Das Allheilmittel - Valoppi, J: Allheilmittel
hast.«
»Ich habe versucht, mich an Pater Davids Gebet zu erinnern«, antwortete Justin.
»Vielleicht ist das die Energieverlagerung, die wir brauchen«, schlug Robert vor. »Vielleicht wird sie durch ein Gebet erschaffen.«
»Justin«, sagte Madeline, »Pater David hat gemeint, manche Dinge könnten nur durch Gebete geheilt werden. Er hat uns aufgefordert, das nie zu vergessen.«
»Aber ich bete doch schon, seit wir hier sind!« Justin starrte aus dem Fenster. »Nein, wartet. Bisher habe ich dafür gebetet, dass sie gesund wird, aber sie muss geheilt werden – von diesem Chip. Ich muss ihre Gesundheit verdrängen und mich auf ihr Seelenheil konzentrieren.« Claire stöhnte abermals.
»Sie kämpft dagegen an«, sagte Justin mit Tränen in den Augen. »Ich weiß, dass sie gegen den Chip ankämpft.«
»Wenn es funktioniert, und sich der Chip auflöst, wird sie vermutlich sterben«, sagte Robert.
»Solange der Chip in ihr ist, kann ihre Seele nicht zu Gott zurückkehren. Wir müssen die Kommunikationsleitungen wieder öffnen, bevor der Chip ihr Gehirn erreicht.«
Sonnenlicht strömte durch die Fenster. Justin folgte den Strahlen, die auf das Gesicht seiner Großmutter fielen und eine Träne auf ihrer Wange wie einen kleinen Lichtblitz glänzen ließen.
»In Ordnung, ich glaube, ich weiß es. Lieber Gott«, sagte Justin atemlos. »Madeline hat erzählt, als sie ein kleines Kind war, hast du all ihre Gebete erhört. Ich vermute, das lag daran, dass sie wirklich daran geglaubt hat. Und jetzt glaube ich ebenso fest. Du hast uns gesagt, mit genug Glauben kann man alles erreichen. Du musst für uns diesen Chip aus ihr holen. Er gehört nicht zu Oma, er gehört Viviee. Bitte schick ihn zurück zu ihm. Ihre Seele gehört dir, du musst sie zu dir nehmen, bitte. Ich weiß, dass du es für uns tun wirst. Du hast gesagt, wenn sich zwei oder mehr Menschen in deinem Namen versammeln, wirst du bei ihnen sein. Hier sind wir nun und brauchen dich.« Er sprach mit der Inbrunst eines Kindes, und er weinte. In seiner Stimme lag Unschuld. »Wir brauchen dich, Gott. Du musst sie heilen.«
Das Pulsieren des Lichts verlangsamte sich. Zusammen beteten sie weiter, abwechselnd laut und stumm. Dabei beobachtete Justin auf dem Monitor den Nanochip, bis er zu blinken aufhörte.
Allmählich erwachte Claire und begann, wieder wie ihr altes Selbst auszusehen. Ihre Züge wurden weicher, und eine tiefe Falte kehrte auf die Stirn zurück. Die Linien um ihre Augen traten deutlicher hervor. Ihre Haut erschlaffte und nahm jenen schrecklichen Grauton an, den Justin noch aus ihren Tagen im Krankenhaus kannte. Als sie die Augen aufschlug, fing sie zu weinen an, doch ihre Lungen hielten der Belastung kaum stand. Mit jedem Husten zuckte sie vor Schmerzen zusammen und konnte nicht einmal den Kopf heben.
»Oma, es tut mir so leid, so leid«, schluchzte Justin. »Ich wusste nicht, was wir sonst tun sollten.«
Sie griff nach seiner Hand und drückte sie. »Es ist alles gut, Justin. Ich verstehe jetzt. Und ich bin nicht mehr allein.«
»Ich bin hier, Oma, und ich werde dich nicht verlassen.« Immer noch strömten ihm Tränen über die Wangen.
»Ich war an einem sehr dunklen Ort und habe mich so verlassen gefühlt, aber jetzt bin ich nicht mehr allein. Meine Zeit hier ist vorüber, und ich bin bereit, meinem Schöpfer gegenüberzutreten.«
»Bitte! Geh nicht, Oma. Vielleicht musst du nicht sterben. Gott hat deine Gebete erhört. Du musst mit aller Kraft kämpfen.«
»Er hat nicht meine Gebete erhört, sondern deine. Ist das Mal schon von meiner Hand verschwunden?«
Justin wischte sich die Augen ab, um etwas durch die Tränen zu erkennen. »Fast«, erwiderte er. »Es ist fast weg.«
»Du bist der Preis, Justin«, erklärte Claire. »Er hat mich nicht benutzt, um an deine Mutter heranzukommen. Er hat mich so benutzt, wie er sie benutzen will – um dich zu kriegen. Du bist der Preis. Ich liebe dich.«
»Ich dich auch, Oma.«
Claire blickte zur Decke, und ein friedliches Lächeln breitete sich auf ihren Zügen aus. »Danke, Herr, dass du dein verlorenes Schaf wieder aufnimmst.«
Alle schauten zum Computermonitor, wo das Licht des Nanochips endgültig erlosch.
Claire sah Justin an und stieß einen langen, rasselnden Atemzug aus. Dann schloss sie die Augen und flüsterte: »Du musst es der Welt berichten – dein Schicksal steht dir noch bevor.«
Plötzlich vernahmen Justin und Madeline die Stimme Fouicks. »Selig die Toten, die im Herrn sterben,
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