Das Allheilmittel - Valoppi, J: Allheilmittel
Verschwiegenheitspflicht im Fall von Teenagern wirklich ernst nahmen.
Und schließlich gab es noch Madeline. Er fragte sich, ob er mit ihr darüber reden könnte. Einerseits fühlte er sich bei ihr sicher, andererseits empfand er es als zu merkwürdig, um es ihr anzuvertrauen. In früheren Zeiten hätte er sich an seine Großmutter gewandt, aber auch sie verhielt sich in letzter Zeit merkwürdig. Er brauchte Trost, und das Beste, das ihm im Augenblick dafür einfiel, war eine gute Pizza. Er kramte in seinen Hosentaschen nach Geld, fand aber ein paar Dollar zu wenig darin. Also humpelte er in die Küche, um das Kleingeld in der Schale seiner Mutter zu plündern, stützte sich auf den Küchenhocker und drehte die Kugel am Kronleuchter – allerdings ging das mit der Ersatzkugel nicht so gut. Die Münzen, die Schlüssel und der sonstige Kram in der Schale klimperten, als er alles auf die weiße Marmorplatte leerte. Enttäuscht stellte er fest, dass sich nur eine Ein-Dollar-Note in dem Haufen befand; für gewöhnlich ließ seine Mutter immer eine Reserve von wenigstens einem Zwanziger da.
Er arbeitete sich durch das Kleingeld und holte den Vierteldollar daraus hervor, bis er auf eine geschwärzte Münze stieß. Neugierig hielt er sie ins Licht des Kronleuchters und hielt den Atem an. Sein Herz begann, heftig zu pochen, sein Atem ging hastig und flach. Es war der Gegenstand aus seinem Traum ... oder vielleicht war es doch kein Traum gewesen. Als er die kleine Scheibe zwischen den Fingern drehte, spürte er Konturen, doch die Oberfläche war derart beschlagen, dass er nicht erkennen konnte, worum es sich handelte.
Justin sprang regelrecht vom Küchenhocker und durchwühlte die Schränke nach einer Reinigungslösung; er fand über den Besen das Fach, in dem Erbie den Silberreiniger aufbewahrte. Rasch las er die Gebrauchsanweisung auf der Flasche, schüttete ein wenig der klaren Flüssigkeit in ein Glas und ließ die Münze hineinfallen. Wie der Aufkleber auf der Flasche versprach, begann sich der Beschlag sofort aufzulösen, und Justin erkannte den Umriss eines Gesichts. Er holte die Münze aus dem Glas, spülte sie mit Wasser ab und wischte sie mit einem Geschirrtuch trocken. Das Gesicht war ein Profil auf einer Seite der Münze, auf der anderen befanden sich einige Buchstaben und eine menschliche Gestalt mit erhobenem Arm. Justin wickelte die Münze in eine Papierserviette und humpelte los, um seinen Stock und eine Jacke zu holen.
78
»Das Foto sieht wie eines dieser Altersprogressionsbilder aus«, meinte Kyle, als er Teng Hao Lis Reisepass betrachtete. »Wir haben mal eine Sendung darüber gebracht. Das hier sieht genauso aus wie er, nur mit Falten und schlaffer Haut. Das ist wirklich erstaunlich.«
Ein Ermittler außer Dienst drückte Tengs Finger der rechten Hand gegen das Glas einer mobilen Fingerabdruckstation. Helene starrte dabei auf ein kleines Mal auf Tengs Handrücken. Es sah aus wie eine Tätowierung, ein kleiner Kreis, aus dem drei gekrümmte Spitzen ragten.
»Und ob das erstaunlich ist«, pflichtete sie ihm bei. »Nur sind wir keine Experten für gefälschte Pässe. Woher wissen wir, dass er echt ist?«
»Ich bezweifle, dass es ein gefälschtes Dokument ist«, meinte der Ermittler. »Es sieht nicht manipuliert aus, alles daran ist in Ordnung. Und die Fingerabdrücke stimmen überein.«
»Was können wir sonst noch tun?«, fragte Helene.
»Um zu gewährleisten, dass dieser Mann derselbe wie auf dem Passbild ist? Eigentlich nichts, es sei denn, sie veranlassen eine DNS-Untersuchung. Allerdings haben Sie nichts, womit Sie eine Probe vergleichen könnten, und selbst wenn Sie etwas hätten, ließe sich das nicht mehr vor der Sendung bewerkstelligen.«
»Jetzt verstehen Sie vermutlich die Notwendigkeit der Maskerade«, meldete sich Dr. Viviee zu Wort. »Ein gefälschter Pass wäre einfacher gewesen, aber ich will bei allem, was ich tue, ein Höchstmaß an Integrität wahren. Das Foto ist knapp zehn Jahre alt. Um Teng ins Land zu schaffen, mussten wir ihn kosmetisch altern lassen, damit er so aussah wie vor zehn Jahren, sonst hätte niemand geglaubt, dass er es ist. Ich habe keine andere Möglichkeit, um zu beweisen, was wir getan haben – nur mein Wort und das seine.«
»Was denkst du?«, wollte Helene von Kyle wissen.
»Ich denke, wir müssen damit auf Sendung gehen. Wir haben den ganzen Tag Werbung dafür gemacht. Jetzt können wir nicht mehr zurück.«
»Wirklich?«, gab Helene zurück, die ihrem
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