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Das Achtsamkeits Buch

Das Achtsamkeits Buch

Titel: Das Achtsamkeits Buch
Autoren: Halko Weiss , Thomas Dietz
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ging. Die Vorträge beider Konferenzen wurden von Daniel Goleman (1998, 2003) herausgegeben, einem Experten der buddhistischen Psychologie, der durch die Popularisierung der »emotionalen Intelligenz« bekannt wurde.
    In den Diskussionen wurde deutlich, dass ein wesentlicher Baustein zu einem achtsamen und damit konstruktiven Umgang mit Gefühlen deren Akzeptanz ist. Dabei hilft die grundsätzliche Zuwendung zu Gefühlen und deren Entstehung und Funktion. Ihre lebenserhaltende Bedeutung hat sich im Laufe der Evolutionsgeschichte entwickelt und in der persönlichen Biografie bekommen sie ihre individuelle Prägung. Akzeptanz der primären Gefühle verhindert die Entstehung schwieriger sekundärer Gefühle, also jener Gefühle, die ihrerseits durch Gefühle ausgelöst werden. Wenn jemand den Auslöser unddie Geschichte eines Gefühls kennt, gewinnt es für ihn einen Sinn. Er braucht sich beispielsweise nicht zu schämen oder sich schuldig zu fühlen. Akzeptanz, Wertschätzung und die Selbstvalidierung der Gefühle verhindern Prozesse der Selbstentwertung und damit einige Teufelskreise.
    Die Fähigkeit, Gefühle aus der Position des inneren Beobachters wahrzunehmen und detailliert zu beobachten, macht es – wie schon erläutert wurde – möglich, sich nicht mit ihnen zu identifizieren. Man kann in der Beobachtung der sich entwickelnden Auswirkungen verweilen. Auch die langsam wachsende Einsicht in die Wandelhaftigkeit der Gefühle hilft, sie besser zu tolerieren.
    Gefühle wahrzunehmen, ihnen Raum zu geben und zu akzeptieren bedeutet keineswegs, ihre Ursachen oder Auslöser resignativ hinzunehmen. Im Gegenteil: Achtsamkeit hilft, durch frühes Gewahrwerden destruktive Handlungen zu verhindern. Achtsames Innehalten ermöglicht den Kontakt mit sich selbst und seinen Bedürfnissen. Ein angemessener und dadurch konstruktiver Ausdruck dieser Gefühle kann notwendige Veränderungen sogar wahrscheinlicher machen.
     
    Regulation von Gefühlen in der Dialektisch-Behavioralen Therapie
    Gefühle können Menschen so weit beherrschen, dass sie sich selbst verletzen oder sich das Leben nehmen. Die inzwischen weltbekannte Verhaltenstherapeutin Marsha Linehan arbeitete mit Frauen, die Suizidversuche hinter sich hatten. Sie entwickelte ein auf Achtsamkeit beruhendes Gruppenprogramm, in dem die Regulation von Gefühlen einen wesentlichen Baustein darstellt. Den Teilnehmerinnen wird die Funktion von Gefühlen erklärt und mittels Selbstbeobachtung und Gruppen-Diskussionen werden deren Auswirkungen bewusst gemacht. Über das Training von Achtsamkeit lernen die Teilnehmerinnen ihre Gefühle wahrzunehmen. Sie entwickeln die Fertigkeit, Gefühle zu beobachten und immer genauer beschreibenzu können. Dabei wird auch das ausdrückliche Benennen jedes einzelnen Gefühls geübt. Neben der bewussten Zuwendung zu allen gegenwärtigen Gefühlen werden in dem Gruppenprogramm auch ungewohnte positive Gefühle kultiviert. Dazu werden Strategien erarbeitet, die positive Gefühlszustände hervorrufen können. Es wird auch geübt, schmerzliche Gefühle nach ihrer achtsamen Wahrnehmung wieder loszulassen, indem man die Aufmerksamkeit bewusst auf Elemente der positiven Zustände, wie z.B. die Empfindung eines Lächelns im Gesicht, lenkt.
    Exkurs:
     
Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT)
     
Die Dialektisch-Behaviorale Therapie wurde Anfang der 1980er Jahre in den USA von Marsha Linehan zunächst als ein ambulantes Therapieverfahren zur Behandlung von chronisch suizidalen Patientinnen entwickelt. Es wurde bald klar, dass es sich dabei hauptsächlich um Frauen mit Borderline-Störungen handelte. Linehan sieht das zentrale Problem in einer Störung ihrer Emotionsregulation: Sie reagieren sehr schnell emotional, die Reaktion ist intensiv und lang anhaltend und es fällt ihnen überhaupt schwer, Emotionen zu modulieren.
Nachdem sich rein kognitiv-behaviorale Verfahren als wenig wirksam erwiesen, entwickelte Linehan den komplexen Therapieansatz der DBT. Er beruht auf der Grundidee der Dialektik: Es gibt kein Richtig oder Falsch, sondern verschiedene Positionen, die in Hinblick auf die Erreichung bestimmter Ziele beleuchtet werden. Der Therapeut pendelt beispielsweise zwischen den Polen von Akzeptanz und Veränderung mit dem Ziel, eine entwicklungsfördernde Atmosphäre entstehen zu lassen. Andere Polaritäten sind Vernunft und Gefühl oder Tun und Sein.
Für Therapeuten besteht eine wesentliche Aufgabe darin, eine validierende Grundhaltung zu bewahren.
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