Das Alexandria-Komplott
lag, wenn der Kapitän und seine Offiziere den Kanal kennen und wenn es ohne Licht auslief, dann könnte es unbemerkt aufs Meer gelangen. Ich muß aber betonen, daß dies einem Wunder gleichkäme.«
»Können Sie Captain Flores eine Liste der vor Anker liegenden Schiffe zur Verfügung stellen?«
»In zehn Minuten ist die Kopie fertig.«
»Captain Flores?«
»Colonel?«
»Das unbekannte Schiff ausfindig zu machen ist Marineangelegenheit. Wenn nötig, müssen Sie das Kommando über die Suchaktion übernehmen.«
»Sehr gerne, Colonel. Ich kümmere mich sofort darum.«
Rojas warf einen nachdenklichen Blick auf die Trümmer, die auf dem Zementboden lagen. »Bevor diese Nacht vorüber ist, wird hier die Hölle los sein«, murmelte er.
Kurz vor Mitternacht, nachdem Captain Flores eine sorgfältige Überprüfung des Hafens und der Gewässer außerhalb des Kanals vorgenommen hatte, setzte er Rojas davon in Kenntnis, daß die Lady Flamborough nicht an ihrem Platz lag.
Colonel Rojas war wie vor den Kopf geschlagen, als er die Passagierliste des Kreuzfahrtschiffes vor sich liegen hatte. Er ordnete sofort eine Überprüfung an, in der vagen Hoffnung, der ägyptische und der mexikanische Präsident seien von Bord gegangen und hätten Quartier an Land bezogen. Erst als die Bestätigung einging, daß sie an Bord waren, war klar, daß das Schiff und alle Passagiere entführt worden waren.
Bei Tagesanbruch begann eine weiträumige Suchaktion. Jedes Flugzeug, das die Luftwaffen von Uruguay, Argentinien und Brasilien starten lassen konnten, suchte in einem vierhunderttausend Quadratkilometer umfassenden Gebiet den Südatlantik ab.
Von der Lady Flamborough wurde nicht die geringste Spur gefunden.
Es war, als hätte das Meer das Schiff verschlungen.
39
Z wei Hände tasteten sich unter sein Hemd und streichelten seinen Rücken. Er kämpfte darum, aus seinem festen Schlaf zu erwachen, träumte, er befinde sich tief unter Wasser und schwimme zur schimmernden Oberfläche empor, nur daß es ihm unmöglich war, sie zu erreichen. Er rieb sich die Augen und merkte, daß er immer noch zusammengerollt auf der Couch in seinem Büro lag. Die Sicht wurde ihm von einem Paar wohlgerundeter Beine versperrt.
Pitt richtete sich auf und blickte in die lockenden Augen von Lily. Er hielt das Handgelenk in die Höhe, doch er hatte seine Uhr abgenommen und sie zusammen mit seinen Schlüsseln, dem Kleingeld und der Brieftasche auf den Schreibtisch gelegt.
»Wieviel Uhr ist es?« erkundigte er sich.
»Halb sechs«, erwiderte sie, strich mit ihren Händen über seine Schultern und fing an, seinen Nacken zu massieren.
»Tag oder Nacht?«
»Später Nachmittag. Du hast nur drei Stunden geschlafen.«
»Wirst du nie müde?«
»Ich komme mit vier Stunden Schlaf aus.«
Er gähnte. »Der Mann, den du heiratest, kann einem leid tun.«
»Hier ist Kaffee.« Sie stellte die Tasse auf einen Beistelltisch neben seinem Kopf.
Pitt schlüpfte in seine Schuhe und steckte das Hemd in die Hose. »Hat Yaeger etwas gefunden?«
»Ja.«
»Den Fluß?«
»Nein, noch nicht. Hiram macht ein Mordsgeheimnis daraus, aber er behauptet, du hättest recht. Venator hat den Atlantik vor den Wikingern und vor Columbus überquert.«
Er nahm einen Schluck Kaffee und verzog das Gesicht. »Das ist ja der reine Zucker.«
Lily sah überrascht aus. »Al sagte, du nähmst immer vier Teelöffel voll.«
»Al hat gelogen. Ich mag ihn lieber ungesüßt und stark.«
»Tut mir leid«, entgegnete sie mit übermütigem Lächeln. »Da bin ich wohl einem Spaßvogel auf den Leim gegangen.«
»Da bist du nicht die einzige«, sagte er und sah zur Tür seines Büros hin.
Giordino saß da, die Füße ruhten auf Yaegers Schreibtisch, und studierte die detaillierte topographische Karte einer Küstenlinie.
Yaeger hockte vor einem Computermonitor und kritzelte Notizen auf einen Block. Er brauchte sich nicht umzudrehen, als Pitt und Lily hereinkamen. Er sah ihr Spiegelbild auf der Mattscheibe.
»Wir haben einen Durchbruch erzielt«, verkündete er zufrieden.
»Was haben Sie entdeckt?« fragte Pitt.
»Statt mich auf jedes Fleckchen und jede Einbuchtung südlich vom Grab der Serapis in Grönland zu konzentrieren, habe ich die Küste bis hinunter nach Maine übersprungen und habe dort nach einer Übereinstimmung seiner Beschreibung des Landes gesucht.«
»Und das hat sich ausgezahlt«, mutmaßte Pitt gespannt.
»Ja. Wie Sie sich erinnern, schrieb Rufinus, daß ein Sturm aus Süden sie
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