Das Alexandria-Komplott
versinken lassen wollte, warum hat er sich dann die Mühe gemacht, die Passagiere zu vergiften? Was könnte ihn wohl veranlaßt haben, zwei Anschläge gleichzeitig auf ihr Leben zu unternehmen?«
»Das ist der springende Punkt«, erklärte Brogan. »Meine Analytiker glauben nicht, daß Ammar für die Ermordung der Passagiere verantwortlich ist.«
In den Augen des Präsidenten zeigte sich ein Anflug von Überraschung. »Jetzt haben Sie mich aber auf dem linken Fuß erwischt, Martin. Was, zum Teufel, meinen Sie damit?«
»Die Pathologen vom FBI-Labor sind nach Thule geflogen und haben an den Opfern Autopsien vorgenommen. Sie fanden in den Leichen der Flugzeugbesatzung die fünfzigfache Menge an Sarin, die notwendig gewesen wäre, um den Tod herbeizuführen – die Untersuchungen jedoch ergaben, daß die Passagiere an Manchineel gestorben sind, das dem Bordessen beigemischt war.«
Brogan machte eine Pause und trank einen Schluck Kaffee.
Der Präsident wartete und schlug dabei ungeduldig mit einem Füllfederhalter gegen den auf dem Schreibtisch liegenden Kalender.
»Manchineel oder Guavengift, wie es auch genannt wird, ist in der Karibik und an der Golfküste Mexikos bekannt«, fuhr Brogan fort. »Es stammt von einem Baum, der eine tödliche, süßschmeckende, apfelförmige Frucht trägt. Die Indianer der Karibik haben den Pflanzensaft benutzt, um ihre Pfeilspitzen damit zu tränken. In früheren Zeiten sind jede Menge Schiffbrüchiger am Genuß der giftigen Früchte gestorben, und auch heute sterben noch Touristen daran.«
»Und Ihre Leute sind der Ansicht, ein Attentäter von Ammars Kaliber wäre sich zu schade, Manchineel zu verwenden?«
»So ungefähr«, nickte Brogan. »Ammars Verbindungsleute hätten keinerlei Mühe, Sarin von einem Chemieunternehmen in Europa zu kaufen oder zu stehlen. Manchineel ist etwas ganz anderes. Es steht nirgendwo im Regal und wirkt zu langsam, um einen plötzlichen Tod herbeizuführen. Ich bezweifle, daß Ammar auch nur einen einzigen Gedanken daran verschwenden würde, es zu verwenden.«
»Wenn es der Araber nicht war, wer denn dann?«
»Wir haben keine Ahnung«, antwortete Brogan. »Mit Sicherheit keiner der drei Überlebenden. Die einzige Spur führt zu einem mexikanischen Delegierten, einem gewissen Eduardo Ybarra. Er war der einzige Passagier, abgesehen von Hala Kamil, der das Essen nicht angerührt hat.«
»Hier steht aber, daß er beim Absturz gestorben ist.« Der Präsident blickte von der Akte auf. »Wie konnte er das Bordessen vergiften, ohne dabei aufzufallen?«
»Das wurde bereits in der Küche der Gesellschaft besorgt, die die Luftlinie beliefert. Britische Untersuchungsbeamte verfolgen diese Spur im Augenblick.«
»Vielleicht ist Ybarra unschuldig. Möglicherweise hatte er einen ganz simplen Grund, nichts zu essen.«
»Die überlebende Stewardeß hat ausgesagt, Hala habe während des Essens geschlafen, aber Ybarra habe Magenbeschwerden vorgegeben.«
»Das könnte auch tatsächlich so gewesen sein.«
»Die überlebende Stewardeß hat jedoch gesehen, wie er ein Sandwich aß, das er in der Aktentasche gehabt hatte.«
»Dann wußte er also Bescheid.«
»Sieht so aus.«
»Weshalb hat er bloß riskiert, an Bord zu gehen, wenn er wußte, daß außer ihm alle sterben würden?«
»Zur Sicherheit, für den Fall, daß das Hauptziel oder die Ziele – möglicherweise alle mexikanischen Delegierten – das Gift nicht zu sich nehmen würden.«
Der Präsident lehnte sich zurück und warf einen prüfenden Blick zur Decke empor. »Okay, Miß Kamil ist der Stachel im Fleisch von Yazid. Er gibt Ammar den Auftrag, sie zu beseitigen. Der Job wird vermasselt, und das Flugzeug verschwindet nicht, wie geplant, mitten über dem Ozean, sondern es landet in Grönland. Soviel zum ersten Rätsel. Solide Fakten für die Anklage. Wir wollen das Ganze mal die ägyptische Seite nennen. Das zweite Rätsel, die mexikanische Seite, ist weitaus undurchsichtiger. Ein offensichtliches Motiv für einen Massenmord ist nicht erkennbar, und der einzige Verdächtige ist tot. Wenn ich Richter wäre, würde ich das Verfahren mangels Beweisen einstellen.«
»Da muß ich zustimmen«, bemerkte Brogan. »Bisher liegen keinerlei Hinweise darüber vor, daß Terroristenbewegungen von Mexiko ausgehen.«
»Sie vergessen Topiltzin«, knurrte der Präsident unvermittelt.
Der Ausdruck des kalten Hasses im Gesicht des Präsidenten überraschte Brogan.
»Die Agency hat Topiltzin keineswegs vergessen«,
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