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Das Allheilmittel - Valoppi, J: Allheilmittel

Das Allheilmittel - Valoppi, J: Allheilmittel

Titel: Das Allheilmittel - Valoppi, J: Allheilmittel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Valoppi
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ankündigen wollte.
    Bis Justin sich vom Boden aufgerappelt hatte, war seine Großmutter bereits ans Telefon gegangen und wartete nun am Aufzug. Ihre Fortschritte erstaunten ihn.
    Er wusste sofort, bei wem es sich um den Besucher handelte. Dr. Viviee besaß eine starke, unbestreitbare Präsenz. Sein schwarzes, chinesisches Hemd sah frisch gebügelt wie ein sauber gepresster Anzug aus. Er wirkte zu jung und etwas zu schneidig, um jemand zu sein, der Krebs zu heilen vermochte – das völlige Gegenteil eines gebückten, alten Arztes mit einer Brille oder eines Wissenschaftler in weißem Laborkittel.
    Justin beobachtete, wie der Arzt seine Großmutter an der Wange berührte und den Arm um sie schlang, als sie auf dem Weg zu ihrem Zimmer waren.
    »Oh, Dr. Viviee«, sagte Claire. »Ich bin so froh, dass sie kommen.«
    Der Arzt lächelte nur.
    »Hi, ich bin Justin«, stellte sich der Junge vor und streckte Dr. Viviee die Hand entgegen. Als er jedoch auf den Arzt zuhumpelte, ließ ihn sein heiler Knöchel im Stich, und er verlor abermals das Gleichgewicht. Mit Müh und Not konnte er einen Sturz vermeiden und die Kontrolle wieder erlangen. Viviee beobachtete ihn schweigend. Justin durchfuhr das Gefühl eines Déja-vu.
    Nach einer scheinbaren Ewigkeit sagte der Mann: »Hallo, Justin. Ich bin Dr. Viviee und hier, um deine Großmutter zu untersuchen.«
    »Es ist wirklich erstaunlich!«, rief Justin aus. »Ich kann kaum glauben, was für Fortschritte sie macht. Sie sieht heute großartig aus. Kann sie wirklich schon so weit genesen sein? Schauen Sie sie an – sie ist auf und läuft herum, als wäre nie etwas geschehen. Seit sie wieder zu Hause ist, habe ich sie kein einziges Mal husten gehört.«
    »Lass uns noch nicht allzu euphorisch werden. Der Heilungsprozess läuft noch. Aber es scheint ihr in der Tat sehr gut zu gehen. Und du – lass mich mal einen Blick auf deinen Knöchel werfen. Du scheinst ihn dir verletzt zu haben.«
    »Ist nichts Schlimmes«, sagte Justin. »Ich habe ihn mir unlängst verstaucht, und gestern Abend bin ich gerannt, jetzt fühlt er sich wieder wund an.«
    »Setz dich«, forderte der Arzt ihn auf und führte ihn zu einem Stuhl. Er selbst nahm neben Justin Platz und untersuchte das Bein. »Tut das weh?«, fragte er und drückte auf das geschwollene Fleisch.
    »Nein ... au ... doch. Ja, tut es.«
    »Du hast eine schlimme Verstauchung, und ich fürchte, du musst den Knöchel eine Weile entlasten. Er wird bald wieder in Ordnung sein. Aber du musst den Fuß hochlagern, Eis darauf packen und im Bett bleiben – und kein Herumlaufen mehr, mindestens eine Woche lang, vielleicht zwei.«
    »Ich kann nicht zwei Wochen im Bett bleiben!«
    »Das passiert, wenn eine unausgeheilte Verletzung wieder akut wird.«
    »Ich kann nicht in der Schule fehlen! Mir steht eine mörderische Mathearbeit ins Haus.«
    »Die wirst du im Bett mit hochgelagertem Fuß machen müssen, und du brauchst Krücken, um dich in der Wohnung zu bewegen.«
    »Krücken sind noch im Schrank«, erwiderte Justin und senkte den Blick. »Vom letzten Mal, als ich mir das Bein verletzt habe.«
    »Ich rufe deine Mutter an«, meinte Dr. Viviee, während er eine Mullrolle aus seiner Tasche holte und Justins Knöchel verband.
    Natasha hüpfte an Claires Beinen hoch. Justins Großmutter ignorierte sie, aber der Hund zeigte sich beharrlich, bis sie das Tier mit dem Fuß von sich stieß.
    Nachdem Justin verarztet war, holte er seine alten Krücken hervor und folgte dem Doktor schweigend, als dieser Claire in ihr Zimmer begleitete.
    Justin hielt sich im Hintergrund und beobachtete, wie sich seine Großmutter hinlegte. Dr. Viviee zog sich einen Stuhl ans Bett, öffnete seinen Aktenkoffer und holte einen Laptop daraus hervor. Er meldete sich im System an, stellte den Computer aufs Bett und legte Claires rechte Hand auf das Mousepad. Dann gab er einen Code ein, und ein Echtzeitscan ihres Rückgrats, ihrer Organe, ihrer Nerven und Arterien erschien auf dem Bildschirm. Ein kleines, blinkendes Licht bewegte sich sehr langsam eine der Blutbahnen entlang. Als es über einen bestimmten Bereich wanderte, wechselte die Farbe von rot zu blau. Der große, blaue Abschnitt bedeckte vorwiegend ihre Lungen. Claire lag indes reglos da.
    Dr. Viviee stand über ihr und knöpfte behutsam ihr Nachthemd auf. Als er es von ihrer Brust löste, wandte sich Justin ab. Der Anblick der Brüste seiner Großmutter war ihm peinlich. Allerdings schaute er nicht lange weg und konnte beobachten,

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