Das also ist mein Leben - Chbosky, S: Das also ist mein Leben - The Perks of Being a Wallflower
Geld für nichts anderes aus. Ich steckte es einfach ein.
Auf dem Heimweg jedoch bekam ich deswegen ein furchtbar schlechtes Gewissen und fing an zu weinen, und als ich zu Hause ankam, weinte ich so sehr, dass meine Schwester den Fernseher ausmachte und fragte, was los sei. Ich erzählte es ihr, und da fackelte meine Schwester nicht lange, sondern fuhr mit mir zurück zu dem Buchladen. Und als ich das Buch wieder gekauft hatte, ging es mir ein wenig besser.
Abends am Telefon fragte mich Mary Elizabeth, wo ich den ganzen Tag gesteckt hätte, und ich sagte, ich sei mit meiner Schwester in dem Buchladen gewesen. Und als sie
mich fragte, ob ich ihr etwas Schönes gekauft hätte, sagte ich Ja. Ich kam gar nicht auf die Idee, dass sie es ernst meinte, ich sagte einfach Ja, denn ich schämte mich so für das alles. Dann hörte ich ihr eine Stunde lang zu, wie sie über das Buch redete. Dann sagten wir Gute Nacht, und ich ging runter und fragte meine Schwester, ob sie mich nochmal zu dem Buchladen fahren würde, damit ich Mary Elizabeth etwas Schönes kaufen konnte. Meine Schwester sagte, ich solle doch gefälligst selbst fahren – und überhaupt solle ich mal besser damit anfangen, ehrlich über meine Gefühle zu reden. Vielleicht hätte ich das tun sollen, aber es schien nicht der richtige Zeitpunkt zu sein.
Am nächsten Tag in der Schule schenkte ich Mary Elizabeth »Wer die Nachtigall stört«. Ich war tatsächlich noch einmal zum Buchladen gefahren und hatte ihr »etwas Schönes« gekauft.
Das Erste, was Mary Elizabeth dazu sagte, war:
»Das ist ja originell.«
Gerade eben habe ich mir wieder gesagt, dass sie es nicht böse gemeint hat. Sie hat mich nicht veralbert. Sie hat keinen Vergleich gezogen. Oder Kritik geübt. Wirklich nicht, das kannst Du mir glauben. Also erklärte ich ihr, dass Bill mir außerhalb der Schule immer besondere Bücher zu lesen gab und dass »Wer die Nachtigall stört« das erste dieser Bücher gewesen war. Und dass es mir sehr viel bedeutete. Da sagte sie:
»Danke. Das ist wirklich lieb von dir.«
Und dann sagte sie, dass sie es schon vor drei Jahren gelesen hatte und es »überbewertet« fand und dass sie diesen Schwarz-weiß-Film mit Gregory Peck und Robert Duvall
daraus gemacht hatten, der einen Oscar für das beste Drehbuch gewonnen hatte, und irgendwie löste sich etwas in mir, als sie das sagte, und ich glaube, was sich löste, waren meine Gefühle.
Nach der Schule machte ich einen langen Spaziergang und kam erst um ein Uhr nachts nach Hause. Als ich meinem Vater erklärte, warum, sagte er nur, ich solle mich »wie ein Mann verhalten«.
Am nächsten Tag in der Schule fragte mich Mary Elizabeth, wo ich gesteckt hätte, und ich sagte, ich hätte mir eine Schachtel Zigaretten gekauft, sei ins Big Boy gegangen und hätte den ganzen Tag damit verbracht, das Buch von E. E. Cummings zu lesen und Sandwiches zu essen. Ich wusste, ich würde damit kein Risiko eingehen, weil sie mir garantiert keine Fragen zu dem Buch stellen würde, und genau so war es auch. Und nachdem sie fertig mit Reden war, wusste ich, dass ich es selbst nie würde lesen müssen – selbst wenn ich gewollt hätte.
Ich hätte da wohl ehrlich zu ihr sein sollen, aber ich begann, so wütend zu werden wie damals, als ich mit dem Sport aufhören musste, und das machte mir ziemlich Angst.
Zum Glück begannen kurz darauf die Osterferien – das sorgte für die bitter notwendige Ablenkung. Bill gab mir für die Ferien »Hamlet«. Er meinte, ich würde die Ruhe brauchen, um mich wirklich auf das Stück zu konzentrieren. Der einzige Rat, den er mir sonst gab, war, an die Hauptfigur die gleichen Maßstäbe anzulegen wie an die Hauptfiguren der anderen Romane, die ich gelesen hatte – ich solle nur nicht den Fehler machen, zu denken, das Stück wäre »zu abgehoben«.
Gestern an Karfreitag dann war eine besondere Aufführung der Rocky Horror Picture Show . Das Besondere war, dass sich alle auf die Ferien freuten und etliche noch ihre Kleidung vom Gottesdienst anhatten. Es erinnerte mich an Aschermittwoch – da kommen manche Schüler mit Asche auf der Stirn zur Schule, und irgendwie finde ich das immer aufregend.
Nach der Show lud Craig uns alle noch zu sich ein, um Wein zu trinken und das »Weiße Album« zu hören. Und als wir die Platte gehört hatten, schlug Patrick vor, »Wahrheit oder Pflicht« zu spielen. Er spielte das immer gerne, wenn er etwas betrunken war.
Rate mal, wer den ganzen Abend über lieber Pflicht
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