Das Alexandria-Komplott
Konsolencomputers, den er so umprogrammiert hatte, daß er ihm Zeit und Entfernung zur Absprungzone anzeigte.
Fünfzehn Minuten später überquerte der Jet einen unbewohnten Streifen von Islands Südküste und flog landeinwärts. Die Landschaft wurde zu einem Muster aus grauem Felsen und weißem Schnee. Er fuhr die Landeklappen aus und verringerte die Geschwindigkeit weiter, bis die Boeing 720-B nur noch dreihundertzweiundfünfzig Kilometer in der Stunde flog.
Dann schaltete er den Autopiloten auf einen neuen Funkleitstrahl um, der von einem Funkfeuer auf dem Hofsjokull, einem Gletscher, der 1.737 Meter hoch im Innern der Insel aufragte, ausgestrahlt wurde, und stellte die Höhe so ein, daß das Flugzeug hundertfünfzig Meter unterhalb des Gipfels aufschlagen würde.
Methodisch ging er daran, Kommunikationsanlagen und Richtungsanzeiger zu zerstören und unbrauchbar zu machen. Vorsichtshalber ließ er noch Treibstoff ab, für den Fall, daß irgendein idiotischer Zufall seinen sorgsam ausgearbeiteten Plan vereitelte.
Noch acht Minuten.
Durch die Falltür ließ er sich ins Höllenloch hinunter. Er trug bereits ein Paar französische Fallschirmspringerstiefel mit dicken, elastischen Sohlen. Schnell zog er jetzt einen Springeranzug aus der Stofftasche und schlüpfte hinein. Für einen Helm war kein Platz gewesen, deshalb setzte er Skimaske und Wollmütze auf. Danach folgten ein Paar Handschuhe, Brille und ein Höhenmesser, den er sich ums Handgelenk schlang.
Er schloß die Gurtschnallen und überprüfte die Sprungseile. Ein kleiner Rucksack zwischen den Schulterblättern enthielt den Reserveschirm, während der eigentliche Fallschirm darunter, genau in seinem Kreuz, saß. Er verließ sich auf einen Kunstflugschirm, einen rechteckigen, lenkbaren Schirm, mit dem man eher dahinglitt als nur sprang.
Dann warf er einen kurzen Blick auf seine Uhr. Eine Minute, zwanzig Sekunden. Er öffnete die Tür des Notausgangs, und ein eisiger Wind fegte durchs Höllenloch. Jetzt hielt er den Blick auf den Sekundenzeiger gerichtet und fing mit dem Countdown an.
Als er bei Null angelangt war, zwängte er seinen Körper, Füße voran, in Flugrichtung durch die schmale Öffnung. Der gewaltige Luftstrom traf ihn mit der Wucht einer Lawine und raubte ihm den Atem. Das Flugzeug donnerte mit ohrenbetäubendem Lärm dahin. Einen kurzen Augenblick lang spürte er die heißen Abgase der Turbinen, dann war er freigekommen und fiel.
Gesicht nach unten, in stabiler Flughaltung, die Beine ausgestreckt, Knie leicht angewinkelt, die Hände vor sich ausgestreckt, blickte Lemke nach unten und sah nur Schwärze. Auf dem Boden brannten keine Lichter.
Er malte sich das Schlimmste aus: Seine Mannschaft hatte es nicht geschafft, den richtigen Absprungpunkt zu finden. Ohne genau ausgeleuchtete Zielzone konnte er aber seinen Antrieb oder die Richtung nicht beeinflussen. Vielleicht landete er kilometerweit entfernt, oder, was noch schlimmer war, er konnte inmitten eines zerklüfteten Eisfeldes herunterkommen, und man würde ihn niemals rechtzeitig finden.
In zehn Sekunden war er bereits dreihundertsechzig Meter gefallen. Die Nadel auf der beleuchteten Anzeige seines Höhenmessers wanderte langsam in den roten Bereich. Länger konnte er nicht mehr warten. Er zog den Pilotschirm aus dem Beutel und ließ ihn los. Der kleine Schirm verankerte sich am Himmel und zog den Hauptschirm heraus.
Der Fallschirm öffnete sich mit lautem Geräusch, und Lemke wurde in eine aufrechte Stellung gerissen. Er nahm die kleine Taschenlampe aus der Tasche und richtete den schmalen Strahl über seinen Kopf. Der Schirm bauschte sich über ihm.
Plötzlich blinkte ein kleiner Lichterkranz rechts von ihm auf, ungefähr eine Meile weit entfernt. Dann stieg eine Signalrakete hoch und erhellte für einige Sekunden die Umgebung – gerade lange genug, um ihm zu ermöglichen, Windrichtung und -stärke zu bestimmen. Er zog am rechten Steuerungsseil und glitt auf die Lichter zu.
Wieder ging eine Leuchtrakete hoch. Der Wind blies ganz beständig, während er sich dem Boden näherte. Jetzt konnte er seine Mannschaft deutlich erkennen. Er zerrte kräftig an den Steuerungsseilen und vollzog eine 180-Grad-Drehung in den Wind.
Lemke bereitete sich auf die Landung vor. Die Mannschaft hatte das Terrain gut ausgewählt. Seine Fußballen prallten auf die weiche Tundra, und er schaffte eine perfekte Landung im Stand, genau in der Mitte des Kreises. Ohne ein Wort löste er das Geschirr des
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