Das Achtsamkeits Buch

die Innenwahrnehmung, die Beziehung zwischen Therapeut und Klient und die Techniken und Strategien auf grundlegende Weise. Für Therapeuten und Berater, welche die Kraft und Bedeutung der Achtsamkeit voll ausschöpfen wollen, erzwingt sie eine Konfrontation mit eigenen Automatismen und unbewussten Haltungen: vom Machen zum Sein, vom Besser-Wissen zum Offen-Sein und Neugierig-Bleiben, vom Verändern zum Forschen und Verstehen, vom Reflektieren zum präsenten Wahrnehmen, von der defizitorientierten Diagnostik zu wertschätzender Anerkennung von Anpassungsleistungen, von der Konfrontation zur Sicherheit. Damit wird der Therapeut auch zum Modell für Selbstakzeptanz und größeren inneren Frieden. Ein Frieden, der einen fundamentalen Heilungsprozess erst möglich macht.
    Ein achtsamer Therapeut ist also mehr als jemand, der ein paar neue Kniffe kennt. Er kann zu einem wirklichen Begleiter heranwachsen, wenn er für sich Qualitäten erworben hat, durch die er leidenden Menschen einen heilsamen Raum zurVerfügung stellen kann. Jack Kornfield macht deutlich, welche Anforderungen damit verbunden sind: »Es bedarf einer beharrlichen Disziplin, einer ernsthaften Schulung, damit wir unsere alten geistigen Gewohnheiten aufgeben und eine neue Art des Sehens entdecken und aufrecht erhalten können.« Eine solche Anforderung an einen Therapeuten entspricht eher der, die man einem Meditationslehrer entgegenbringen würde. Achtsamkeit stammt ja aus dieser Tradition. Man würde ihm kein Vertrauen entgegenbringen, wenn er nicht selbst die Wege kennt, die er lehrt.
    Dabei bekommt ein in Achtsamkeit arbeitender Therapeut ein einzigartiges Geschenk: Sein therapeutisches Wirken wird auch für ihn selbst zur Übung auf dem eigenen Weg. Er kommt bereichert und regeneriert aus seinen Sitzungen, seine Fähigkeit zur Achtsamkeit vertieft sich und die Arbeit nährt auch ihn selbst.
     
    Übungen
     
    »Das Kind zu Hause«: Prägungen durch die Ursprungsfamilie
    Zeitbedarf: Etwa 20 Minuten.
    Zweck: Aufsuchen eines Kind-Zustandes in Achtsamkeit, um Prägungen aus der Kindheit zu untersuchen und zu verstehen.
    Grobstruktur: Achtsame Erkundung der Gefühle und Eindrücke im Elternhaus.
    Anmerkung: Diese Übung ist vor allem für diejenigen Personen geeignet, die bereits grundlegende Erfahrungen mit Achtsamkeit haben.
     
•   Beginnen Sie, mit der Aufmerksamkeit nach innen zu gehen. Nehmen Sie Ihren Körper wahr und nehmen Sie sich Zeit, um ein paar Minuten achtsam den Atem zu beobachten.
•   Dann erlauben Sie sich, ein Bild Ihres Elternhauses oder der elterlichen Wohnung entstehen zu lassen. Nähern Sie sichin der Phantasie diesem Ort, verweilen Sie an der Türe, treten Sie dann ein. Gehen Sie herum und lassen Sie in Ruhe alles auf sich wirken. Lassen Sie sich von Situationen, Personen oder Orten anziehen, die besondere Gefühle auszulösen scheinen, und verweilen Sie dort. Erlauben Sie sich, wieder in die Welt des Kindes einzusteigen. Lassen Sie den inneren Beobachter dabei bemerken, wie Ihr Körper reagiert, welche Gefühle auftauchen und welche Erinnerungen sich aufdrängen (mindestens 5–10 Minuten) .
•   Erlauben Sie dem inneren Beobachter zu bemerken, wie kindliches Erleben lebendig wird: Was scheint das Kind zu beeindrucken?
–  Welche Empfindungen im Körper und welche Gefühle kommen zurück?
–  Welche Objekte und Personen tauchen auf?
–  Was scheinen sie auszudrücken?
–  Was für einen Eindruck hat das Kind von der Welt?
–  Was hält es von den Menschen um sich herum?
–  Was hält es von sich selbst?
•   Was registriert der Beobachter?
•   Wie schützt sich das Kind? (Körperaktivierungen, Gefühle, Strategien)
•   Welche Lehren scheint das Kind intuitiv aus seinen Erfahrungen zu ziehen?
•   Welche Erfahrungen (mit wem) hätte das Kind gebraucht, um sich besser zu fühlen?
•   Können Sie selbst dem Kind Verständnis entgegenbringen?
•   Können Sie sich ihm innerlich zuwenden und es lieben?
     
    »Ein wichtiger Mensch«: Was formt meine Beziehung?
    Zeitbedarf: 20–30 Minuten.
    Zweck: Die Beziehung zu einem wichtigen Menschen tiefer erforschen; Beschützerstrategie und das Beschützte besser verstehen; vielleicht auch Grundlagen für ein wesentlicheres Gespräch mit dieser Person schaffen.
    Grobstruktur: Achtsame Vergegenwärtigung des Erlebens im Zusammensein mit einer wichtigen Person und Beobachtung der automatischen Reaktionen.
     
•   Wählen Sie einen Menschen aus, der