Das Aion - Kinder der Sonne
was es bedeutet, eine Beta zu sein.«
Ben legte die Stirn in Falten. »Irgendjemand wird sich schon etwas dabei gedacht haben«, sagte er und fuhr dem Mädchen mit einer Hand durchs zerzauste Haar. »Die Schöpfung hat immer einen Trumpf im Ärmel.«
Nachdem sie zum Rigger zurückgekehrt waren und die Überreste der Ausrüstung verstaut hatten, beschlossen sie, den Chott el Sijr mit dem Luftkissenboot zu überqueren. Von dem Ambodrusenweibchen hatten sie laut dem Doktor nichts mehr zu befürchten – zumindest, fügte dieser rasch hinzu, solange es hell war. Jiril und Ben schienen jedoch weit weniger davon überzeugt zu sein. Kaum hatte der Rigger die offene Ebene erreicht, begannen die beiden misstrauisch den Himmel abzusuchen. Von der riesigen Kreatur war jedoch weit und breit nichts mehr zu sehen. Für einen Moment glaubte Mira, sie kilometerhoch über der Wüste erkannt zu haben, dann hatten die dünnen Schleierwolken ihre Silhouette verschluckt.
Jiril parkte das Luftkissenboot unmittelbar unter der Düne, auf der das Wrack der künstlichen Ambodruse lag. Noch immer stieg eine dünne Rauchsäule aus dem in sich zusammengesunkenen Körper auf. Diesmal war Mira die Letzte, die den Hang hinaufzuklettern begann. Im Gegensatz zu den anderen hielt sie jedoch einen deutlichen Abstand zu der Ambodruse.
Als schließlich alle den Grat erreicht hatten, tat sich ihnen jenseits der Düne ein mehr als 200 Meter breiter, sanft abfallender Krater auf, in dessen Mitte eine über 30 Meter große, kreisrunde Öffnung klaffte. Auf den ersten Blick hätte man die Senke für den Fangtrichter einer gigantischen Sodra-Königin halten können – wäre der Abgrund in seinem Zentrum nicht mit Metallwänden verkleidet gewesen. Sie wölbten sich fast mannshoch aus dem Kratergrund empor und bildeten so einen Schutzwall gegen einströmenden Sand.
»Du lieber Himmel«, entfuhr es Ben, »was in aller Welt ist das?«
»Wenn mich nicht alles täuscht, liegt vor uns der Produktionsschlot einer aktiven Terramotus-Anlage«, erklärte der Doktor. »Was mich jedoch verblüfft, sind seine Ausmaße. Warum in aller Welt ist dieses Ding so riesig?«
»Megalomanie?« Jiril schaute in die Runde. »Soll bei verwaisten KI’s hin und wieder vorkommen, habe ich gehört.« Er tauschte mit dem Doktor einen vielsagenden Blick, dann wandte er sich dem Wrack der Ambodruse zu. »War, glaube ich, bei einem Ihrer Referate über künstliche Intelligenzen«, sagte er im Davongehen.
Ohne darauf einzugehen, entfaltete Dr. Gayot die Landkarte. »Wir stehen hier unmittelbar vor der Absturzstelle der Demeter«, sagte er, nachdem er das Terrain studiert hatte.
»Eigenartig, dass nirgendwo Hüllenreste oder Fragmente des Innengerüsts zu sehen sind.«
»Wahrscheinlich wurden sie längst von Flugsand und Wanderdünen begraben«, mutmaßte Ben.
Dr. Gayot schüttelte den Kopf. »Ihr Traggerüst mit den Dural-Ringstabilisatoren waren riesig«, erklärte er. »An seiner breitesten Stelle besaß der Zeppelin einen Durchmesser von über 40 Metern.«
»Dann hat hier wohl jemand aufgeräumt«, bemerkte Jiril, während er über einige der reglosen Tentakel hinwegschritt, um das Wrack näher zu inspizieren. »Oder besser gesagt etwas.«
Mira sah dem Alpha mit gemischten Gefühlen nach. Die Explosion hatte ein metergroßes Loch in den Körper der Ambodruse gerissen. Jiril stand vor dem reglosen Ungetüm und studierte das Gewirr aus verschmorten Kabeln, dampfenden Schläuchen und geschmolzenen Schaltkreisen, das durch die Öffnung zu erkennen war.
»Ihr Körper besteht aus einer Art elastischem Kunststoff«, stellte er nach kurzer Untersuchung des verschmorten Materials fest. Dann zwang ihn ein Hustenanfall, wieder etwas Abstand zu der schwelenden Maschine zu nehmen. »Der Rauch ist ziemlich ätzend«, keuchte er mit tränenden Augen.
»Giftiger Chlorwasserstoff«, bestätigte Delius. »Er schadet den Atemwegen.« Der Roboter steckte einen seiner vier Arme in die qualmende Öffnung. »Kohlendioxid, Schwefeldioxid und Stickstoffoxid«, sagte er. »Zudem messe ich Rückstände von Helium und Ammoniak.«
»Vermutlich das Traggas-Gemisch«, meinte Dr. Gayot.
»Sie hätte es fast geschafft«, erkannte Ben und wandte sich dem Krater zu. »Ich sehe mir den Rest mal näher an.«
Während Jiril, Delius und der Doktor neben dem Kopf des mechanischen Untiers fachsimpelten, folgte Ben dem riesigen, reglosen Fangarm langsam hinab in den Kraterkessel. Mira hielt weiterhin
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