Das Allheilmittel - Valoppi, J: Allheilmittel
sprangen auf die Beine. Der Hüne trat einen winzigen Schritt nach links, wodurch er die Tür blockierte.
»Das wird mir jetzt alles ein wenig zu heftig«, sagte Justin. »Das ist dein Spiel, Mann. Du gewinnst.« Er griff nach seiner Spielkonsole.
Spider griff hinter sich und zog einen Revolver hinter dem Hosenbund hervor. Die Waffe schimmerte stumpf und metallisch. Spider streckte den Arm aus, bis sich das Ende des Laufs zwischen Justins Augen befand und nachdrücklich gegen seinen Nasenansatz presste.
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Erbie ging dazu über, ein Kirchenlied zu summen, während sie schier ewig auf einen der beiden Aufzüge wartete, der sie zur Wohnung der Cummings bringen würde. Der andere wurde gerade gewartet.
Sie ärgerte sich über die Verzögerung, zugleich freute sie sich, wieder arbeiten zu können – obwohl dies an sich ihr freier Tag war. Aber sie fühlte sich stark, hatte ohnehin genug zu tun und wollte auch unbedingt die beiden Kinder sehen. Sie wusste nicht, dass sie bereits ausgegangen waren.
Als sie in ihren Zimmern nach ihnen sah, vernahm sie erschrocken Claires Stöhnen. Rasch ging sie zu ihr und bemerkte sofort die leicht gräuliche Tönung von Claires Haut.
»Was hat dieser Dr. Viviee nur mit Ihnen gemacht?«, fragte Erbie, während sie Claires Stirn streichelte. »Wir werden herausfinden, was hier los ist, keine Sorge. Er ist ein böser Mann und wird damit nicht davonkommen.«
Claire stöhnte lauter und riss den Kopf hin und her.
»Miss Claire, geht es Ihnen gut?«, flüsterte Erbie, unsicher, ob sie wach war.
Claire beruhigte sich, und Erbie beschloss, dass es das Beste wäre, sie schlafen zu lassen. So wandte sie sich der Hausarbeit zu. Ein paar Mal vermeinte sie, Geräusche über den Lärm des Staubsaugers zu hören, aber jedes Mal, wenn sie ihn ausschaltete, vernahm sie nur Stille. So oft sie nach Claire sah, schlief sie friedlich.
Erbie befand sich gerade in der Küche, als ihr auffiel, dass die Telefonleitungsanzeige leuchtete – demnach musste Claire wach sein. Neben dem Telefon lag Dr. Viviees Karte. Etwas verwundert betrachtete sie, wie eigenartig er seinen Namen darauf darstellte – ›VIVIee‹. Dann wandte sie sich davon ab und begann, etwas zu essen zuzubereiten. Sie warf eine Orangenschale in den mittlerweile überquellenden Mülleimer und holte den Beutel unter dem Spülbecken hervor. Spontan hielt sie inne, drehte sich um und blickte erneut auf die Karte. Sie konnte sich kaum davon lösen. Das Geräusch der zufallenden Tür von Claires Zimmer riss Erbie aus dem Bann, und sie ging durch die Hintertür hinaus zur Treppe. Dort schaltete sie das Licht ein, zog die schwere Metalltür zum Verbrennungsofen auf und warf den Abfallbeutel hinab.
Überrascht zuckte sie zusammen, als sie sich umdrehte und Claire in ihrem Nachtgewand in der Tür stand. »Miss Claire, Sie sollten besser im Bett bleiben.«
»Was tun Sie hier?«, gab Claire barsch zurück.
»Ich arbeite.«
»Verschwinden Sie.«
Erbie näherte sich dem Eingang zur Wohnung, aber Claire versperrte ihr den Weg und zischte: »Sofort! Sie sind hier nicht erwünscht.«
»Also, das liegt an Ihrer Tochter. Wenn Sie möchten, kann ich sie anrufen, und wenn sie mich nicht hier haben will, gehe ich.«
»Ich will Sie nicht hier haben.«
Erbie trat einen Schritt auf die Tür zu, und abermals stellte sich Claire ihr in den Weg.
»Was wollen Sie von mir, Miss Claire? Ich muss doch zumindest meine Handtasche und meine Sachen aus der Wohnung holen. Soll ich die etwa hier lassen?«
Claire wich gerade genug von der Tür zurück, damit sich Erbie hineinquetschen konnte.
»Ich habe Ihnen etwas zu essen gemacht«, sagte Erbie. »Sie werden sich besser fühlen, wenn Sie etwas zu sich nehmen.«
»Gehen Sie.«
Erbie verstaute ihre Sachen in ihrer Handtasche und ging zur Hintertür hinaus. Sie zitterte. Mit dem Mobiltelefon wählte sie Helenes Nummer, doch bevor sie die Wähltaste drücken konnte, öffnete sich die Fahrstuhltür. Sie spürte etwas hinter sich und drehte sich rasch um. Claire stand neuerlich in der Tür und starrte sie an.
Als Erbie wieder zum Fahrstuhl schaute, erkannte sie, dass es sich um jenen handelte, der gewartet wurde. Hinter der offenen Tür wartete keine Kabine, sondern nur ein leerer Schacht. Ihre Finger begannen zu kribbeln, und sie umklammerte die Seiten der Tür. Ihre Sicht verschwamm, als sie den langen, dunklen Tunnel hinabblickte, der in den Keller führte. Ihr Knöchel traten weiß hervor, ihre Hände
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