Das Allheilmittel - Valoppi, J: Allheilmittel
eigenen Urteilsvermögen plötzlich nicht mehr traute. »Es ist trotzdem nicht gesagt, dass um vier jemand einschaltet. Vielleicht könnten wir stattdessen einfach etwas anderes bringen, und niemand würde es bemerkten.«
»Hey, du wolltest ein höheres Risiko eingehen. Was kann schon passieren?«
»Ich könnte die ganze nächste Woche mit der Schlagzeile ›Größter Trottel der Stadt‹ auf der Titelseite der Post landen.«
»Den Quatsch liest sowieso kein Mensch. Man würde sich höchstens daran erinnern, dein Gesicht gesehen zu haben. Du glaubst doch an dieses Heilverfahren, oder?«
»Ja.«
»Wenn du immer noch ein höheres Risiko eingehen willst, dann würde ich sagen, jetzt ist der richtige Zeitpunkt dafür. Du kommst damit schon zurecht, Helene. Ich habe schon miterlebt, wie du tote Sendezeit in packendes Fernsehen verwandelt hast. Das hier ist bereits packend, du brauchst ihm nur noch einen Anstrich von Ehrlichkeit zu verleihen. Und niemand kann das besser als du.« Er lächelte. »Vertrau mir, Helene. Niemand weiß das besser als ich.«
»Danke, Kyle.« Spontan beugte sie sich vor, um ihn zu umarmen. Er errötete. »Also gut, los geht’s«, sagte Helene und hörte, wie Dr. Viviee mit ihrer Mutter redete.
»Dieses Mal sieht es sehr gut aus«, sagte er gerade. »Wir haben den Kreis und zwei Spitzen. Letztlich wollen wir drei. Das bedeutet, die Heilung ist fast abgeschlossen. Der Krebs ist damit de facto verschwunden. Sie befinden sich in der letzten Phase der Integration des Nanochips in Ihren Körper. Das ist daran zu erkennen, weil sich das Mal nur noch sehr langsam verändert.«
»Wir müssen los, Leute«, nahm der Bühnenleiter das Heft in die Hand und scheuchte alle Beteiligten ins Hauptstudio.
79
»Guten Tag, verehrte Zuseher. Ich bin Helene Cummings. Wir haben heute für Sie ein wahrhaft erstaunliches Programm, das mich außerdem sehr persönlich betrifft.« Sie sprach mit äußerster Aufrichtigkeit und setzte nach fast jedem Wort ab, um die Wirkung zu betonen.
»Was würden Sie sagen, wenn ich Ihnen einen mysteriösen Arzt vorstellte, einen Amerikaner, der in Fernost lebt und arbeitet und nun behauptet, ein Heilmittel gegen Krebs entdeckt zu haben?«
Ein paar Leute im Publikum kicherten.
»Aber warten Sie. Er hat außerdem den Jungbrunnen gefunden.«
»Ja, sicher«, rief jemand aus dem Publikum.
»Das ist verständlich. Wir alle kennen die unglaublichsten Behauptungen von Scharlatanen und Quacksalbern. In diesem Fall jedoch verhält es sich anders.«
Stille senkte sich über die Menge.
»Was würden Sie sagen, wenn ich Ihnen erzählte, dass jemandem, bei dem Krebs im Endstadium diagnostiziert wurde, dem nur noch wenige Monate zu leben gegeben wurden, nach der Behandlung durch diesen mysteriösen Arzt innerhalb von Tagen – ich wiederhole, Tagen , nicht Monaten oder Jahren – tadellose Gesundheit bescheinigt wurde?
Klingt das zu schön, um wahr zu sein? Keine Sorge, ich hätte es auch nicht geglaubt, wenn ich es nicht selbst miterlebt hätte. Aber das habe ich. Sie müssen wissen, die Krebspatientin, von der ich sprach, ist meine Mutter, und ich habe sämtliche Testergebnisse, die beweisen, dass sie geheilt ist.«
Die Menge stieß ein kollektives Japsen aus.
»Lassen Sie mich mit der Geschichte beginnen, indem ich Ihnen ein kurzes Video von einem der bekanntesten Onkologen Manhattans zeige, der häufig zu Gast in dieser Sendung ist, Dr. Harvey Galipeau.«
Helene deutete auf einen großen Bildschirm, der von der Decke herabgesenkt wurde. Die Studioleuchten wurden gedämpft, und ein digitales Bild von Dr. Galipeau wurde auf dem Monitor eingespielt. Er studierte gerade die Ergebnisse einer Tomografie auf einem Computerbildschirm und ging Abschnitt für Abschnitt durch. »Hier sieht man, dass die Lunge dieser Patientin von Krebs zerfressen ist«, erklärte der Arzt und deutete auf Bereiche des dreidimensionalen Bildes. »Wenn wir uns hingegen diese Aufnahme ansehen, erkennt man, dass die Lunge vollkommen gesund ist.« Er zeigte auf ein anderes Bild.
Helenes Stimme erklang von außerhalb der Kameraeinstellung. »Was würden Sie sagen, wenn ich behauptete, dass die Aufnahmen von derselben Patientin stammen und die zweite kurze Zeit nach der ersten entstanden ist?«
Kurz schwieg der Arzt. »Nun, ich rede nicht gern von Wundern ...« Er lachte. »Deshalb müsste ich sagen, das ist schlichtweg nicht möglich.«
Der Monitor wurde schwarz, und die Studioleuchten wurden wieder
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