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Das Aktmodell

Das Aktmodell

Titel: Das Aktmodell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jina Bacarr
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Junge.
Maintenant.
Jetzt.”
    Paul weigerte sich. Wie in Trance stand der junge Mann im Hauptraum des Bauernhauses, und die Augen in die Ferne gerichtet, versuchte er nicht auf die verkohlten Überreste seiner Bilder zu schauen, die in der Feuerstelle lagen. Seine Venen brannten, und sein Körper krümmte sich vor Schmerzen.
    Sein Stiefvater hatte alle Zeichnungen, Bilder und Skizzen zerstört, die er zu Papier gebracht hatte.
    Der Mann hatte auf ihn gewartet, als er vom Teich zurückkehrte. Der Rauch aus dem Kamin winkte ihm von Weitem zu. Er wusste, dass sein Stiefvater ihn dazu bringen wollte, seine einzigartige Sicht der Dinge zu vergessen; dass er Bilder voller Harmonie und Schönheit malen konnte, die das Auge des Betrachters erfreuten. Linien und Farben wurden von ihm auf neue Weise kombiniert.
    Er wollte fortlaufen nach Paris, obwohl er seine Mutter ungern allein ließ. Sie war eine stille Frau, zart und lieblich. Seinen leiblichen Vater hatte er nie kennengelernt. Er wusste nur, dass er Engländer war. Nach seiner Geburt nahm sein Vater ihn und seine Mutter nach England mit, aber seine snobistische Familie akzeptierte sie nicht und schickte sie nach Frankreich zurück. Dort war seine Mutter gezwungen, eine Vernunftehe ohne Liebe einzugehen, nur damit sie versorgt waren. Sie hatte damals nicht absehen können, in welche Gefahr sie den Jungen damit bringen würde und welcher Horror auf ihn wartete, als er sich zu einem jungen Mann mit beachtlichem Talent entwickelte. Ein Talent, das in seinem Stiefvater Neid und gleichzeitig Verärgerung hervorrief.
    “Du sprichst wohl nicht mit mir, eh?”, fragte sein Stiefvater. “Dann werde ich dir diesen Unsinn, dass du ein Künstler sein willst, halt aus dem Kopf schlagen.”
    Die Schläge kamen. Hart. Immer härter. Auf seine Schultern, sein Kinn, die Seite seines Kopfes, bis Blut über seinen Nacken floss und auf sein weißes Kosakenhemd tropfte. Ein Hieb auf seinen Hals riss sein Hemd auf und hinterließ eine Narbe, die er unter seinen langen Haaren versteckte.
    Noch nicht einmal als sein Stiefvater verstarb, verblassten diese Erinnerungen. Dieser Mann war kaltherzig und böse gewesen. Paul vergoss keine Träne, weder damals noch heute. Er wusste noch nicht einmal, wo sein Stiefvater begraben lag. Aber sein innerer Genius sah auch weiterhin neue Bilder, neue Richtungen, die ihn quälten.
    Als seine Mutter starb und ihre Seele gen Himmel zog, machte Paul sich nach Paris auf. Niemals blickte er mehr zurück. Er vergaß, wer er einmal gewesen war, ließ seine Vergangenheit hinter sich und trat in die Welt der Comtesse ein, in ein Reich der Schwarzen Künste, das ihm seine verlorene Jungend wiedergab. Hier fand er seine Lebenskraft wieder und entdeckte seine sexuelle Potenz.
    Verdammt! Er wollte alles. Seine Kunst. Seine Jugend. Und Autumn. Aber er durfte sich niemals in sie verlieben, oder er würde alles verlieren.
    In Gedanken reiste er zurück in die Landschaft der Normandie, wo das Licht sanft und die Luft süß war. Hier hatte er seine Leidenschaft zur Malerei wiedergefunden und sein Können bewiesen.
    Paul lehnte sich gegen eine Steinwand, rieb seine schmerzenden Knöchel und beobachtete, wie die Dunkelheit ihren Schleier über die Stadt warf.
    Die Intensität seines Rückblicks erstaunte ihn nicht. Aber der körperliche Schmerz, den er immer noch bei diesen Erinnerungen empfand, schockierte ihn und machte ihm Angst.
    Er versuchte sich einzureden, dass diese gewaltsamen Ausbrüche verständliche Reaktionen eines Mannes waren, der immer am Rande des Wahns lebte, der sich mit schwarzer Magie beschäftigte und den Preis zahlte für diese Illusionen. Aber er wusste auch gleichzeitig, dass seine plötzlichen Visionen mehr waren als Aberglaube, sie waren eine dunkle Vorahnung. Ein kalter Schauer lief über seinen Rücken.
    Der Kuss einer Frau könnte für ihn tödlich werden. Könnte ihn tief in seinem Innersten berühren. Die Comtesse hatte ihn davor gewarnt, dass sie ihm zwar alle erotischen Raffinessen zeigen konnte, aber nicht den Weg der Liebe.
    Jetzt verstand er zum ersten Mal, was sie meinte. Autumn. Die erste Verliebtheit war bereits einer heißen Leidenschaft gewichen. Das wilde Liebesspiel ihrer ersten Nacht hatte zwar ihren Körper in Ekstase versetzt, aber nicht ihr Herz erreicht. Er wollte ihre Liebe. Dieser Wunsch setzte sich tief in ihm fest, bis in seine Seele.
    Fieberhaft überlegte Paul, wie er sie schnell aus St. Lazare retten könne. Die ganze Nacht

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