Das Allheilmittel - Valoppi, J: Allheilmittel
Vor zehn Jahren litt ich an Lungenkrebs, und jeder hatte die Hoffnung aufgegeben – außer Dr. Viviee. Er hat mich geheilt.«
»Aber, Mr. Teng, Sie behaupten außerdem, er habe mehr als das getan.«
»Das stimmt. Wie es scheint, wurde ich durch den Nanochip außerdem deutlich verjüngt.«
»Wie das?«
»Ich sehe heute jünger aus und fühle mich kräftiger als seit Jahrzehnten.«
»Sie arbeiten schon lange für Dr. Viviee. Was tun Sie für ihn? Worin besteht Ihre Aufgabe?«
»Angefangen habe ich als sein Kindermädchen.«
Helene schwieg, um die Worte bei den Zusehern einsickern zu lassen. Das Publikum schien verwirrt.
»Bei uns kümmern sich Kindermädchen um Kleinkinder.«
»In meinem Land auch. Ich kümmere mich bereits um Dr. Viviee, seit er geboren wurde.«
»Aber Sie sehen aus, als wären Sie nur wenig älter als er.«
»Danke«, erwiderte Teng. Er beugte sich von der Hüfte aufwärts vor und neigte den Kopf. »Das ist sehr freundlich.«
»Wie alt sind Sie?«
»Fünfundneunzig.«
Völlige Stille senkte sich über das Publikum.
»Für fünfundneunzig sehen Sie zweifellos sehr gut aus.« Helene lachte. Das Publikum tat es ihr gleich.
»Dr. Viviee, können Sie uns das erklären?«
Er nickte. »Das ist lediglich das Ergebnis reaktivierter Zellen – Zellen, deren Funktion sich mit dem Alter verlangsamen oder sogar zum Erliegen gekommen ist. Es dauert eine Weile, aber wir konnten feststellen, dass viele Patienten tatsächlich jünger werden. Wobei ich betonen möchte, dass dies nur eine Nebenwirkung ist. Der eigentliche Zweck des Nanochips besteht darin, Leben zu retten.«
»Wie oft haben Sie diese Technologie bereits erprobt?«
»Zehn Personen mit Krebs im Endstadium haben den Nanochip erhalten.«
»Und wie hoch ist Ihre bisherige Heilungsrate?«
»Einhundert Prozent.«
»Einhundert Prozent?«
»Ja.«
Helene war verwirrt. Hatte Viviee ihr nicht von jemandem erzählt, dessen Körper sich gegen den Chip gewährt hatte und der infolgedessen verstorben war? Hatte sie ihn falsch verstanden? Sie glaubte es zwar nicht, doch sie wollte ihn nicht kompromitieren. Das Publikum liebte ihn, und sie konnte es sich nicht leisten, das ins Wanken zu bringen.
»Können Sie mir auch etwas über das Mal erzählen, das Mr. Teng auf der Hand hat?«
»Das ist ein trockener Ausschlag, eine Reaktion des Immunsystems auf die Assimilierung des Chips durch den Körper – im Wesentlichen eine allergische Reaktion. Technisch gesehen, kann sie überall auftreten, in der Regel jedoch zeigt sie sich an der Hand.«
»Aber das ist etwas, wonach Sie sogar suchen, oder? Sie wollen, das dieses Mal auftritt, richtig?«
»Ja. Es zeigt, dass die Technologie wirkt.«
»Bleibt es dauerhaft?«
»Ja. Es verändert sich, während der Körper den Nanochip aufnimmt, aber sobald der Prozess abgeschlossen ist, sieht es letztlich bei jedem sehr ähnlich wie bei Mr. Teng aus. Tatsächlich gibt es natürlich geringe Unterschiede von Patient zu Patient; keine zwei Personen werden das exakt selbe Mal aufweisen, ähnlich einem Fingerabdruck.«
»Wenn also jemand krank ist und sich an Sie wendet, um diesen Nanochip zu bekommen, was müsste derjenige tun?«
»Es ist eine einfache Injektion eines nicht ganz so einfachen Chips. Das Einzige, wozu der Patient aufgefordert wird, ist, nicht gegen die Technologie anzukämpfen. Im Osten sind wir mit der Verbindung von Körper und Geist bei Heilvorgängen sehr vertraut. Die Schulmedizin hinkt auf diesem Gebiet seit Jahren bedauernswert hinterher.«
»Und wenn der Patient dagegen ankämpft?«
»Dann ist die Wirkung gleich null, und er wird an der jeweiligen Krankheit sterben.«
»Wird der Nanochip je entfernt?«
»Nein. Er nistet sich letztlich im Gehirn ein und wird zum Kontrollzentrum, wenn Sie so wollen. Als solches sorgt er dafür, dass der Krebs nicht erneut auftritt – oder eine andere Krankheit, was das betrifft.«
Ein Mann im Publikum stand auf. »Ich höre mir das alles zwar an, aber ehrlich, das ist doch völlig verrückt.«
»Dasselbe dachte man früher über Elektrizität«, entgegnete der Arzt. »Oder über eine Landung auf dem Mond.«
Helene erhob sich und begab sich zum Publikum. Neben ihr murmelte eine ältere Frau etwas. »Was haben Sie gesagt?«, fragte Helene nach und hielt der Frau ihr Mikrofon unter das Kinn.
»Ich kann einfach nicht glauben, dass dieser Mann so alt sein soll. Ich meine, das ist erstaunlich, ja ein Wunder, wenn es wahr ist.«
Helene drehte sich zur
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