»Dann brauchen wir Ihre Hilfe«, sagte Schnell und trank von seinem kalten Kaffee. »Die Frauen vertrauen Ihnen jetzt.«
»Ich kann nicht zwei Sachen auf einmal machen, tut mir leid. Wie Ihnen bekannt ist, leite ich gerade die Ermittlungen in diesen äußerst bizarren Mordfällen. Ich habe den beiden aber zugesagt, daß sie hier in Frankfurt in Sicherheit gebracht werden. Außerdem sollten Sie sich mit Ihrer Informantin in Verbindung setzen und ein Treffen mit den beiden Frauen arrangieren.«
»Das heißt also, wir brauchen für beide eine gültige Aufenthaltsgenehmigung, eine Wohnung und was so alles dazugehört«, sagte Schnell nachdenklich. Er setzte sich aufrecht hin, streckte sich, gähnte. »Ich bin verdammt müde, es wird Zeit, daß ich aus diesem Präsidium rauskomme. Ich denke aber, es wird nicht schwer sein, den beiden Frauen den nötigen Schutz zu gewähren. Ich werde morgen früh oder, besser gesagt, heute morgen mit einem unserer Staatsanwälte sprechen und alles Nötige veranlassen.«
»Danke«, sagte Julia Durant. »Ich denke, meine Arbeit hier ist fürs erste beendet. Wenn Sie nichts dagegen haben, fahre ich nach Hause und schlaf eine Runde. In ein paar Stunden habe ich schon wieder einen wichtigen Termin. Gute Nacht.«
»Gute Nacht und danke für Ihre Hilfe. Auch wenn die Aktion alles andere als erfolgreich war. Ich nehme an, Details aus Ihrer eben geführten Besprechung erhalte ich in den nächsten Tagen.«
»Ja, spätestens am Montag. Veranlassen Sie bitte, daß sämtliche Frauen und Männer das Präsidium räumen, behalten Sie aber Natascha und Tatjana hier, Gründe dafür werden Ihnen schon einfallen. Irgend jemand soll sich um eine Unterkunft für die beiden kümmern. Und sobald Sie eine gefunden haben, hätte ich gern die Adresse, damit ich mich mit ihnen wieder in Verbindung setzen kann. Und es sollten nur ganz wenige Beamte den Aufenthaltsort der beiden kennen.«
»Schon gut, Hauptkommissarin Durant«, sagte Schnell mit zynischem Unterton. »Es wird alles so gemacht, wie Sie es wünschen.«
Julia Durant trat hinaus auf den Gang, wo noch immer zahlreiche Frauen auf den Bänken saßen oder auf dem Flur standen, unter ihnen Natascha und Tatjana. Sie warf ihnen einen kurzen Blick zu, wandte sich nach links und ging zu ihrem Auto.
Um halb sechs betrat sie ihre Wohnung, zog sich einfach aus und ließ sich aufs Bett fallen. Sie stellte den Wecker auf zehn Uhr. Sie schlief tief und traumlos.
Samstag, 11.00 Uhr
Nach kaum vier Stunden Schlaf machte sich Julia Durant auf den Weg zu Elvira Winzlow. Sie fühlte sich wie gerädert, hatte kaum etwas gegessen, ihr war übel, sie hatte stechende Kopfschmerzen in der linken Schläfe. Sie hatte vor dem Verlassen der Wohnung ein Aspirin genommen und hoffte, die Wirkung würde bald eintreten und zumindest die Kopfschmerzen mit sich nehmen. Sie benötigte eine halbe Stunde, bis sie vor dem Haus von Elvira Winzlow hielt. Sie stieg aus, ließ ihre angerauchte Zigarette auf die Straße fallen, drückte sie mit der Schuhspitze aus. Es hatte in den frühen Morgenstunden angefangen zu regnen, jetzt brach die Sonne wieder durch und erwärmte die Luft. Elvira Winzlow lebte in einer zweistöckigen Villa, mit einem ausgedehnten Garten, der beinahe etwas Parkähnliches hatte, viele Bäume und Büsche, eine riesige Rasenfläche, die sich bis weit hinters Haus erstreckte, und alles gesichert mit modernster Technik.
Julia Durant betätigte den Klingelknopf, wartete einen Moment, bis eine etwa dreißigjährige Frau aus dem Haus trat und auf das Tor zukam. Die Kommissarin schätzte ihre Größe auf knapp einsfünfundsechzig, sie hatte dichtes, gewelltes, rotblondes Haar, das bis über die Schultern fiel, scheinbar porenlose, helle Haut, fast wie Alabaster, grüne Augen und volle Lippen, die an den Seiten einen leichten Bogen nach unten beschrieben, was ihrem sonst hübschen Gesicht einen ernsten, leicht verhärmten Ausdruck verlieh. Sie trug ein lindgrünes Kleid, das etwas
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