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Das Aion - Kinder der Sonne

Das Aion - Kinder der Sonne

Titel: Das Aion - Kinder der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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das Wasser sie daran hindern. Dann begann es als mannsbreite Säule an ihr emporzusteigen, umhüllte ihre Hüften, dann bereits die Brust …
    »Ben!«, schrie Mira voller Panik, als es ihren Hals erreichte. »Hilf…!« Doch da hatte das Wasser ihren Schrei schon erstickt. Mira spürte, wie es in sie hineindrängte, durch ihre Nase und ihren Mund. Dann wurde sie von einer unbarmherzigen Kraft nach unten gerissen und in die Tiefe gezogen. Das Letzte, was sie wahrnahm, waren die unzähligen Schatten der Schläfer weit über ihr. Das flirrende Sonnenlicht, das zwischen ihren Körpern auf der fernen Wasseroberfläche tanzte, verlor sich schließlich in der Dunkelheit.
     
    Hilflos mussten Ben, Jiril und der Doktor mit ansehen, wie Mira zwischen den reglosen Körpern der Dorfbewohner im Speicherbecken versank. Ein Schwall Luftblasen stieg nach einigen Sekunden aus der Tiefe empor, dann glättete sich die Oberfläche und lag bald wieder so ruhig und friedlich da, als wäre nichts geschehen.
    »Nein …«, stöhnte Ben. »Nein, das darf nicht sein! Das darf nicht sein!« Er machte Anstalten, ebenfalls ins Bassin zu springen, um das Mädchen zu retten. Erst mit Jirils Hilfe gelang es Dr. Gayot, ihn davon abzuhalten.
    »Es ist zu spät«, sagte der Doktor. »Sie kommt nicht mehr hoch.«
    Ben entspannte sich kurz, dann bäumte er sich erneut gegen die Griffe der beiden auf. »Nein!«, rief er. »Betas können sich länger unter Wasser aufhalten als wir alle zusammen! Es ist nicht zu spät!«
    »Sei vernünftig«, beschwor ihn Jiril. »Es ist vorbei, okay? Tut mir schrecklich leid …« Er ließ ihn vorsichtig los.
    Ben wandte sich um und lief in hilfloser Wut vor dem Speicherbecken auf und ab.
    »Bist du jetzt zufrieden, du verdammte Kreatur?«, schrie er das Wasser erbittert an. Er las ein faustgroßes Mauerstück vom Boden auf und schleuderte es ins Bassin. »Bist du jetzt zufrieden?«
    Der Steinbrocken prallte von der Wasseroberfläche ab wie von einer Gummimatte. Er hüpfte, ohne einen einzigen Spritzer zu verursachen, bis ans gegenüberliegende Ende des Beckens und federte dort über den Rand hinweg zu Boden.
    »Alter …!«, staunte Jiril.
    Ehe einer aus der Gruppe reagieren konnte, wuchsen aus dem Speicherbecken plötzlich vier einzelne Wassersäulen empor. Sie schossen unter dem Efeubaldachin hindurch auf Ben und den Rest der Gruppe zu, packten sie wie riesige, flüssige Fangarme und rissen ihre Beute meterweit in die Höhe.
    »Nicht bewegen!«, rief Ben mühevoll, nachdem er wieder Luft zum Atmen gefunden hatte.
    »Was zum Teufel ist das denn schon wieder?«, stöhnte Jiril, der wie die anderen in seinem Wassertentakel gefangen hing.
    »Außerordentlich eigensinniges Süßwasser!«, bemerkte Delius emotionslos. »Ich registriere ein starkes hydrokinetisches Feld mit einer hohen Konzentration von Theta-Wellen.«
    »Was du nicht sagst!«, keuchte Jiril.
    »Versucht nicht, euch mit Gewalt zu befreien«, ermahnte sie Dr. Gayot mit einem Blick nach unten. »Keiner von uns würde einen Sturz aus dieser Höhe überleben!«
    Scharen von Webervögeln lösten sich aus dem Efeudickicht der Wände und begannen die Gefangenen zu umschwärmen. Ihr aufgeregtes Gezwitscher klang wie Beschimpfungen.
    »Erst das Mädchen und jetzt wir.« Jiril strampelte mit den Beinen, um seinen Oberkörper ein Stück weit aus dem Fangarm herauszustemmen, doch vergebens. »Ich hoffe, es geht wenigstens schnell, sobald sich das Ding für die Reihenfolge entschieden hat, in der es uns ersäufen will …«
    »Wenn es uns einfach nur töten wollte, hätte es dies längst getan«, erkannte Ben. »Also verhaltet euch ruhig, damit es nicht noch aggressiver wird.«
    »Ach ja?«, japste Jiril. »Wer hat denn eben den ersten Stein geworfen? Ich war’s jedenfalls nicht!«
    Ben legte beide Hände auf die Wasserhaut des Tentakels, der ihn umschlungen hielt. Doch sosehr er sich auch konzentrierte, das Wasserwesen blieb stumm.
    »Wir sind dieser Entität ausgeliefert«, sagte er. »Auf Gedeih oder Verderb. Uns bleibt nichts anderes übrig, als uns in unser Schicksal zu ergeben.«

 
10  Aquarea
     
     
    Mira erwachte in einem Feld leuchtend blauer Blumen. Sie lag auf dem Rücken und fühlte sich eigenartig schwerelos, wobei gleichzeitig ein unangenehmer Druck auf ihr lastete, der das Atmen schwer machte. Eine Zeit lang blickte sie hinauf in den grün schimmernden Himmel, dann sah sie sich im Liegen um und betrachtete die Blumen. Irgendetwas an der ganzen

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