Das Allheilmittel - Valoppi, J: Allheilmittel
anspruchsvollen Unterricht in den ehrgeizigen Privatschulen Manhattans aufgestaut hatte, die sie alle besuchten. Das Bier half dabei.
Unter den Sorgen um den Notendurchschnitt für die Collegezukunft und dem Zwang, es an eine Eliteuniversität zu schaffen, verlief ein Strom jugendlicher Rebellion. So reich ihre Eltern sein mochten, den Gehorsam von Kindern, die zu Erwachsenen heranreiften, konnte ihnen ihr Geld nicht kaufen.
Es konnte sie nicht davon abhalten, die Werte, Moralvorstellungen, politischen Ansichten und Mode ihrer Eltern in Frage zu stellen, mochten sie noch so wohlhabend, einflussreich und trendbewusst sein. Dies war eine Generation von Teenagern, die versuchte, gegen eine Generation von Eltern zu rebellieren, die schon alles gemacht hatte – keine einfache Aufgabe.
Für Justin war es eine Herausforderung, mit dem klügsten Mädchen der Schule mitzuhalten. Grundsätzlich war er keineswegs dumm, aber wie seine Mutter stets zu sagen pflegte, in der Motivationsecke fehlte ihm einiges. Zumindest, was die Schule anging, nicht, was Madeline betraf.
Er legte den Arm um ihre Schulter. Sie sah ihn an und lächelte, und für einen Augenblick verschwanden die rund fünfzig anderen Kids einfach, die sich im Erdgeschoss des Hauses ihres Klassenkameraden tummelten.
Dies war das erste Jahr, in dem Justin ihre kleinen, runden Brüste und der Beginn eines Dekolletés in dem engen Pullover auffielen, der ihr gerade über den Nabel reichte. Madeline war ein heißes Mädchen, daran bestand kein Zweifel, und an diesem Abend war sie mit ihm zusammen.
»Möchtest du tanzen?«, brüllte sie, um den pochenden Takt der Bässe zu übertönen.
»Klar, wenn du willst«, log er, denn eigentlich wollte er nur mit ihr rummachen.
Als sie in die Mitte des Raumes gingen, endete das Lied, und langsame Tanzmusik drang aus den Lautsprechern. Dies musste sein Glückstag sein. Er schlang den Arm um ihre Hüfte, zog sie an sich und holte tief Luft. Seine Mutter hatte ihm schon mindestens tausend Mal gesagt, er solle darauf achten, seine außer Rand und Band geratenen Hormone im Zaum zu halten. Nun begriff er, was sie damit meinte. »Ich weiß nicht, was ich tun würde, wenn du ein Mädchen schwängerst«, hatte sie einmal zu ihm gesagt. »Dein Leben wäre ebenso vorüber wie ihres.« Mann , dachte er und versuchte, die Erinnerung zu verdrängen. Wie konnte er in einem solchen Augenblick nur die Stimme seiner Mutter hören?
»Was ist denn los?«, fragte Madeline.
»Ach, gar nichts«, erwiderte er und erkannte, dass er buchstäblich versucht hatte, den Gedanken abzuschütteln. »Ich musste nur gerade an etwas Verrücktes denken.«
»Woran denn?«
Er drückte sie sanft. Sie fühlte sich so gut an. Ihr Haar in seinem Gesicht, ihr Parfum, die Wärme ihres Körpers – er atmete sie mit jeder Faser seines Wesens ein.
»Erinnerst du dich noch an unsere erste Begegnung?«, fragte er.
»Sicher. Beim Tanzen. Wir waren damals sieben. Ich habe dich aufgefordert.«
»Ich dachte, es wäre umgekehrt gewesen.«
»Dazu hattest du nicht den Mumm. Ich kann mich noch gut erinnern. Deshalb habe ich dich gefragt. Erst wolltest du nicht. Deine Mutter musste einschreiten und darauf bestehen.«
»Ja, sie fürchtete, ich könnte deine Gefühle verletzen. Dabei war ich bloß schüchtern. Ich war richtig verknallt in dich.«
»Wirklich?«
»Ja. Und ich glaube, das bin ich noch immer.« Als sie ihm ins Gesicht blickte, sah er seinen Moment gekommen. Langsam und zärtlich küsste er sie, wie er es in Filmen gesehen hatte und wie er es sich oft in der Schule während des Unterrichts erträumte. Kurz darauf löste sie sich von ihm.
»Tut mir leid«, sagte er hastig. »Stimmt etwas nicht? O Gott, mein Atem – ich muss nach Bier schmecken.«
»Nein«, erwiderte sie. »Mit deinem Atem ist alles in Ordnung. Schau mal rüber in die Ecke. Da ist dieser Fiesling Spider. Was macht der denn hier?«
»Sieht so aus, als wollten die Jungs Battle Ultimo spielen.«
Die Jungs bedeuteten ihm, zu ihnen zu kommen.
»Soll ich dir beibringen, wie man spielt?«
»Du kannst nicht mit diesem Finsterling spielen.«
»Ich bin sicher, er ist harmlos. Und außerdem, was kann er hier schon tun?«
39
»Hey, Justin, Kumpel!«, brüllte Sean, sprang auf und klopfte Justin überschwänglich auf den Rücken. »Setz dich, Mann, und bereite dich auf die Schlacht vor!« Er wandte sich an Spider und einen anderen Burschen aus der Schule namens Whiley. »Ich wusste, er würde
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