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Das Alabastergrab (Krimi-Edition)

Das Alabastergrab (Krimi-Edition)

Titel: Das Alabastergrab (Krimi-Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Vorndran
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Paddlergroßkundgebung und -demonstration in der Geschichte des Bayerischen Kanuverbands geplant. Die Beteiligung war immens, die Stimmung war gut und ausgelassen. Mehrere hundert Paddler aller Couleur hatten in Nedensdorf und am gegenüberliegenden Ufer ihre Lager aufgeschlagen. Bis zum Wasser standen die Zelte dicht an dicht. Die ersten Feuer brannten bereits, die eine oder andere Gitarre konnte man auch schon hören, und etliche Wassersportler waren noch auf dem Fluss unterwegs, um das Spektakel von dort aus zu betrachten.
    Im einzigen Gasthof von Nedensdorf hatten sich die oberen Zehntausend der Protestbewegung zum konspirativen Treff versammelt. Der Reblitz lag einhundert Meter den Berg hinauf mitten im Ort, den ansonsten ein eher beschauliches Treiben mit Einheimischen und ein paar Sommergästen auszeichnete. Jetzt aber war hier der Teufel los. Die Gaststube platzte fast aus allen Nähten, wer keinen Stuhl mehr ergattert hatte, musste stehen – und das taten die meisten. Der Gang zur Toilette erinnerte stark an eine Nahkampfübung der Bundeswehr, und das Bier floss in Strömen, und zwar nicht nur in der Wirtschaft.
    Auch draußen auf dem Hof drängelten sich die Menschen bis zur Einstiegsstelle hinunter und verlangten nach flüssigem Brot. Der Wirt war bereits dazu übergegangen, das Bier fässerweise zu verkaufen, um der Lage einigermaßen Herr zu werden. Die Bierfässer mussten dann über Kopf zum Flussufer geschleppt werden, weil an ein Durchkommen auf eine andere Art nicht einmal zu denken war. Das größte Bamberger Volksfest, die Sandkerwa, war ein Dreck dagegen. Ganz Nedensdorf ähnelte einem Piratentreffen auf einer Karibikinsel. Die Stimmung musste damals ähnlich gewesen sein.
    Im Reblitz saßen die Rädelsführer derweil in trauter Runde beisammen, um sich auf den morgigen Tag einzustimmen. Beflügelt von der Woodstockatmosphäre draußen war man drinnen fleißig am Mut- und Überzeugungantrinken.
    Fritz Helmreich, Bootsverleiher aus Kemmern, hielt gerade eine Rede zur Lage der Paddlernation. Schon leicht beduselt beendete er unter begeistertem Beifall seinen Vortrag gegen die dunklen Mächte der Fischerei um den finsteren Rast und gab anschließend den Abend zur freien Gestaltung frei. Was nichts weiter hieß, als dass der Bierkonsum sich noch etwas beschleunigte, sofern dies überhaupt noch möglich war. Der Zapfhahn des Wirtes glühte genauso wie die Augen des Brauereibesitzers. Der Reblitz machte in einer Nacht so viel Umsatz wie sonst im ganzen Sommer.
    »Du, Fritz, sach amal«, wurde Helmreich von der rechten Seite angesprochen. »Du, Fritz, sach amal: Maanst du, die wollen des Bootfahrn aufm obera Maa echt verbieten? Jetzt, wo mer doch alle Aastiegsstelln gemacht ham? Bloß wecha dem Rast sei Spinnerei.«
    »Naaa. Jetzt mach dir amal kaan Stress«, beruhigte ihn der Bootsverleiher.
    »Wenn die morchen sehn, was aufm Maa los is, dann wern die sich des gleich zwaamol überlechen, was se da machen. Und der Rast tut, glaab ich, schlimmer, als wie er is. Des is a großer Dampfplauderer vorm Herrn. Prost, und jetzt trinke mer noch a Seidla!«
    Helmreich war sich sicher, dass die ganze Geschichte in ihrem Sinne ausgehen würde. Als ortsansässiger Bootsverleiher hatte ihn das Schicksal in die Gegenspielerrolle der Angler hineinmanövriert. Trotzdem hatte er immer wieder versucht, beschwichtigend auf seine Partei einzuwirken, was jedoch einfacher gesagt als getan war. Die Fischerei war ein straff durchorganisierter Verband, der sich bis hinunter in den kleinsten Angelverein erstreckte. Da herrschten noch deutsche Zucht und Detailkenntnis. Die Bootsfahrer hingegen glichen einem chaotischen Hühnerhaufen. Als junge Sportart waren sie dementsprechend schlecht organisiert und, was Lobbyarbeit anbelangte, völlig unbedarft. Das musste man erst lernen, aber Helmreich war auf einem guten Weg. Immerhin war sein Vater Bürgermeister von Kemmern gewesen, und als Heranwachsender hatte er mit großem Interesse die Klüngel und Abmachungen in der Heimlichkeit des Helmreich’schen Wohnzimmers mitverfolgt. Nach dem Willen seines Vaters hätte er Lehrer werden und in der Politik mitarbeiten sollen. Dafür wäre jedoch der CSU -Beitritt unausweichlich gewesen wäre, und so weit ging die Vaterliebe dann doch nicht. Dann eben keine Politikerkarriere. Denn in Franken war man seit jeher entweder in der CSU oder in der Opposition. Entweder man arrangierte sich und akzeptierte die faktische Monarchie im größten

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