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Das Achtsamkeits Buch

Das Achtsamkeits Buch

Titel: Das Achtsamkeits Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Halko Weiss , Thomas Dietz
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wird manchmal auch dahingehend missverstanden, wichtigen sozialen Lebensaufgaben auszuweichen. So scheint zumindest für westlich geprägte Menschen die Verknüpfung von Achtsamkeit mit psychologisch fundierten Vorgehensweisen für spirituelle und weltliche Ziele ein sinnvoller und wirkungsvoller Weg zu sein.
    Entscheidend ist dabei die Erkenntnis, dass es hilfreich ist, mit jenen Aspekten der eigenen Psyche aktiv in Beziehung zu treten, die man verstehen oder die man weiterentwickeln möchte. Die Bedeutung der Achtsamkeit soll hier nicht auf eine westlich adaptierte Methode zur Persönlichkeitsentwicklung reduziert werden (vgl. Welwood, 2000). Trotzdem soll siebewusst mit der westlichen Tendenz kombiniert werden, das was man bemerkt, auch »begreifen« und »erfassen« zu wollen. Vor diesem Hintergrund erscheint es sinnvoll, aus beiden Herangehensweisen, der Achtsamkeit und psychotherapeutisch geprägten Selbsthilfe-Wegen, etwas zu kreieren, das für die persönliche Weiterentwicklung noch effektiver zu sein verspricht als jeder Weg für sich.
    Im Folgenden soll daher ein Ansatz vorgestellt werden, der die Qualitäten von Achtsamkeit nutzt und sie mit einem zielorientierten, psychodynamisch geprägten Vorgehen verknüpft.
     
    Selbstführung aus der Beobachterperspektive
     
    Beim Üben von Achtsamkeit stößt man auf wiederkehrende Phänomene seines Geistes, die stören oder die hinderlich erscheinen. Ungeduld zum Beispiel oder das ständige, sorgenvolle Nachdenken über vergangene oder künftige Aktivitäten. Der Versuch, diese Gedanken lediglich wahrzunehmen, zu benennen und dann zum Atem zurückzukehren, ist für manche Menschen so wenig aktiv gestaltend, dass sie die Achtsamkeit wieder aufgeben. Die in diesem Abschnitt vorgestellten Ansätze, an der eigenen Persönlichkeit zu arbeiten, gehen über ein reines Achtsamkeitstraining hinaus. Mit einer eher aktiven und hinterfragenden Herangehensweise strebt man persönlich wünschenswerte Entwicklungen direkter an. Für diesen zielorientierten Umgang mit der eigenen Innenwelt wird im Folgenden der Begriff »Selbstführung« gewählt. Er soll auf einen Zustand hinweisen, in dem aus einer höheren, integrativen Perspektive ein bedeutsames Maß an Wahrnehmung, Fürsorge und Führung für die unterschiedlichen Anteile der Psyche ausgehen kann. »Selbstführung« spielt neben der leicht nachvollziehbaren Bedeutung »Ich selbst übernehme Verantwortung und Führung für mein Tun« auf wichtige Fragen an: Gibt es überhaupt einen Anteil oder eine Qualität inmir, von der eine solche Führung ausgehen kann? Oder funktioniere ich sowieso weitgehend automatisch? Und in welchem Zustand bin ich in der Lage, die verschiedenen Facetten meiner Persönlichkeit für ein übergeordnetes Wohl sinnvoll zu beeinflussen?
    Dabei bekommt die aus der klassischen Achtsamkeit bekannte Perspektive des inneren Beobachters, die dort passiv bleibt, eine zusätzliche Qualität: Jene dem Leben innewohnende ursprüngliche Kraft, nach einer integrierten, ganzheitlich organischen Entwicklung zu streben (Kauffman, 1995). Diese Tendenz entspricht vielleicht auch dem, was Carl Rogers »Aktualisierung« bzw. »Selbstaktualisierung« (1951) genannt hat. »Aktualisierung« betont die Fähigkeit des Organismus, sich im Rahmen seiner Möglichkeiten durch ständige Neuanpassung an äußere Bedingungen selbstorganisiert entwickeln zu können. Für den Menschen ist als besondere Leistung seines Organismus bedeutsam, ein »Selbst« entwickeln zu können. Diese »Selbstaktualisierung« lässt ihn sich seiner eigenen Erfahrungen, Gefühle und Handlungen bewusst gewahr werden. Auch hier stehen daher psychische Autonomie und Selbstständigkeit im Zentrum. Diese können allerdings immer nur entsprechend den inneren und äußeren Bedingungen realisiert werden.
    Wichtige Pioniere systemisch und eher spirituell orientierter Therapieformen, wie Roberto Assagioli (1982, 1992) oder Richard Schwartz (1997), haben dann bemerkt, dass aus dem Mitgefühl, das aus der übergeordnet-beobachtenden Perspektive entsteht, auch ein mitfühlendes Handeln möglich ist und gepflegt werden kann.
     
    Die annehmende Haltung des Beobachters
    Zentral ist dabei die mit Achtsamkeit verbundene, annehmende Haltung gegenüber allem, was in der Innenwelt auftaucht. Dieser Gleichmut sich selbst gegenüber ist jedoch alles andere als selbstverständlich. Gerade wenn man sich mit eigenenSchwierigkeiten, persönlichen Grenzen, unangenehmen

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