Das Allheilmittel - Valoppi, J: Allheilmittel
einige Krebsarten und verschiedene andere Krankheiten bereits Heilmittel gibt, die in den Regalen der Pharmakonzerne verstauben und nie an die Öffentlichkeit gelangen werden? Das ist wahr. Sie gelten als unvermarktbar, weil sich damit nicht genug Geld verdienen lässt, um ihre Freigabe zu rechtfertigen. Also schließt man sie einfach weg und lässt unschuldige Menschen sterben. Man bezeichnet das als so genannte ›Orphan Drugs‹. Aber so offensichtlich ist es natürlich nicht. Das liegt an der heimtückischen Natur von Großkonzernen. So etwas wird sehr subtil gehandhabt. In vielen Fällen erfahren die Forscher nie vom vollen Wert ihrer Entdeckungen.«
»Wie ist das möglich?«
»Ist Ihnen bewusst, wer die gesamte Forschung auf dem Gesundheitssektor finanziert? Die Gesundheitsversorgungsindustrie. Kann sie mit etwas kein Geld verdienen, finanziert sie es nicht. Das Musterbeispiel eines Interessenkonflikts.«
Dr. Viviee hatte das Publikum vollends in seinem Bann. Manche wirkten skeptisch, aber es gab niemanden, der ihm nicht uneingeschränkt Aufmerksamkeit schenkte. Es war, als hätte er einen unsichtbaren Zauberstab über den Raum geschwungen und jeden in den Bann seiner tiefen Stimme geschlagen.
Ein Mann im Publikum stand auf. Sogleich eilte ein Studiogehilfe zu ihm und hielt ihm ein Mikrofon unter das Kinn. »Ich arbeite für einen bedeutenden Pharmakonzern«, erklärte der Mann, »und ich glaube keine Sekunde, dass die Forschung vorsätzlich manipuliert wird, damit die Menschen weiter krank bleiben. Das ist absurd. Allerdings ist einiges, was Sie über Forschung im Allgemeinen sagen, nicht von der Hand zu weisen. Was die Menschen vergessen, ist, dass all die Medikamente, die wir herstellen, eine Menge an Forschung und Entwicklung verschlingen – Millionen von Dollars. Wie kann man von uns erwarten, an Dingen zu forschen, mit denen wir nichts verdienen können? Sollen wir hunderte Millionen Dollar einfach zum Fenster rauswerfen, wenn wir die Investition nie hereinspielen können? Wir sind schließlich kein Wohlfahrtsbetrieb, sondern ein Unternehmen, das den Aktionären gegenüber verpflichtet ist, Gewinne zu erzielen.«
»Das ist der springende Punkt. Sie sind Ihren Aktionären gegenüber verpflichtet«, stimmte Dr. Viviee ihm zu. »Und zusätzlich zu den Mitteln, die Ihr Unternehmen und ähnliche in Forschung und Entwicklung neuer Medikamente investieren, fließen noch weitere Gelder in die Vermarktung der Produkte, die daraus entstehen. Das ist den Menschen bekannt. Was wenige Menschen wissen, ist, dass die Aufsichtsorgane von denselben Unternehmen finanziert werden, die sie beaufsichtigen sollen. Laut Gesetz darf die FDA, die Behörde für Lebens- und Arzneimittelsicherheit, keine Personen einstellen, die Interessenkonflikte aufweisen, und dennoch greift man ständig auf Mitarbeiter von Pharmakonzernen zurück und beugt die Regeln. Niemand weiß, wie oft, weil es geheim ist. Ich stehe mit einer revolutionären medizinischen Entwicklung vor Ihnen, die droht, die gesamte Gesundheitsversorgungsindustrie, wie wir sie kennen, zu verkrüppeln. Glauben Sie nicht, ich habe Angst davor, dass man mich zu ruinieren – oder noch Schlimmeres – versuchen wird? Die habe ich sehr wohl. Aber ich bin eher bereit, mich zu opfern, als noch länger zuzulassen, dass sich das derzeitige System fortsetzt.«
»Was genau glauben Sie, dass mit Ihnen geschehen wird?«, fragte Helene.
»Ich habe keine Ahnung. Meinem Vater wurden von einem Pharmakonzern zig Millionen Dollar angeboten, um die Forschung an seinen lebensrettenden Vorrichtungen einzustellen. Deshalb ist er nach China ausgewandert, und deshalb habe ich seine Arbeit dort weitergeführt.«
»Haben Sie Beweise, die untermauern, was Sie sagen? Wir möchten sie gerne sehen.«
»Zu gegebener Zeit werde ich Ihnen sämtliche Beweise vorlegen. Vorerst ist es an der Zeit, diese lebensspendende Entdeckung der Welt zu offenbaren.«
Ein Mitglied der Bühnenmannschaft hielt ein großes Schild neben Kamera eins hoch. Helene verstand die Botschaft.
»Wir machen an dieser Stelle eine kurze Werbepause«, sagte sie direkt in die Kamera. »Es gibt noch viel zu besprechen, außerdem werde ich Ihnen gleich eine weitere unglaubliche Person vorstellen. Schalten Sie also nicht ab, denn das wollen Sie mit Sicherheit nicht verpassen!«
Als die Aufnahmelampe erlosch, wandte sie sich Viviee zu. »Gute Arbeit! Hervorragend!«
Er lächelte, schritt auf und ab und wog die Reaktionen des
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