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Das Alphabethaus - Adler-Olsen, J: Alphabethaus

Das Alphabethaus - Adler-Olsen, J: Alphabethaus

Titel: Das Alphabethaus - Adler-Olsen, J: Alphabethaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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erschreckend. Ohne jeden Zweifel war Gerhart bereit, seine Drohung wahr zu machen. Petra war wie gelähmt. Als Gerhart sie von der Weinpresse losgebunden hatte, hatte er ihr versichert, dass sie von Stich und Kröner nichts mehr zu befürchten hatten. Die Erleichterung war grenzenlos gewesen.
    Das Gefühl war nun verpufft.
    Man konnte sehen, wie Lankaus Blick immer mehr verschwamm. Zum ersten Mal sah Petra ihm an den Augen sein Alter an. Die Hornhaut war glanzlos, das Weiße gelblich. Gerhart biss von dem Apfelrest ab, spuckte sich den Bissen auf die Hand und riss Lankaus Kopf in den Nacken. Ungläubig starrte dieser das Apfelstück an. Gerhart zerrte abermals an Lankaus Kopf, worauf dieser wild mit den Armen zu fuchteln begann. Als Gerhart mit großer Entschlossenheit das Apfelstück auf seinen Mund zuführte, holte Lankau tief und keuchend Luft und riss den Kopf zur Seite. Er wollte etwas sagen und hob einen Arm eine Handbreit an. In seinem Blick spiegelte sich Verzweiflung.
    Noch bevor Gerhart seine Lippen auseinanderzwang, zuckte Lankau ein letztes Mal. Mit weit aufgerissenen Augen kippte sein Kopf vornüber, bis das Kinn auf der Brust ruhte.
    Ratlos sah Gerhart ihn an.
    Lankau war tot. Gestorben, bevor Gerhart Rache an ihm hatte nehmen können.
    Petra konnte nicht glauben, was sie da gerade gesehen hatte. Zweifel, Ohnmacht, Erleichterung und Trauer erfüllten sie.
    Als Gerhart begriff, was passiert war, drehte er sich zu dem anderen Mann um, der immer noch versuchte, die vielen Sinneseindrücke zu sortieren. Ohne Vorwarnung stürzte Gerhart sich auf ihn, brüllte wie ein verwundetes Tier und prügelte auf ihn ein.
    Durch den Wodka-Rausch konnte von der Leyen nicht einschätzen, woher die Schläge kamen. Um sich zu verteidigen, war er viel zu erschöpft. Laureen schüttelte wie von Sinnen den Kopf.
    »Hör auf damit, Gerhart!«, schrie Petra hinter ihm. Doch erst als sie ihn am Unteram packte, schien er zu verstehen, was sie von ihm wollte. Gebeugt trat er zurück und atmete schwer, die eine Hand noch immer um die Pistole gekrallt, die andere zur Faust geballt. Es war ihm unmöglich, sich zu beruhigen.
    Petra redete weiter auf ihn ein, doch Gerhart packte von der Leyen im Nacken und schleifte ihn hinaus auf die beleuchtete Terrasse.
    Petra drehte sich sofort zu Laureen um, die kurz davor war, in Ohnmacht zu fallen. Dann machte Petra auf dem Absatz kehrt und marschierte in die Küche. Das Messer, für das sie sich entschied, diente sonst zum Häuten von Hasen. Laureens Fesseln fielen schlaff von ihren Fuß- und Handgelenken.
    »Ich glaube, er ist vollkommen wahnsinnig«, flüsterte sie Laureen zu und hatte Mühe, dabei nicht zu weinen. »Du musst mir helfen!«
    Laureen versuchte aufzustehen. Ihre Glieder waren völlig taub. Petra kniete sich vor sie und knetete ihre Beine. »Komm schon, Laureen!«
     
    Auch die Schmerzen bei seiner unsanften Landung am Beckenrand nahm Bryan durch den Wodkarausch nur gedämpft wahr. James zerrte ihn immer wieder am Nacken, bis er auf die Knie gekommen war. Bryan lächelte und wackelte mit dem Kopf. Die Wirkung des Alkohols erfasste ihn jetzt in machtvollen Wellen. Er spürte nicht einmal die Pistolenmündung in seinem Nacken. Er hatte einen üblen Geschmack im trockenen Mund. Bryan hustete kurz und legte den Kopf in den Nacken. Er atmete tief die feuchte Nachtluft ein. Die leichte Brise tat gut. Er drehte den Kopf zur Seite, dorthin, von wo er jemanden schimpfen hörte. Bryan verstand kein Wort. Die Umrisse seines Freundes waren verschwommen.
    »Bist du das, James?«, fragte er. »Bind mich doch mal los«, nuschelte er und wedelte mit seinem linken Arm. Er lächelte.
    »Ja, ich bin es!«, erklang es leise und dumpf über ihm. Auf Englisch.
    »James«, flüsterte er und versuchte, scharf zu sehen. Seine Stimme hatte nie inniger geklungen. Er neigte sich zur Seite und lehnte sich mit der Wange an das Bein seines Freundes. »Großer Gott«, flüsterte er.
    »Ihr bleibt da drüben!«, lautete das scharfe Kommando über ihm. Aus einiger Entfernung rief Laureen Bryans Namen. Er versuchte, sich in ihre Richtung umzudrehen, und atmete bewusst tief durch. Die beiden verschwommenen Gestalten neben dem Haus standen still. »Wenn ihr auch nur einen Schritt näher kommt, werfe ich ihn ins Wasser. Ihr rührt euch keinen Zentimeter, verstanden?«, herrschte die Stimme über ihm sie weiter an.
    James machte einen Schritt zur Seite, sodass Bryan beinahe umfiel. Ganz langsam gewann das, was James so

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