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Das Aion - Kinder der Sonne

Das Aion - Kinder der Sonne

Titel: Das Aion - Kinder der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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unvermittelt ein diffuses Glühen. Zuerst war es nur ein schmaler Spalt, der jedoch rasch wuchs und dabei immer weiter auseinanderklaffte. Darunter war etwas zu erkennen, das an grauen, wogenden Nebel erinnerte. Es sah aus, als hätte sich in der Finsternis ein riesiges, fahles Auge geöffnet, um das Mädchen zu betrachten. Ehe Mira wusste, wie ihr geschah, stürzte sie plötzlich in die Tiefe. Rasend schnell kam das Auge näher, dann tauchte sie in den Nebel ein, nur um einen Atemzug später erneut in vollkommener Dunkelheit zu landen. Ihre Füße trafen auf kühlen Boden, während sie – vom eigenen Schwung getragen – nach vorn stolperte und mit dem Kopf gegen ein massives Hindernis prallte. Das Letzte, was sie wahrnahm, war ein Lichtblitz, der vor ihren Augen explodierte …

 
20  Die äußere Barriere
     
     
    Sein siebter Sinn verriet Ben bereits vor dem Aufwachen, dass irgendetwas nicht stimmte.
    Er öffnete die Augen einen Spaltbreit, konnte jedoch nichts Ungewöhnliches feststellen. Der Morgen graute und offenbarte einen bedeckten Himmel. Das orangerote Glühen der Wolken kündete vom baldigen Sonnenaufgang. Dennoch traute Ben dem Frieden nicht. Es wäre das erste Mal, dass sein Instinkt ihn trügen würde. Dennoch: Die Rotoren und Turbinen liefen rund, der Rigger schwebte sanft dahin, und es sah weder nach einem Sandsturm noch nach einem Unwetter aus.
    Ben wollte sich gerade umdrehen, um weiterzuschlafen, da huschte für einen Sekundenbruchteil etwas durch sein Gesichtsfeld, das aussah wie der Wipfel einer Schirmakazie.
    Er blinzelte irritiert, unsicher, ob er den Baum tatsächlich gesehen oder ihn sich womöglich nur eingebildet hatte. Dann setzte er sich auf, um einen schlaftrunkenen Blick in Richtung Heck zu werfen. Es war nicht viel, was er durch die Lücke zwischen den beiden Antriebsrotoren von der Landschaft sehen konnte, doch zumindest genug, um zu erkennen, dass die Akazie keine Einbildung gewesen war. Und es war auch nicht die einzige: In Abständen von jeweils einigen Hundert Metern voneinander ragten weitere Bäume in der Ebene auf.
    Ben rieb sich den Schlaf aus den Augen und sah sich verwundert um. Der Helligkeit nach zu urteilen konnte er höchstens fünf Stunden geschlafen haben. In dieser Zeit musste Delius mit dem Rigger mindestens 400 Kilometer zurückgelegt haben. Statt jedoch wie erwartet die vertraute Sand- und Felswüste unter sich zu haben, hatte sich die Ebene in eine üppige Grassteppe verwandelt. Die Wirbelschleppe des Hovercrafts hinterließ im hüfthohen Gras eine hin und her wogende Spur, die sich wie mit dem Lineal gezogen bis zum Horizont zog.
    »Savanne …?«, murmelte Ben verdutzt.
    Delius, dem die Frage indirekt gegolten hatte, antwortete nicht. Stocksteif, wenn auch in leichter Schräglage, saß er hinter dem Steuer des Riggers. Erst als Ben ein zweites Mal hinsah, erkannte er, dass am Kopf des Roboters kein einziges Lämpchen leuchtete. Doch es war nicht Delius’ Inaktivität, die Ben das Blut in den Adern gefrieren ließ, sondern das, was vor dem Rigger zu sehen war – oder besser gesagt: nicht zu sehen war. Kaum einen Kilometer voraus schien die Landschaft einfach aufzuhören. Selbst Ben benötigte einige Sekunden, um zu begreifen, was dieses Nichts war, auf das das Luftkissenboot zuraste: die äußere Barriere, die unüberwindbare Grenze des Savornin-Bannkreises.
    »Stopp!«, rief Ben entsetzt und sprang vor auf den Beifahrersitz. »Anhalten!« Er rüttelte an Delius. »Halt sofort an, verdammt!«
    Der Roboter reagierte immer noch nicht. Ben beugte sich über ihn, um das Steuer herumzureißen, doch es ließ sich keinen Millimeter bewegen. Bestürzt erkannte er, dass Delius sein System mit dem Navigationssystem des Hovercrafts gekoppelt hatte. Womöglich hatte er vorgehabt, seine Energiezellen aufzuladen, ohne die Steuerkontrolle zu verlieren. Dazu hatte er den Rigger auf Autopilot geschaltet und die Sensorerfassung aktiviert – woraufhin ein Defekt in der Elektronik des Luftkissenboots offenbar zu einer Systemüberlastung geführt hatte. Das Resultat war eine elektronische Blockade der gesamten Steuerung.
    Ben konnte sich nicht vorstellen, was geschehen würde, wenn ein Fahrzeug von der Größe des Riggers mit dem Kraftfeld kollidierte. Hektisch versuchte er das gesamte System abzuschalten – Hydraulik, Batterie, Turbinen, Rotoren – doch es war viel zu spät. Instinktiv stützte Ben sich mit beiden Händen ab und wusste gleichzeitig, dass es völlig sinnlos

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