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Das Aion - Kinder der Sonne

Das Aion - Kinder der Sonne

Titel: Das Aion - Kinder der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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du!«
    »Was sein muss, muss sein«, rechtfertigte sich Jiril. »Sie ist eine aufdringliche, geldgierige, impertinente Zecke.«
    »Ist sie etwa …?«
    »Sie schläft nur für eine Weile«, beruhigte sie Jiril. »Dafür hab ich sie ja gut bezahlt.« Er zog den kraftlosen Körper der Alten bis zu einer der in Dunkelheit liegenden Hauswände.
    Aus dem Steinkreis hinter Mira erklang ein schabendes Geräusch. Das Mädchen wandte sich langsam um und sah zum Orakel empor. Die Steinfigur entgegnete ihren Blick, neigte dann ihren Kopf etwas nach rechts und schien an Mira vorbeizusehen. Schweigend beobachtete sie, wie sich Jiril bemühte, die Bewusstlose an eine Hauswand zu setzen, ohne dass sie zur Seite kippen konnte.
    »Musste das sein?«, fragte das Orakel in seinem tiefen Bariton schließlich vorwurfsvoll.
    Mira machte ein betretenes Gesicht und räusperte sich verlegen. »Sie … schläft nur.«
    »Dank eurer Hilfe«, entgegnete die Steinfigur.
    Jiril kam herangeschlichen und schaute ebenfalls ein wenig befangen drein. Im Hintergrund war ein Schleifgeräusch zu hören, dann machte es leise »bomp!«.
    »Sie ist wieder umgekippt«, teilte das Orakel mit.
    »Danke für die Information«, antwortete Jiril. Und mit einem Seitenblick zu Mira: »Klingt tatsächlich nicht wie fauler Zauber …«
    Die Statue richtete sich plötzlich auf, wobei ihre vermeintlichen Stummelarme aufzuklappen schienen. Von ihnen spalteten sich schlankere Unterarme ab und Hände mit je drei Fingern und einem Daumen. Das Orakel reckte sich, steckte die Finger ineinander und ließ die Steingelenke knacken. Dann verschränkte es die Arme vor der Brust und fragte: »Nun, was wollt ihr wissen? – Mitten in der Nacht!«
    Als niemand antwortete, tat die Statue etwas, das Mira einen mühsam unterdrückten Angstschrei entlockte: Sie trat zwei Schritte vor, direkt auf das Mädchen zu, wobei der Boden unter ihren Füßen erzitterte. »Deine Gedanken sind erfüllt von Furcht«, stellte das Orakel fest. »Aber du fürchtest dich doch nicht etwa vor mir, kleine Menschenfrau, oder?« Es beugte sich langsam vor. Würde es eine Hand ausstrecken, es hätte seine beiden nächtlichen Besucher ergreifen können, so nah war es ihnen. Mira konnte nicht anders, als in die riesigen, mandelförmigen roten Augen der Steinfigur zu starren. Das Mädchen bildete sich ein, auf ihrer Haut einen warmen, nach feuchtem Sand riechenden Atem zu spüren.
    »Nein, Wüstenkind, nicht vor mir hast du Angst«, brummte das Orakel schließlich und nickte dabei bestätigend mit seinem riesigen Kopf. »Vor der Zukunft fürchtest du dich!«
    Mira ging langsam rückwärts, bis sie gegen Jiril stieß. Unbewusst ergriff sie dessen Hände und hielt sie fest umschlossen. Jiril stöhnte leise auf. »Du tust mir weh«, presste er hervor.
    Mira schaffte es kaum, sich von den Augen des Orakels loszureißen. »Ich glaube, es kann meine Gedanken lesen«, flüsterte sie tonlos.
    »Lass uns verschwinden!«, drängte Jiril.
    »Nein, warte.« Sie ließ seine Hände los und trat zaghaft wieder an den Steinkreis heran.
    »Du trägst den Namen eines fernen Sterns …«, raunte die lebende Steinfigur, ohne das Mädchen aus den Augen zu lassen, »… und vereinst so viel Stolz und Traurigkeit in dir …«
    Mira blinzelte irritiert. Alles, was sie sah, bestand nur noch aus dem riesigen Gesicht des Orakels. »Mein – Name ist doch Mira …«, sagte sie schließlich stockend.
    »Mira«, wiederholte die Statue langsam. »Ja … dein Namensstern liegt 419 Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild des Cetus.« Sie deutete steil hinauf in den Himmel. »Mira Omikron Ceti ist ein Doppelstern, musst du wissen. Er besteht aus dem roten Riesen Alpha Mira und dem weißen Zwerg Mira Ceti. Und er ist Namensgeber der veränderlichen Mira-Sterne; der roten Riesen und Überriesen.«
    »Offenbar hat es früher in einer Sternwarte gearbeitet«, flüsterte Jiril Mira ins Ohr.
    Das Orakel wandte sich an den Alpha. »Der Name Jiril hingegen verursacht laut dem Buch von Isissia nervöse Spannungen, Kummer und Frustration. Ferner ist es der Name eines heruntergekommenen Bergdorfes in Nepal.«
    »Sehr witzig«, knurrte Jiril. Und zu Mira: »Los, lass uns endlich gehen.«
    »Geh doch allein!«, gab Mira gereizt zurück.
    Jiril erwiderte etwas Unverständliches und lief in die Dunkelheit, wo er in einiger Entfernung unentschlossen auf und ab scharwenzelte.
    Mira sah zu dem Orakel empor. »Besitzt du ebenfalls einen Namen?«
    Der

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