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Das Aktmodell

Das Aktmodell

Titel: Das Aktmodell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jina Bacarr
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überkommt mich, aber ich schlage mich wacker, selbst als ich höre, dass mein Kleid unter meinem Arm und am Rücken zerreißt. Schweiß strömt über mein Gesicht. Allzu lang werde ich nicht mehr durchhalten. Ich sehe den triumphierenden Ausdruck in Lillies Augen, als sie das Messer wieder in Richtung meines Herzens bringt. Aber ich weigere mich, meine Augen zu schließen und mich meinem Schicksal zu ergeben. Irgendwo tief in meinem Inneren finde ich die Stärke, durchzuhalten. Ich werde nicht aufgeben.
    Aus dem Nichts heraus übertönt ein schrilles Pfeifen die mörderischen Zurufe der Menschenmasse.
    Polizei. Ich erkenne die blaue Uniform eines Gendarmen, der Lillie das Messer aus der Hand windet und mich auf die Füße stellt. Ich entspanne mich, und Erleichterung durchströmt meinen Körper, als ich erschöpft in mich zusammensacke. Für einen Augenblick erlaube ich mir, die Augen zu schließen. Meine Lider sind so schwer wie der Vorhang am Ende eines schlechten Theaterstücks. Wie es aussieht, werde ich nun doch nicht sterben.
    “Auf die Beine, Hure!”
    “Wartet …” Ich versuche mich gegen ein paar große Hände zur Wehr zu setzen, die mir unter die Arme greifen und mich wieder auf die Beine zwingen. “Ich bin keine Prostituierte!” Ein müdes Lächeln umspielt meine Mundwinkel, als ich mit meinen Händen die zerrissene Korsage vor meiner Brust zusammenraffe. Wer wird mir schon glauben? Ich sehe aus wie eine Prostituierte. Ich rieche sogar wie eine. Wie soll ich meine Unschuld beweisen?
    Der Gendarm hält mich fest und dreht meinen Arm auf den Rücken. Ich zucke vor Schmerz zusammen, bleibe aber still. Ich werde doch hoffentlich noch die Chance bekommen, das alles zu erklären, oder?
    Ich halte meinen Kopf hoch erhoben, als der Polizist mich durch den zornigen Mob stößt. Die Menge johlt und beschimpft die Uniformierten, die ihnen den Spaß verdorben haben.
    Ich kann gerade noch einer faulen Tomate ausweichen, die jemand auf mich wirft, aber gegen die Männer, die mit schmierigen Händen nach mir greifen und mich mit obszönen Worten belästigen, bin ich machtlos. Mehr als einmal stoße ich meinen Ellbogen in ihre Rippen, aber das hält sie nicht davon ab, meine Brüste zu betasten oder mir auf den Hintern zu hauen.
    Ich sehe, wie Lillie mit zwei Polizisten kämpft. Ich bin erstaunt, in ihrem Gesicht Furcht zu entdecken. Aber dann fällt ihr Blick auf mich, und ihre Angst verändert sich in Wut.
    “Zwischen uns ist es noch nicht zu Ende”, droht Lillie mir keuchend, als die Gendarmen sie zu dem wartenden Polizeiwagen ziehen. “Du bist schon so gut wie tot,
ma fille.”
    Lillie spuckt mir hasserfüllt ins Gesicht. Es ist eine demütigende Geste, die ich ihr nie vergessen werde.
    Ich wische mir den Speichel vom Gesicht. Aber die Drohung bleibt bestehen.
    “
Vien, ma fille
, seht zu, Hure, dass Ihr jetzt in den Wagen kommt.”
    Paul sah gerade noch, wie die Rothaarige von einem Polizisten zu dem
voltaire cellulaire
, dem vergitterten, kastenförmigen Polizeiwagen, geschleppt wurde. Schnell lief er nach vorn und bahnte sich einen Weg durch die gaffenden Männer. Fluchend schob er sie zur Seite, bis er das harte Ende eines Stabes in seinen Rippen spürte und ein Polizist ihn zurückhielt.
    “Bleibt, wo Ihr seid, Monsieur!”
    “Die Rothaarige ist meine Schwester”, rief Paul.
    Der Gendarm lachte nur. “Und die andere ist meine Mutter. Lasst Euch was Besseres einfallen.”
    Paul gab nicht so leicht auf und versuchte von der anderen Seite durch die Menge zu dringen, aber irgendetwas hielt ihn zurück. Er starrte nach vorn. Autumn musste die Intensität seines Blickes durch die Mauer ihrer Hoffnungslosigkeit gespürt haben. Sie schaute auf, und ihre Blicke trafen sich. Er hielt die Luft an. Grüne Augen, deren dunkler Schleier sich etwas lüftete, als sie ihn sah. Etwas zog ihn magisch zu ihr hin, und das hatte nichts zu tun mit der anschwellenden Hitze in seinen Leisten, dem drängenden Verlangen seines Luststabs, der gegen die Hose drückte. Nach dem Zusammentreffen mit der Hausmeisterin hatte er sich eines Besseren besonnen und sich erst einmal ordentlich gekleidet, bevor er sich wieder unter die Leute wagte.
    Wie war diese magische Anziehung zu erklären? An Liebe glaubte er nicht. In seiner Welt verliebten sich die Männer nur in Frauen, die bereits anderen Männern gehörten. Das war sicherer. Keine Fesseln. Aber mit der Rothaarigen war alles anders. Ihren Körper hatte er bereits besessen, aber

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