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Das also ist mein Leben - Chbosky, S: Das also ist mein Leben - The Perks of Being a Wallflower

Das also ist mein Leben - Chbosky, S: Das also ist mein Leben - The Perks of Being a Wallflower

Titel: Das also ist mein Leben - Chbosky, S: Das also ist mein Leben - The Perks of Being a Wallflower Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Chbosky
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als Wahrheit nahm. Ich. Ich wollte Mary Elizabeth einfach nicht wegen einem Spiel die Wahrheit sagen müssen.
    Den größten Teil des Abends klappte es ganz gut. Die Aufgaben waren meistens Dinge wie »Ein Bier auf ex« und so. Doch dann gab mir Patrick eine Aufgabe, und ich glaube wirklich, er wusste nicht, was er da tat.
    »Küss das schönste Mädchen im Raum auf den Mund!«
    In diesem Moment beschloss ich, ehrlich zu sein.
    Und es hätte keinen schlechteren Zeitpunkt geben können.
    Das Schweigen breitete sich aus, als ich aufstand. Immerhin saß Mary Elizabeth gleich neben mir. Und als ich dann vor Sam in die Knie ging und sie küsste, war das Schweigen unerträglich.
    Es war kein romantischer Kuss. Er war freundschaftlich, so wie damals, als wir Janet und Rocky spielten. Aber das war völlig egal.

    Ich könnte sagen, dass es der Wein und das Bier waren. Ich könnte auch sagen, dass ich vergessen hatte, wie Mary Elizabeth mich damals gefragt hatte, ob ich sie hübsch fand. Aber das wäre gelogen. Die Wahrheit ist: Als Patrick mir die Aufgabe gab, wusste ich, dass ich sie alle belügen würde, wenn ich Mary Elizabeth küsse. Auch Sam. Auch Patrick. Auch Mary Elizabeth. Und das konnte ich einfach nicht mehr. Selbst wenn es nur ein Spiel war.
    Es war Patrick, der als Erster wieder etwas sagte. Und er gab sein Bestes, den Abend zu retten. Er sagte:
    »Na, unser Charlie ist ja wirklich ein Witzbold!«
    Aber es half nichts. Überhaupt nichts. Mary Elizabeth sprang auf und lief ins Bad, und Patrick sagte später, sie erträgt es nicht, wenn man sie weinen sieht. Sam lief ihr nach, aber vorher drehte sie sich noch einmal zu mir um und sagte:
    »Scheiße, Charlie, was stimmt eigentlich nicht mit dir?«
    Es war der finstere Ausdruck auf ihrem Gesicht, als sie das sagte. Und ihre eisige Stimme. Es ließ mich ganz plötzlich die Dinge so sehen, wie sie wirklich waren. Und ich fühlte mich schrecklich. Einfach nur schrecklich. Patrick griff meinen Arm und zog mich aus Craigs Wohnung. Wir gingen runter auf die Straße, und alles, was ich fühlte, war die Kälte, und ich sagte, ich sollte wohl besser wieder rein und mich entschuldigen.
    »Vergiss es. Bleib einfach hier. Ich hole unsere Jacken.«
    Er ging rein, und als ich allein war, musste ich weinen. Es war echtes Weinen, und trotzdem war es aus Panik, und ich konnte gar nicht mehr aufhören, und als Patrick wiederkam, sagte ich schluchzend:

    »Ich sollte mich wirklich entschuldigen.«
    Er schüttelte den Kopf. »Glaub mir, da willst du jetzt nicht rein.«
    Dann ließ er die Autoschlüssel vor meinem Gesicht tanzen und sagte: »Komm, ich fahr dich nach Hause.«
    Im Auto erzählte ich ihm dann alles. Von Billy Holiday. Und von E. E. Cummings. Und von »Wer die Nachtigall stört«. Und dass Mary Elizabeth mich nie irgendetwas fragte. Und Patrick sagte nur: »Ein Jammer, dass du nicht schwul bist.«
    Da weinte ich ein bisschen weniger.
    »Andererseits würde ich bestimmt nicht mit dir ausgehen, wenn du schwul wärst. Du bist ’ne echte Katastrophe.«
    Da musste ich dann ein bisschen lachen.
    »Und ich dachte, Brad wäre nicht ganz richtig im Kopf. Mein Gott!«
    Da musste ich noch etwas mehr lachen. Und Patrick machte das Radio an und fuhr mich durch die Tunnel nach Hause. Als ich ausstieg, sagte er, es wäre das Beste, wenn ich mich für eine Weile nicht blicken ließe. Ich glaube, das habe ich schon erzählt. Und er sagte, er würde mich mal anrufen.
    »Danke, Patrick.«
    »Schon gut.«
    »Weißt du was, Patrick? Wenn ich schwul wäre, würde ich mit dir ausgehen.«
    Ich weiß nicht, wieso ich das sagte, aber es schien mir richtig zu sein.
    Patrick grinste nur und sagte: »Klar würdest du das.« Dann gab er Gas und fuhr davon.

    Als ich heute Abend ins Bett ging, habe ich die Billie-Holiday-Platte aufgelegt und die Gedichte von E. E. Cummings gelesen. Und nach dem Gedicht, das die Hände dieser Frau mit Blumen und Regen verglich, habe ich das Buch weggelegt und bin ans Fenster gegangen. Dort habe ich einfach nur mein Spiegelbild und die Bäume dahinter angestarrt. Ohne an irgendetwas zu denken. Ohne irgendetwas zu fühlen. Stundenlang.
    Irgendetwas stimmt wirklich nicht mit mir. Und ich habe keine Ahnung, was.
     
    Alles Liebe,
Charlie
    26. April 1992
    Lieber Freund,
    niemand hat mich seither angerufen. Ich bin ihnen nicht böse deshalb. Ich habe die Ferien damit verbracht, »Hamlet« zu lesen, und Bill hatte Recht: Sobald ich mir den jungen Prinzen wie die Figuren aus den

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