Das also ist mein Leben - Chbosky, S: Das also ist mein Leben - The Perks of Being a Wallflower
alles geklärt hatte. Das Problem war nur, dass ich an gar nichts anderes mehr denken konnte.
Also bin ich am Freitag in die Rocky Horror Picture Show gegangen. Ich bin erst rein, als der Film schon lief. Ich wollte niemandem den Abend verderben, ich wollte einfach nur sehen, wie Patrick Frank N. Furter spielt, denn ich wusste, wenn er das noch tat, dann würde wieder alles gut werden. So wie bei meiner Schwester – als sie wütend wurde, weil ich rauchte.
Ich saß in der letzten Reihe. Es waren noch ein paar Szenen, bis Frank N. Furter auftrat. Da sah ich Sam, wie sie Janet spielte. Und ich vermisste sie so sehr. Und es tat mir so leid, dass ich alles kaputtgemacht hatte. Besonders, als ich dann Mary Elizabeth sah, die Magenta spielte. Es war wirklich schlimm, ihnen zuzusehen. Doch dann kam Patrick als Frank N. Furter auf die Bühne, und er war toll.
Ja, eigentlich war er noch besser als sonst. Und plötzlich fühlte es sich wunderschön an, all meine Freunde zu sehen. Ich ging allerdings, bevor der Film vorbei war.
Auf der Fahrt nach Hause hörte ich mir einige der Lieder von jenem Abend an, als wir grenzenlos gewesen waren. Und ich tat, als säßen meine Freunde bei mir im Auto. Ich unterhielt mich sogar laut mit ihnen. Ich sagte Patrick, wie toll ich ihn fand. Ich fragte Sam nach Craig. Ich sagte Mary Elizabeth, dass es mir leidtat und wie gut mir das Buch von E. E. Cummings gefallen hatte und dass ich sie gerne ein paar Sachen dazu fragen würde. Und dann hörte ich wieder auf damit, weil es mich zu traurig machte. Und weil, wenn mich irgendwelche Leute allein im Auto Selbstgespräche führen sahen, mich ihre Gesichter womöglich davon überzeugen würden, dass das, was mit mir nicht stimmte, noch schlimmer war, als ich ohnehin dachte.
Zu Hause sahen sich meine Schwester und ihr neuer Freund gerade einen Film an. Allzu viel fällt mir zu ihm nicht ein, außer dass er Erik heißt, kurzes Haar hat und in die Elfte geht. Erik hatte den Film ausgeliehen. Nachdem wir uns die Hand geschüttelt hatten, fragte ich, was sie sich da ansahen, denn ich kannte den Film nicht, nur einen der Schauspieler, der hatte einmal in einer Fernsehserie mitgespielt, aber ich kam nicht mehr drauf, wie er hieß.
Meine Schwester sagte: »Der Film ist ziemlich blöd. Würde dir nicht gefallen.«
Ich sagte: »Worum geht’s denn?«
Sie sagte: »Er ist schon fast vorbei.«
Ich sagte: »Kann ich nicht das Ende mit euch sehen?«
Sie sagte: »Du kannst sogar den ganzen Film sehen, wenn wir fertig sind.«
Ich sagte: »Aber ich kann doch das Ende mit euch sehen, dann zurückspulen und bis dahin sehen, ab wo ich ihn mit euch gesehen habe.«
Sie drückte auf Pause und sagte: »Charlie, weißt du eigentlich, was ein Wink mit dem Zaunpfahl ist?«
»Was?«
»Wir würden gerne allein sein.«
»Oh. Tut mir leid.«
Natürlich wusste ich, dass sie mit Erik allein sein wollte – ich wollte einfach nicht allein sein. Schließlich sah ich aber ein, dass es unfair war, ihr den Abend zu verderben, nur weil ich alle so vermisste, also sagte ich Gute Nacht.
Ich bin auf mein Zimmer und habe Bills neues Buch angefangen. Es heißt »Der Fremde«. Bill sagte, es zu lesen, sei leicht, aber es »richtig« zu lesen, sei schwer. Ich habe keine Ahnung, was er damit meint – bisher jedenfalls gefällt es mir.
Alles Liebe,
Charlie
8. Mai 1992
Lieber Freund,
es ist schon komisch, wie schnell die Dinge wieder wie vorher sein können. Etwas passiert – und auf einmal ist alles wieder normal.
Am Montag kam Brad zurück in die Schule.
Er wirkte völlig verändert. Nicht, dass er blaue Flecken oder so gehabt hätte, sein Gesicht sah eigentlich wie immer aus. Aber vorher war Brad immer mit federndem Schritt gelaufen – besser kann ich es einfach nicht beschreiben. Manche Leute laufen ständig mit gesenktem Blick herum und sehen anderen nicht in die Augen. Brad war nie so gewesen. Jetzt aber schon. Vor allem Patrick gegenüber.
Ich sah, wie sie sich leise auf dem Gang unterhielten. Ich war zu weit weg, um sie zu verstehen, aber es war klar, dass Brad Patrick ignorierte. Und als Patrick sich darüber aufzuregen begann, schloss Brad einfach seinen Spind und ließ Patrick stehen. Eigentlich war das ja nicht einmal so ungewöhnlich – Patrick und Brad sprachen in der Schule nie miteinander, weil Brad ja alles geheim halten wollte. Das Komische war also, dass Patrick Brad überhaupt ansprach. Offenbar brauchten sie jetzt keine Golfplätze mehr.
Am
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