Das Allheilmittel - Valoppi, J: Allheilmittel
Bettes. Das Geräusch eines sich öffnenden Klettverschlusses ertönte. Er hielt einen kleinen, schwarzen Gegenstand in der Hand.
»Warten Sie!«, rief Justin.
»Das ist nur ein Blutdruckmessgerät«, erwiderte Viviee und brachte es an Roberts Finger an. Dann zog er einen weiteren Anschluss von dem Computer herbei und befestigte ihn an Roberts Brust.
»Rufen Sie einen Krankenwagen!«, forderte Justin ihn auf. »Worauf warten Sie?«
»Wie ich sehe, wart ihr an meinem Computer«, stellte Viviee fest. Er stand auf, setzte sich auf den Stuhl und drückte ein paar Tasten. Dann bückte er sich und brachte eine weitere Vorrichtung an Roberts Brust an. »Hörst du nicht, was draußen los ist? Unten auf der Straße findet gerade ein Protestmarsch statt. Ein Krankenwagen würde eine Stunde hierher brauchen.«
Da stürzte Helene keuchend ins Zimmer. Sie hatte sich vollständig angezogen und stand mit ihrem Mantel und ihrer Handtasche da. »Kyle hat angerufen. Ich soll in fünfzehn Minuten live auf Sendung gehen! Das Wiedergabegerät des Senders für Aufzeichnungen ist ausgefallen. Er versucht schon den ganzen Nachmittag, mich zu erreichen.«
»Geh nur, Helene. Hier ist alles unter Kontrolle. Robert kommt wieder in Ordnung.«
»Bist du sicher?«
»Ganz sicher.«
»Ich rufe dich an!«, rief Helene und eilte den Flur entlang davon.
Viviee rief einen Bildschirm auf, der Roberts Vitalfunktionen anzeigte. »Das ist ja schlimmer, als ich dachte.«
»Was meinen Sie damit?«, wollte Madeline wissen. »Sie haben doch gerade gesagt, er kommt wieder in Ordnung.«
»Das hier sieht aber nicht gut aus«, erwiderte Viviee. »Ich fürchte, er stirbt gerade.«
»Nein«, widersprach Justin.
»Zum Glück kann ich ihn retten.« Der Arzt ging in die gegenüberliegende Ecke des Raumes, wo er eine Spritze aus einer schwarzen Alligatorledertasche holte. In der bekannten Pose eines leidenschaftlichen Mediziners hob er die Nadel ans Fenster und steckte sie in eine kleine Ampulle.
»Was tun Sie da?«, verlangte Justin zu erfahren.
»Er hat Glück. Ich habe noch einen Nanochip übrig.«
»Nein!«, schrie Madeline.
»Nein? Wollt ihr, dass er stirbt?«
»Robert will den Chip nicht«, sagte Justin. »Ich weiß, dass er ihn nicht will.«
»Er würde lieber sterben? Willst du mir das damit sagen?«
»Ja. Ich meine – ich weiß es nicht. Jedenfalls will er den Chip nicht.«
»Woher weißt du das?«
»Wir haben darüber geredet«, sagte Madeline. »Er will ihn nicht.«
»Ihr habt darüber geredet? Na ja, wisst ihr, es besteht ein großer Unterschied darin, nur über etwas zu reden oder es tatsächlich zu tun. Niemand will sterben – nicht heute, nicht morgen, nie. Niemand wacht auf und sagt sich, heute sei ein guter Tag zum Sterben. Trotzdem sterben die Menschen. Wer würde nicht lieber leben wollen? Gibt es jemanden, der sich am Totenbett für den Tod entscheiden würde? Wenn ja, ist mir noch niemand begegnet.« Er zog den Kolben der Spritze zurück und füllte sie mit der Flüssigkeit, die den Nanochip enthielt.
Mit der Spritze in Schulterhöhe in der Hand, die Nadel gen Himmel weisend, ging er auf Robert zu.
»Tun sie es nicht«, kreischte Madeline panisch.
»Dann wird sein Tod euer Gewissen belasten.« Dr. Viviee bückte sich zu Robert hinab. »Wie weit seid ihr bereit zu gehen, um mich aufzuhalten?«
»Wir wissen, wer Sie sind«, sagte Justin.
»Ihr glaubt zu wissen, wer ich bin?«, gab Smith Viviee mit einer Stimme zurück, die sich wie ein Rasiermesser anfühlte. »Du weißt doch noch nicht mal, wer du selbst bist, Matthäus.« Sein Gesicht verzog sich vor Zorn.
Die Teenager erstarrten vor Angst. »Sein Name ist Justin«, sagte Madeline mit fester Stimme.
»Halt die Klappe, Maria!«, herrschte Viviee sie an. »Du warst schon immer ein lästiges Ärgernis.« Er legte die Spritze auf den Klapptisch und ging auf Madeline zu. »Aber du hast nie Ruhm abbekommen. Dafür wurde gesorgt.« Mit einer ausholenden Geste deutete er auf Justin. »Sie haben ihn dir gestohlen.«
»Der Ruhm hat immer Gott gebührt«, entgegnete sie.
»Madeline, wovon redest du? Hör nicht auf ihn«, sagte Justin. »Er versucht bloß, uns zu verwirren.«
»Wer war er schon?«, fuhr Viviee fort. »Ein Niemand. Matthäus, ein glorifizierter Finanzbeamter – der Steuereintreiber. Einer der verachtenswertesten Menschen auf dem Planeten. Ha! Und dich haben sie als Nutte hingestellt. Was hast du bekommen? Ein paar Zeilen? Ihm ist ein ganzes Kapitel gewidmet.
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