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Das achte Opfer

Das achte Opfer

Titel: Das achte Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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wenig Hoffnung, daß sie uns weiterhelfen können. Unser Psychologe hält den Täter für intelligent, aber nicht für einen religiösen Fanatiker.«
    »Nein, hier ist kein religiöser Fanatismus im Spiel. Hier geht es um etwas anderes. Ich habe viele religiöse Fanatiker kennengelernt; die meisten sind unbeherrscht und auf ihre Weise zügellos, wenn du verstehst, was ich meine. Sie sind nicht mehr in der Lage, die Welt und das Leben objektiv zu sehen. Sie lassen sich bisweilen zu Taten hinreißen, die sicher nicht in Gottes Sinn stehen, doch dein Mann oder deine Frau, welches Geschlecht der Täter auch immer haben mag, geht sehr entschlossen und vor allen Dingen gut vorbereitet zur Sache. Er weiß, was er tut.«
    »Okay, das heißt dann, warten auf den nächsten Mord. Scheiße!«
    »Komm, Kind, laß uns den Tisch abräumen und es uns dann im Wohnzimmer gemütlich machen. Und laß uns von anderen Dingen reden. Genieß die wenigen Stunden hier, die nächste Woche wird wieder all deine Kräfte fordern.«
    Sie verbrachten den restlichen Abend bei Kerzenschein und leiser Musik, unterhielten sich über die Vergangenheit und ihr Leben. Um elf Uhr ging Julia Durant zu Bett. Sie schlief bis zum nächsten Morgen um zehn.

Sonntag, 12.30 Uhr
     
    Frank Hellmer war an diesem Sonntag bereits um acht Uhr aufgestanden, hatte gefrühstückt und sich dabei Badewasser einlaufen lassen. Er fühlte sich etwas zittrig, den letzten Schluck hatte er vor mehr als zehn Stunden getrunken. Er stand auf, ging ins Bad, suchte nach dem Valium, das hoffentlich sein Zittern vergehen lassen würde. Er nahm zweimal fünf Milligramm, wartete auf die Wirkung. Nach dem Bad fühlte er sich etwas ruhiger. Er zündetesich eine Marlboro an, stellte sich in Unterwäsche ans offene Fenster und sah hinaus auf die Straße, auf der kaum ein Auto unterwegs war. Er war etwas nervös, wenn er an den Mittag dachte, an das Essen mit Nadine. Ab zehn Uhr wurde er zunehmend unruhiger, schaute ein ums andere Mal zur Uhr, um elf zog er sich eine helle Sommerhose und ein weißes, kurzärmeliges Hemd an, besprühte sich mit etwas Armani-Eau-de-Toilette und kämmte sich noch einmal durchs Haar. Um halb zwölf verließ er die Wohnung, obwohl die Fahrt zu dem Restaurant höchstens eine Viertelstunde dauerte. Er wollte noch ein wenig durch die Stadt gehen, Schaufenster ansehen und warten, daß es endlich halb eins sein würde. Um fünf Minuten vor halb eins stand er vor dem Restaurant. Sie kam pünktlich. Sie fuhr einen metallicblauen BMW Z3, sie trug ein gelbes Sommerkostüm und gelbe Pumps. Die meisten Spuren der Auseinandersetzung mit ihrem Mann waren entweder schon verschwunden oder gut kaschiert, die Schwellung am linken Auge kaum noch sichtbar. Sie parkte ihren Wagen direkt hinter dem von Hellmer, stieg aus, kam auf ihn zu. Sie lächelte, blieb vor ihm stehen, sagte: »Hallo, da bin ich«, und hauchte ihm einen leichten Kuß auf die Wange. »Du siehst gut aus«, fuhr sie fort, »du hast dich wirklich kaum verändert. Und riechen tust du auch nicht schlecht.«
    »Ich kann das Kompliment nur zurückgeben«, erwiderte er. »Gehen wir rein?«
    »Deshalb sind wir doch hier, oder?«
    Sie betraten das Restaurant, wurden freundlich begrüßt. Außer ihnen war nur noch ein älteres Paar anwesend. Sie suchten sich einen ruhigen Tisch am Fenster, wo sie sich ungestört unterhalten konnten. Eine junge Vietnamesin kam, reichte jedem eine Karte, fragte, was sie zu trinken wünschten. Sie bestellten beide je ein Glas Wasser. NadineNeuhaus saß zurückgelehnt, die Beine übereinandergeschlagen, und sah Hellmer mit dem ihr eigenen unergründlichen Blick an. Er erwiderte ihren Blick, zündete sich eine Zigarette an, sagte: »Ich hätte nicht im Traum daran gedacht, jemals wieder mit dir allein essen zu gehen.«
    »Es ist nur ein Essen. Mehr nicht.«
    »Ich weiß, aber wir können doch nachher noch etwas unternehmen, oder?«
    »Ja, ich habe Zeit. Wie wäre es mit dem Palmengarten, dort läuft zur Zeit eine Ausstellung über Insekten. Wie ich gehört habe, soll sie sehr interessant sein. Außerdem war ich lange nicht im Palmengarten. Zuletzt mit dir, und das ist mehr als drei Jahre her.«
    »Ich erinnere mich sehr gut daran«, sagte er. »Ich erinnere mich eigentlich an fast alles sehr gut. Es ist schon seltsam, wie schwer einen die Vergangenheit losläßt.«
    »Komm, laß uns was aussuchen, ich habe Hunger.« Sie studierten die Karte, Hellmer entschied sich für Hühnerfleisch süß-sauer

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