Das Achtsamkeits Buch
Herangehensweise im Anfängergeist zu empfehlen, etwa mit der Frage: »Wie verläuft die Übung wohl heute?« Zwischenzeitlich kann man sich fragen: »Wo hat meine Praxis schon Auswirkungen?« Achtsamkeit sollte unser Leben und Erleben weiter machen und nicht enger.
Es ist auch gut, sich immer wieder zu fragen, ob die Form der Praxis noch angemessen ist. Man kann sie modifizieren, wenn sie sich nicht mehr bewährt. Man muss auch nicht alles alleine schaffen, manchmal braucht man Anleitung und Unterstützung. Das kann ein spiritueller Lehrer oder ein diesbezüglich erfahrener Psychotherapeut sein.
Formale Praxis
Auswahl der Übungen
In den buddhistischen Traditionen werden klassischerweise zwei Übungswege unterschieden. Einer übt primär die Konzentration, der andere zielt auf Einsicht. Beide Ziele sind eng miteinander verknüpft, beide Wege führen zur Schulung von Konzentration, Klarblick und Gleichmut.
Die basale Anleitung zur Schulung der Konzentration lautet:Wählen Sie ein Objekt und verweilen Sie mit Ihrer Aufmerksamkeit bei diesem Objekt. Immer wenn Sie bemerken, dass Ihre Aufmerksamkeit vom Objekt weggewandert ist, bringen Sie sie sanft zum Objekt zurück.
Die basale Anleitung zur Schulung des Klarblicks bzw. der Einsicht im Sinne der Vipassana-Meditation lautet: Sitzen Sie still, schenken Sie die offene Aufmerksamkeit allem, was ist, von Augenblick zu Augenblick, mit Gleichmut, das heißt mit keinem Anhaften oder keiner Ablehnung gegenüber dem, was auftaucht, und keinem Versuch es zu verändern.
Viele Übungen kombinieren beide Ziele. Die meisten Anleitungen beinhalten auch mehrere Phasen. Zunächst kann man in offener Haltung bemerken, was da ist, ob es noch etwas braucht, um die Übung beginnen zu können, beispielsweise die Körperhaltung zu verändern. Es folgt eine Phase der Konzentration, zum Beispiel einige Atemzüge lang auf den Atem, was zu einer Entspannung des Körpers und zu einer Beruhigung des Geistes führt. Wenn eine gewisse Ruhe eingetreten ist und man in der Beobachtung gegenwärtiger Phänomene angekommen ist, kann der Fokus bei Bedarf verändert werden, in Richtung innen, außen, Ruhe, Wandel oder Liebende Güte. Man kann sich auch wieder allem gegenüber öffnen, was auftaucht.
Die Auswahl einer Übung sollte nach drei Kriterien erfolgen. Sie kann auf der einen Seite durchaus persönlichen Vorlieben und Interessen entsprechen, soll andererseits auch berücksichtigen, was zur Erreichung der individuellen Ziele notwendig und bewährt ist. Sie soll sich auch am Gegebenen, Naheliegenden und Möglichen orientieren.
Es ist empfehlenswert, zu experimentieren, Unterschiedliches auszuprobieren und Erfahrungen mit verschiedenen Übungen zu machen. Wenn man eine für sich passende Übung gefunden hat, sollte man diese vertiefen, indem man sie über einen längeren Zeitraum übt. Um Konstanz nicht zur Starre werden zu lassen, ist Flexibilität gefragt. Je nach speziellemZiel der Übung, Tagesverfassung oder der momentanen Situation können unterschiedliche Übungen und Variationen jener Übung, die im Zentrum der Praxis steht, angemessen und geeignet sein.
Der passende Rahmen
Ort: Die menschliche Neigung, dass wiederholt ausgeführte Handlungen zu Gewohnheiten werden, kann man auch für gute Gewohnheiten nutzen. Wenn es gelingt, über einige Zeit Rhythmus und Konstanz in die Praxis zu bringen, wird sie bald zu einem selbstverständlichen Teil des Lebens. Ein Faktor dieser Konstanz ist der Ort der Praxis. Optimal ist ein ungestörter und geschützter Platz im Lebensraum, der zu diesem Zweck auch individuell gestaltet sein kann. Er sollte zumindest mit einer passenden Sitzgelegenheit ausgestattet sein.
Zeitpunkt und Dauer: Das größte Hindernis einer regelmäßigen formalen Praxis besteht zumeist darin, sich dafür Zeit zu nehmen und einen geeigneten Zeitpunkt zu finden. Rhythmus und Regelmäßigkeit sind auch hier – wenn möglich – sinnvoll. Jeden Tag zur gleichen Zeit zu üben, bewährt sich. Für viele Menschen ist es hilfreich, die Praxis zeitlich an ein Ereignis zu koppeln, das an jedem Tag eintritt. An Arbeitstagen kann dies nach dem Aufstehen am Morgen, am Ende der Mittagspause oder nach dem Heimkommen am Abend sein.
Zur Frage der Dauer der täglichen Praxis finden sich unterschiedliche Empfehlungen. Charles Tart meint dazu, im Westen, wo alle so gestresst und in Eile sind, sei es schon gut, sich 20 Minuten ruhig hinzusetzen, um Geist und Körper
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