Das Aktmodell
werdet Ihr sie anrühren, Monsieur”, rief Paul. “Niemals!”
Sein Zorn wurde von den Worten des Duke aufs Neue entfacht, und er ärgerte sich darüber, dass er ihn nicht längst getötet hatte. Paul stieß den Duke mit solcher Wucht zur Seite, dass dieser über mehrere nackte Frauen zu Boden fiel und dabei sein Messer und seinen Zauberstab verlor. Der Duke kroch allerdings bald wieder unter den nackten Leibern hervor und versuchte auf die Füße zu kommen.
“Was wollt Ihr Monsieur?”, schrie der Duke und ärgerte sich darüber, dass seine sexuellen Spiele von diesem Fremden unterbrochen wurden. “Wer seid Ihr?”
Paul riss sich die Fuchsmaske von Gesicht und grinste. “Paul Borquet, stets zu Euren Diensten, Monsieur.”
“Borquet! Wo zum Teufel kommt Ihr her?” Der Duke benahm sich merkwürdig, und das brachte Paul aus der Fassung. Er sah ihn lange an und sagte schließlich: “Ihr seht anders aus, älter … viel älter. Und Ihr könntet alt genug sein, um …”
“Ich warne Euch, Monsieur, keine Tricks.”
“… Ihr könntet mein Bruder sein.”
Sein Bruder?
Paul drehte seinen Kopf herum und war zutiefst schockiert über diese Worte. Diese völlig verrückte Feststellung, dass der Engländer sein Bruder war. Er war sich sicher gewesen, dass er wusste, was zu tun sei. Er hatte den Engländer unschädlich machen wollen, und zur Not war er auch bereit gewesen, ihn zu töten.
Zum ersten Mal, seit er ihm begegnet war, schaute er den Aristokraten genauer an. Er betrachtete seine blauen Augen, das markante Kinn, die dunklen Haare und das gemeißelte Gesicht.
Die Ähnlichkeit war kaum zu leugnen. Er hatte es nur vorher nicht wahrhaben wollen. Aber geahnt hatte er es immer. Seine Mutter war Französin, aber sein Vater war Engländer. Sie hatten schnell geheiratet, das Baby war unterwegs, und dann hatte man seine Mutter wieder zurückgeschickt, weil sie nicht standesgemäß genug war.
Das war viele Jahre her.
So weit weg.
Wieso?
Der Duke sagte: “Wie ich in Euren Augen erkennen kann, glaubt Ihr mir, Monsieur Borquet.”
Paul nickte. “Das stimmt.”
“Ich versichere Euch, dass es die Wahrheit ist”, sagte der Duke. “Ihr seid mein älterer Halbbruder. Zwar wurde Euer Name von der offiziellen Familienchronik entfernt, aber nach dem Tod meines Vaters vor einigen Monaten habe ich die Heiratsurkunde mit Eurer Mutter gefunden. Und Eure Geburtsurkunde.”
Er machte eine Pause. “Anhand Eurer Kunst, die ihren Weg bis nach London gefunden hat, habe ich Euren Weg bis nach Paris verfolgen können. Als ich zum ersten Mal entdeckte, wer Ihr seid, wollte ich es nicht glauben. Ihr saht so viel jünger aus, als auf Eurer Geburtsurkunde angegeben. Aber jetzt …”
“Wenn ich Euer älterer Halbbruder bin, Monsieur”, unterbrach ihn Paul, ohne dabei näher auf sein jugendliches Aussehen und die schwarze Magie einzugehen, die dafür verantwortlich war, “… dann habe ich auch ein Anrecht auf den Titel, der Euch so am Herzen liegt.”
“So ist es, mein lieber Bruder”, sagte der Duke und starrte ihn mit undurchdringlicher Miene an. “Deshalb tut es mir sehr leid, dass Ihr nicht auf meine Warnung gehört habt. Jetzt bleibt mir nämlich keine andere Wahl, als Euch zu töten.”
Paul sah den unaussprechlichen Hass in seinem Gesicht. Der Engländer bewegte sich keinen Zentimeter, und sogar seine Atmung schien stillzustehen.
“Das wird Euch nicht gelingen, Lord Bingham.”
“Ihr glaubt mir nicht? Meine Männer stehen an allen Ausgängen. Ich habe nichts zu befürchten.”
“Soweit ich weiß, bin ich derjenige mit der Pistole.”
“Ihr werdet damit noch nicht einmal bis zur Treppe kommen”, drohte der Duke und deutete auf eine Gruppe von Männern in roten Roben und Masken, die ihn umgaben. “Ihr werdet verflucht sein, Monsieur Borquet, und Euer rebellischer Geist gebrochen.”
“Ich glaube eher, dass der Teufel persönlich Euch holen wird.”
“Diese Frau hat Euch mit Ihrer sexuellen Magie verzaubert, Monsieur. Das wird Euch teuer zu stehen kommen.”
Paul schüttelte den Kopf. “Ich glaube nicht, dass mich irgendjemand aufhalten wird. Ich habe sechs Patronen. Genug für Euch alle.” Die Männer wichen etwas zurück. Sie waren Gentlemen mit perversen sexuellen Gelüsten, aber im Innern waren sie Feiglinge. Die Bodyguards des Duke hingegen könnten gefährlich werden.
Er schaute zu Autumn, die völlig hilflos auf dem Altar lag. Der Schweiß glänzte auf ihren nackten Brüsten, und sie
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